Obwohl die Mittelstandsanleihe erst in zwei Jahren fällig wird, sieht sich das Management des Maschinenbauers Singulus zusehends unter Zugzwang, zügig die in Schieflage geratene Bilanz zu reparieren. „Unsere Kunden vertrauen unserer Technologie, sie wollen aber auch Bilanzqualität sehen“, sagte Singulus-CFO Markus Ehret gegenüber FINANCE-TV. Bleibt die Finanzlage des fränkischen Mittelständlers weiter fragil, droht die Skepsis der Abnehmer den letzten Strohhalm zu zerstören. Immerhin wickelt Singulus im Solarbereich Projekte ab, die bis zu zwei Jahre dauern und ein Volumen von Dutzenden Millionen Euro erreichen können. Im Vorfeld muss Singulus häufig viel Cash für Avalfinanzierungen hinterlegen.
Ein Hoffnungsschimmer: Im ersten Quartal hat Singulus im Solarbereich mit über 50 Millionen Euro so viel Auftragsvolumen hereingeholt wie seit Jahren nicht mehr. Aber das reicht noch nicht, um schnell wieder den Break-even-Punkt zu überwinden, der laut CFO Ehret aktuell bei 120 Millionen Euro liegt. Im vergangenen Jahr war der Singulus-Umsatz von 134,9 auf 66,8 Millionen Euro eingebrochen, das Ebit fiel auf minus 49,1 Millionen Euro.
Singulus-Gläubigern winkt nennenswerte Recovery
Die Aktionäre sollen bei der Hauptversammlung am kommenden Dienstag mehrere Vorratsbeschlüsse durchwinken: Es stehen sowohl ein Debt-to-Equity-Swap als auch die Umwandlung des Bonds in eine Pflichtwandelanleihe zur Abstimmung. Auch auf der Tagesordnung: Eine Kapitalherabsetzung, um Aktien zusammenzulegen, damit der Aktienkurs wieder dauerhaft über die für Kapitalmaßnahmen wichtige 1-Euro-Marke springt. „Dass die Aktionäre unseren Plänen für die Bondrestrukturierung zustimmen, ist sehr, sehr wichtig“, appelliert Ehret an die Eigentümer.
Doch mit einer erfolgreichen HV wäre nur die erste Hürde genommen. Die Anleihegläubiger werden anschließend vermutlich schwerer zu überzeugen sein als die Aktionäre, schließlich haben die Bondholder – im Gegensatz zu den Aktionären – noch eine echte Alternative: Die Verwertung der Firmen-Assets im Zuge eines Insolvenzverfahrens.
Die Investmentbank Equinet hat überschlagen, dass die Bondholder im Zuge eines Insolvenzverfahrens rund 80 Prozent ihrer Forderungen zurückbekommen könnten – „konservativ gerechnet“, wie Analyst Robert-Jan van der Horst schreibt. Als Vermögenswerte listet der Analyst Cash (29 Millionen Euro), Vorräte (39 Millionen Euro) und Forderungen (12 Millionen Euro) auf, dazu noch in kleinerem Umfang Immobilien (3 Millionen Euro) und Patente (5 Millionen Euro). Dem standen Ende des 1. Quartals kurzfristige Schulden in Höhe von 46,6 Millionen Euro gegenüber. Die langfristigen Finanzverbindlichkeiten entfallen ausschließlich auf die Anleihe mit einem ausstehenden Nennwert von 55,4 Millionen Euro.
Finanzchef Ehret lässt dennoch durchblicken, dass er noch vor Jahresende den Bond restrukturiert haben will: „Unser Mittel der Wahl ist dieses: Dank eines Debt-to-Equity-Swaps wollen wir bis Ende des Jahres schuldenfrei werden“, gibt der CFO die gewünschte Ideallösung vor.
Das Singulus-Management hat noch mehrere Joker auf der Hand
Der Geschäftsverlauf der kommenden Monate wird darüber mit entscheiden, ob das Management seine Pläne zur Bilanzreparatur wie erhofft umsetzen kann. Im ersten Quartal verbuchte Singulus diverse Großaufträge von Solarfirmen, die den Auftragseingang auf rund 63 Millionen Euro nach oben trieben – fast so viel im gesamten Vorjahr. Seitdem jedoch hat Singulus keine weiteren Großaufträgen mehr vermeldet.
Doch die sind dringend nötig, um den Kapitalgebern eine Perspektive aufzuzeigen. Denn ohne einen schnellen Turnaround droht Singulus das Aus: Das Eigenkapital wird auf AG-Ebene in Kürze zur Hälfte aufgebraucht sein, und die Optimierung der Kostenseite ist laut Management weitgehend ausgereizt.
Doch Ehret hat noch mehrere Joker im Ärmel, und die stehen sauber verpackt im Lager am Firmensitz in Kahl am Main. Im vergangenen Jahr hat Singulus zahlreiche Blu-Ray-Produktionsmaschinen hergestellt, die dann wegen der um 90 Prozent eingebrochenen Nachfrage nicht abgesetzt werden konnten.
Vorteil Singulus: Das Hightech-Unternehmen ist der einzige Anbieter dieser Maschinen, und die Technologie veraltet Firmenangaben zufolge nur langsam. Verspüren die Blu-Ray-Hersteller Ersatzbedarf und ordern über den Sommer wieder neues Equipment, könnte Singulus laut Ehret sein Lager abverkaufen und puren Cashflow nahezu ohne neue Kosten produzieren. Jede einzelne Maschine soll über 1,5 Millionen Euro wert sein. Singulus wankt, aber die Messe ist noch nicht gesungen.
Info
Wie es um Singulus steht und wie es zu der schweren Schieflage des Maschinenbauers kam – alles Wichtige finden Sie auf unserer FINANCE-Themenseite zu Singulus.
Wie CFO Markus Ehret „ganz entspannt“ eine Lösung für die schwierige Lage finden will – Singulus-CFO Markus Ehret hier im Interview bei FINANCE-TV.