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Teamviewer löst sich aus der Private-Equity-Finanzierung

Teamviewer hat seine Refinanzierung neu aufgestellt. Die Kredite und Darlehen sind jetzt im Jahr rund 5 Millionen Euro günstiger.
Teamviewer

Das IT-Unternehmen Teamviewer um seinen CFO Stefan Gaiser hat seine Finanzierung überarbeitet. Die Göppinger haben ihre erst im September 2024 fälligen revolvierenden Kredite und Darlehen erfolgreich angepasst. Die neuen Konditionen spiegeln nach Unternehmensangaben „die signifikante Entschuldung und das verbesserte Kreditprofil“ wider, was auf die gute Geschäftsentwicklung seit dem Börsengang im September 2019  zurückzuführen sei.

Konkret geht es um Darlehensverträge in mehreren Währungen. Zwei Darlehen über 125 Millionen Euro und 66,6 Millionen Britische Pfund bleiben unverändert. Einen US-Dollar-Kredit hat das Unternehmen indes von 450 auf 340 Millionen Euro reduziert.

Eine revolvierende Kreditfazilität in Euro hat Teamviewer-CFO Gaiser im Gegenzug von 35 auf 150 Millionen Euro erhöht. Derzeit ist davon rund die Hälfte gezogen. Damit soll die vorzeitige Rückzahlung des Dollar-Darlehens zwischenfinanziert werden, so Teamviewer. Die Commerzbank fungierte als Koordinator und Dokumentationsstelle, Freshfields Bruckhaus Deringer hat Teamviewer rechtlich beraten.

Refinanzierung spart Teamviewer 5 Millionen Euro

An den Konditionen der neu verhandelten Kreditverträge lässt sich die gute Entwicklung ablesen, die Teamviewer in, aber auch schon vor der Coronakrise genommen hat. So wurde die Zinsmarge für alle Darlehen um 25 Basispunkte nach unten gedrückt, für den sogenannten „Revolver“ sogar um 50 Basispunkte.

Das nun reduzierte US-Dollar-Darlehen war bislang beispielsweise mit nominell 3,6 Prozent verzinst – ein enorm hoher Wert für ein derart wachstums- und cashflowstarkes Unternehmen wie Teamviewer. Darüber hinaus gelang es Gaiser, den US-Libor-Floor von 1 auf 0 Prozent zu senken. Der Euribor-Floor lag schon vor der Refinanzierung bei 0 Prozent.

FINANCE-Köpfe

Stefan Gaiser, TeamViewer AG

Nach ersten Berufsjahren in einer mittelständischen Steuer- und Unternehmensberatung wechselt Stefan Gaiser im Jahr 2000 als Deputy-CFO zu Kofax, einem global tätigen Enterprise-Software-Unternehmen, das an der Börse in London notiert ist. Nach fünf Jahren wird er zum Finanzvorstand berufen und hat dieses Amt bis Ende 2010 inne.

Danach ist er unter anderem CFO bei P&I Personal und Informatik, einem in EMEA aktiven Anbieter von HR-Software, bevor er im November 2017 die Position des CFOs bei TeamViewer übernimmt. Im September 2019 führt er das schwäbische Softwarehaus an die Börse. Nach dem IPO bleibt der alleinige Anteilseigner und Finanzinvestor Permira mit 62,5 Prozent zunächst auch weiterhin größter Aktionär der Göppinger.

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Durch die Refinanzierung erwartet Teamviewer für das verbleibende Geschäftsjahr eine Zinsersparnis von 1,5 Millionen Euro, was die einmaligen Transaktionskosten von 1,7 Millionen Euro beinahe egalisiert. Von 2021 an sinken die Zinskosten dann um knapp 5 Millionen Euro im Jahr. Hinzu kommt, dass die umgebauten Kreditfazilitäten nun unbesichert sind.

