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KTG Agrar kann Anleihezinsen nicht pünktlich zahlen

KTG Agrar wird die Zinsen für seine Anleihe nicht pünktlich zahlen. Anleihe- und Aktienkurs brechen ein.
KTG Agrar

Der Markt für Mittelstandsanleihen hat seine nächste Hiobsbotschaft: mit KTG Agrar hat heute früh einer der größten Emittenten angekündigt, die Zinsen für seine größte, im Jahr 2017 fällig werdende Anleihe nicht pünktlich zahlen zu können. Das Papier hatte ursprünglich ein Volumen von 200 Millionen Euro, wurde von KTG Agrar im vergangenen Jahr aber laut Geschäftsbericht um 40,5 Millionen Euro maufgestockt. Bereits seit rund zwei Wochen, als das Landwirtschaftsunternehmen seine Jahresergebnisse für 2015 vorgelegt hatte, kursieren in Kapitalmarktkreisen Gerüchte, dass KTG Agrar die für heute vorgesehene Zinszahlung auf seine Jumbo-Anleihe nicht würde leisten können. Diese Ängste haben sich nun bestätigt.

KTG Agrar hat nach eigenen Angaben auch einige „nicht betriebsnotwendige Assets“ verkauft, um die Zinsen zu bezahlen. Dabei sei es zu „nicht vorhersehbaren Verzögerungen“ gekommen – daher die Geldklemme. Das Unternehmen rechnet nun damit, die Zinsen innerhalb der kommenden 14 Tage bezahlen zu können.

Anleihen und Aktie von KTG Agrar brechen ein

Am Markt sorgten die schlechten Nachrichten für Aufruhr. Der Aktienkurs von KTG Agrar, der schon seit mehreren Tagen deutlich unter Druck geraten war, brach am Vormittag um fast 30 Prozent ein und notierte zeitweise deutlich unter 6,50 Euro – bis Mitte Mai hatte der Kurs jeweils bei Werten knapp unter 12 Euro notiert.

Noch kritischer ist die Entwicklung der Anleihekurse. Die in einem Jahr fällige Anleihe mit einem Volumen von rund 200 Millionen Euro und einem Kupon von 7,125 Prozent ist im frühen Handel auf weniger als 35 Prozent ihres Nennwerts abgestürzt. Mitte Mai hatte der Bond noch über 90 notiert. Die ebenfalls aufgestockte, mit einem Volumen von fast 100 Millionen Euro aber kleinere und noch bis 2019 laufende Anleihe ist sogar noch tiefer gefallen und handelt aktuell bei 28 Prozent.

In einem Jahr muss KTG Agrar die Jumbo-Anleihe tilgen

Der Kursrutsch ist für KTG Agrar vor allem deshalb ein Problem, weil das Unternehmen in den kommenden Monaten die Refinanzierung eben jener in einem Jahr fälligen Anleihe unter Dach und Fach bringen muss, deren Zinsen das Unternehmen jetzt nicht begleichen kann. Das Papier ist mit Abstand die wichtigste Finanzierungssäule des Agrarkonzerns.

So beeilte CEO Siegfried Hofreiter sich zu betonen, auf die laufenden Gespräche zur Refinanzierung der Anleihe habe die Zahlungsverzögerung keinen Einfluss. Mit dieser Meinung dürfte er jedoch weitgehend allein stehen. KTG Agrar beabsichtigt laut Hofreiter dennoch weiterhin, den Refinanzierungsprozess der im Juni 2017 fälligen Anleihe noch im laufenden Jahr abzuschließen. Dazu befindet sich das Unternehmen nach eigenen Angaben in „fortgeschrittenen Verhandlungen“ mit institutionellen Investoren.

Die Skepsis vieler Investoren gegenüber dem hoch verschuldeten Unternehmen ist nicht neu. Vor zwei Jahren war es KTG Agrar nur mit Ach und Krach gelungen, eine kleinere Mittelstandsanleihe in Höhe von 40 Millionen Euro zu refinanzieren. Das Umtauschangebot des Konzerns stieß bei seinen Altanlegern auf nur wenig Resonanz, die Einwerbung der nötigen Mittel zog sich beinahe ein Jahr lang hin.

