Die Mittelstandsanleihe von Scholz hat einen rasanten Absturz hinter sich. Nachdem das Essinger Recycling-Unternehmen vergangenen Donnerstag bekannt gab, dass der Hauptinvestor Toyota Tsusho bei der Suche nach frischem Eigenkapital nicht mitzieht, brach der Bond zwischenzeitlich von rund 100 Prozent auf rund 56 Prozent ein – jedoch nicht unmittelbar im Anschluss an die Meldung, sondern erst Tage später.
Es liegt nahe, dass der Kursrutsch mit der Meldung vom Donnerstag zusammenhängt. Scholz wollte auf FINANCE-Nachfrage Kursänderungen jedoch nicht kommentieren. Ein Sprecher sagte lediglich, dass man sich weiterhin auf Investorensuche befände, um das Eigenkapital zu stärken. Eine andere Erklärung für den zeitversetzten Kursrutsch wäre das geringe Handelsvolumen der Scholz-Anleihe. Werfen einzelne Investoren ihre Anteile auf den Markt, führt dies automatisch zu größeren Kursbewegungen.
Scholz sieht Parallelen zu Vorjahren
Der Unternehmenssprecher verweist auf eine ähnliche Situation vor rund zwei Jahren, als sich Scholz ebenfalls auf Investorensuche befand und der Kurs der Anleihe im Zuge der Ankündigung sogar unter 50 Prozent fiel. Mit dem Einstieg von Toyota Tsusho ging es für die Anleihe im Anschluss daran genauso schnell wieder nach oben. Auf einen ähnlichen Effekt hofft Scholz offenbar wieder – dem Unternehmen kommt zugute, dass es unter keinem unmittelbaren Zeitdruck steht.
Fällig ist die 182,5 Millionen Euro schwere Anleihe erst im März 2017, die nächste Kuponzahlung in Höhe von rund 15,5 Millionen Euro steht auch erst nächstes Jahr im März an – bleibt genug Zeit, einen Investor zu finden. Wie wichtig das ist, verdeutlicht ein Blick in die Bilanz. Das Unternehmen ist derzeit mit dem Neunfachen des Gewinns vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) verschuldet, das Eigenkapital ist mit über 200 Millionen Euro negativ.
Laut des Scholz-Sprechers bleibt es das oberste Ziel, frisches Eigenkapital zu beschaffen. „Die Liquidität ist nicht das Thema, das Unternehmen ist, was das anbelangt, derzeit voll handlungsfähig“, sagt der Sprecher und ergänzt: „Auch wenn es die Zahlen noch nicht zeigen, steht Scholz heute in den Strukturen und Prozessen besser da, als noch vor zwei Jahren“. Für den operativen Turnaround müsse auch der Markt mitspielen: „Wir gehen davon aus, dass sich der Markt erst im nächsten Jahr wieder stabilisiert, ab 2017 erwarten wir, dass es spürbar aufwärts geht“, sagt der Scholz-Sprecher.
Eine Bondrestrukturierung wäre bei Scholz schwer möglich
Doch auch wenn der Sprecher betont, dass das Fremdkapital derzeit keine Baustelle bei Scholz ist: Ein neuer Investor täte nicht nur dem operativen Geschäft von Scholz, sondern dadurch auch der angeschlagenen Anleihe gut. Eine Restrukturierung des Bonds wäre nur schwer möglich, weil die im März 2012 begebene Mittelstandsanleihe nach österreichischem Recht begeben wurde.
Laut Tibor Fabian, Anwalt und Partner bei der österreichischen Kanzlei Binder Grösswang, besteht der Hauptunterschied zum im September 2012 überarbeiteten deutschen Schuldverschreibungsgesetz darin, dass es keinen gemeinsamen Gläubigervertreter gibt, sondern einen Gläubiger bevormundenden Kurator, der auf ein Gesetz aus dem Jahre 1874 zurückgeht. Dieser Kurator wird aber nicht von den Gläubigern gewählt, sondern durch ein Gericht bestimmt und ist an keine Gläubigerbeschlüsse gebunden.
Das erschwert es, Anleihebedingungen zu ändern, da nicht wie in Deutschland die Zustimmung einer qualifizierten Mehrheit – sprich 75 Prozent – genügt, sondern der Kurator auf die Interessen aller Gläubiger Rücksicht nehmen und eine eigene Entscheidung treffen muss. „Wenn gar kein Kurator bestellt wird – was immer wieder vorkommt – gibt es kein Instrumentarium, weil dann alle Gläubiger zustimmen müssten. Das macht die Beschlussfähigkeit der Gläubiger deutlich schwerer“, sagt Fabian.
Info
Alles über die schwere Krise bei dem Familienunternehmen lesen Sie auf unserer FINANCE-Themenseite zu Scholz. Doch nicht nur Scholz schwächelt, auch die Mittelstandsanleihen anderer Unternehmen wackeln.