Permira zieht sich nach und nach zurück

„Die erfolgreiche Transaktion gibt uns zusätzliche Flexibilität bei der Umsetzung unserer Wachstumsinitiativen, verbessert die zukünftige Cash-Generierung und zeigt das Vertrauen unserer Kreditgeber in unsere Strategie“, zeigt sich Carsten Keller, Leiter Capital Markets von Teamviewer, entsprechend erfreut.

„Die erfolgreiche Transaktion gibt uns zusätzliche Flexibilität.“

Carsten Keller, Teamviewer

Die frühzeitige Refinanzierung ist das nächste Zeichen dafür, dass sich Teamviewer immer weiter aus der Private-Equity-Welt löst. Der ehemalige Hauptgesellschafter Permira hat seinen Teamviewer-Anteil inzwischen auf nur noch 39 Prozent abgebaut und will weitere Aktien verkaufen. Erst im Mai hat sich der Finanzinvestor von der Teamviewer-Mehrheit getrennt und allein mit diesem einen Blockverkauf rund 1 Milliarde Euro eingenommen.

Speziell der 35 Millionen Euro schwere revolvierende Kredit sei für einen MDax-Konzern nicht mehr angemessen gewesen, sagte eine Sprecherin gegenüber FINANCE. Die neue Finanzierungsstruktur passe nun besser zu einem klassischen Corporate.

CFO Gaiser hat Teamviewer massiv entschuldet

Finanzchef Gaiser erntet mit seiner Finanzabteilung somit die Früchte der Arbeit der vergangenen Jahre. Das Geschäft brummt: Im ersten Halbjahr konnte Teamviewer seinen Umsatz im Vergleich zum Vorjahr dank des Trends zum Home Office von 181 auf 217 Millionen Euro steigern. Der Gewinn vor Zinsen und Steuern sank indes wegen einer Umstellung des Geschäftsmodells leicht von 90 auf 81 Millionen Euro.

Auf Finanzseite hat der dreifache Familienvater Gaiser Teamviewer stark entschuldet. Lag der Nettoverschuldungsgrad (Net Debt/Ebitda) zu Beginn seiner Amtszeit im Jahr 2017 beim 7- bis 8-fachen, sank er allein im Geschäftsjahr 2019 von 6,3x auf 3,0x Ebitda. Nach dem Ende des zweiten Quartals 2020 lag der Leverage schon nur noch bei 1,9x Ebitda.

Unklar ist, ob Teamviewer den finanziellen Spielraum für weitere Finanzierungen nutzen will und etwa den Bond- oder Schuldscheinmarkt anzapfen möchte. Auf Nachfrage antwortete die Teamviewer-Sprecherin, dass man sich laufend die gängigen Optionen anschaue, momentan aber keine konkreten Transaktionen plane.

jakob.eich[at]finance-magazin.de

Info

Teamviewer ist einer der neuen Stars am deutschen Börsenhimmel. Ein ausführliches Interview mit CFO Stefan Gaiser finden Sie im neuen FINANCE-Magazin, das am 4. September 2020 erscheint.

Alles Wichtige aus dem Lebenslauf vom Teamviewer-CFO finden Sie auf dem FINANCE-Köpfe-Profil von Stefan Gaiser.

Jakob Eich ist Redakteur der Fachzeitungen FINANCE und DerTreasurer des Fachverlags F.A.Z Business Media, bei dem er auch sein Volontariat absolviert hat. Eich ist spezialisiert auf die Themen Digitalisierung im Finanzbereich und Treasury. Durch seine Zwischenstation bei der Schwesterpublikation „Der Neue Kämmerer“ ist der 1988 geborene Journalist auch versiert beim Thema Kommunalfinanzen. Erste journalistische Erfahrungen hat der gebürtige Schleswig-Holsteiner in den Wirtschaftsmedien von Gruner+Jahr sowie in der Sportredaktion der Hamburger Morgenpost gesammelt.