Der Jahresabschluss 2015 enthält wenig, was die Verhandlungsposition von KTG-Agrar-Chef Siegfried Hofreiter bei den anstehenden Finanzierungsgesprächen stärken könnte. Zwar stieg der Konzernumsatz um 39 Prozent auf 326,5 Millionen Euro. Aber der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) kletterte nur marginal von 54 auf 59 Millionen Euro. Vor allem aber haben sich die ohnehin schon angespannten Bilanzrelationen noch weiter verschlechtert: Die Nettofinanzschulden stiegen von 462 auf 514 Millionen Euro. Der Leverage erhöhte sich dadurch auf sehr hohe 8,7x Ebitda. Die Eigenkapitalquote ging von 16,5 auf 15,6 Prozent zurück. Der operative Cashflow war mit 39 Millionen Euro negativ.

Wie substanziell ist die Finanzierungsunterstützung durch Fosun?

Dies bringt Hofreiter in Erklärungsnot. Ursprünglich hatte der KTG-Chef schon 2014 als „Jahr der Ernte“ ausgerufen, in dem die Investitionsphase enden und das Augenmerk auf Gewinn und Cashflow gerichtet werden sollte. Doch dann entschied sich Hofreiter doch noch zu weiteren Investitionen. 2015 dann verhagelte das Wetter die Geschäftslage. Eine schwache Ernte, gepaart mit niedrigen Absatzpreisen für Agrargüter, ließ das Ergebnis von KTG Agrar schwächer ausfallen als zuvor erwartet. Hofreiters Behauptung, dass KTG Agrar nach Abschluss der Investitionsphase ein sehr cashflow- und ertragsstarkes Unternehmen sein kann, ist damit noch immer nicht belegt.
 
Der jetzige Zinsausfall bestätigt diese Beobachtung, und er nährt auch weitere Skepsis hinsichtlich früherer Aussagen von KTG Agrar. Demnach verfügt KTG angeblich über eine Art Underwritingzusage des chinesischen Finanzinvestors Fosun, der vor einem Jahr bei KTG eingestiegen ist. Die Substanz dieser Aussage dürfte seit heute von mehr Marktteilnehmern denn je angezweifelt werden.

Es ist davon auszugehen, dass KTG zur Ablösung der 250-Millionen-Euro-Anleihe mehrere verschiedene Finanzierungsquellen nutzen muss, wenn sie denn überhaupt gelingen soll. Neben dem Bond- steht grundsätzlich noch der Kreditmarkt zur Verfügung. Auch die Notwendigkeit, zur Lösung der finanziellen Schwierigkeiten umfangreich Tafelsilber zu verkaufen, in erster Linie Grundbesitz und Aktien der börsennotierten Biogastochter KTG Energie, dürfte deutlich zugenommen haben. 

Auch KTG Energie gerät in den Strudel der Gerüchte um KTG Agrar

Das Problem: Die Krise bei KTG Agrar belastet auch die Tochter KTG Energie, an der KTG Agrar mehr als 50 Prozent der Anteile erhält. Zwischen beiden Unternehmen bestehen Finanzierungsverbindungen, wodurch theoretisch Finanzierungsprobleme von einem auf das andere Unternehmen übergreifen könnten.

KTG Energie sagte am Vormittag, das Unternehmen sei von der Diskussion um die Refinanzierung bei KTG Agrar „nicht unmittelbar betroffen“. KTG Energie hafte nicht für Verbindlichkeiten der KTG Agrar. Seit dem 31. Oktober 2015 habe die KTG Energie AG zudem die Verbindlichkeiten gegenüber der Muttergesellschaft weiter reduziert. Die Verbindlichkeiten gemäß eines mit der KTG Agrar abgeschlossenen Darlehensvertrages könnten zudem nicht unmittelbar fällig gestellt werden, betont das Management.

Die bis September 2018 laufende Anleihe über 50 Millionen Euro will KTG Energie spätestens 2017 durch eine zinsgünstigere Refinanzierung ablösen. Trotz zufriedenstellender Geschäftszahlen und eines risikoarmen Geschäftsmodells ist auch die Anleihe von KTG Energie in den Abwärtsstrudel geraten. Das Papier rutschte im Mai von 104 auf 86 Prozent und fiel am heutigen Vormittag auf Werte um 60 Prozent. Offenbar fürchten die Investoren, dass KTG Energie nicht so schnell neue Mittel einwerben kann, wie der Mutterkonzern sein Darlehen im Zweifelsfall fällig stellen könnte.

Info

Mehr Berichte zu KTG Agrar gibt es auf der FINANCE-Themenseite zu KTG Agrar. Eine ausführliche Analyse zur Lage und den Finanzierungsoptionen von KTG Agrar finden Sie in der FINANCE-Ausgabe 4/2015, die als epaper hier erhältlich ist.

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