Zalando geht in die Vollen: Der Online-Versandhändler für Schuhe, Mode und Kosmetik hat zwei Wandelschuldverschreibungen platziert und so von institutionellen Anlegern 1 Milliarde Euro erhalten. Wie das Unternehmen am heutigen Donnerstag mitteilte, soll der Erlös „für das weitere kontinuierliche Wachstum der Gesellschaft, potenzielle strategische Chancen und für allgemeine Unternehmenszwecke verwendet werden“.
Interessant sind – neben den Hintergründen – die Konditionen: Der Deal wurde in zwei Tranchen zu je 500 Millionen Euro gestückelt: Die erste Tranche hat eine Laufzeit von fünf Jahren und einen Kupon von nicht mehr als 0,05 Prozent. Weil es Finanzchef David Schröder und seinen Bankern gelang, das Papier zu 100,88 Prozent des Nennwerts zu platzieren, liegt die Bruttorendite mit minus 0,125 Prozent im negativen Bereich.
Die siebenjährige Tranche B wurde zu 100 Prozent begeben und bringt den Zeichnern einen jährlichen Zins von 0,625 Prozent. Begleitet wurde die Transaktion von J.P. Morgan und Morgan Stanley als Joint Global Coordinators, während BNP Paribas und UniCredit als Joint Bookrunners fungierten.
Zalando hebt Jahresprognose an
Der Zeitpunkt der Emission ist klug gewählt: Gerade erst hat Zalando nach vorläufigen Zahlen für das zweite Quartal seine Jahresprognose angehoben. Für das Gesamtjahr geht das Unternehmen nun von einem Umsatzwachstum zwischen 15 und 20 Prozent aus. 2019 lag der Umsatz bei 6,5 Milliarden Euro. Der bereinigte Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) soll 250 bis 300 Millionen Euro erreichen. Das wäre deutlich mehr als die 225 Millionen Euro, die 2019 erreicht wurden.
Untermauert wird die Prognose mit einer starken Geschäftsentwicklung: Nach vorläufigen Zahlen haben die Berliner im zweiten Quartal ihren Umsatz im Vergleich zum Vorjahresquartal um bis zu 28 Prozent auf 2,1 Milliarden Euro gesteigert, während sich das bereinigte Ebit auf bis zu 220 Millionen Euro mehr als verdoppelt hat. Endgültige Zahlen will der Onlinehändler am 11. August vorlegen.
Im starken zweiten Quartal habe das Unternehmen aber auch von Nachholeffekten aus dem Auftaktquartal profitiert, relativierte Berenberg-Analystin Michelle Wilson den positiven Trend in der Geschäftsentwicklung. Sie riet Anlegern, die Halbjahreszahlen als Ganzes zu betrachten. Im ersten Quartal hatte Zalando – auch wegen der anfänglichen Schockstarre der Konsumenten infolge des Corona-Lockdowns – vor Zinsen und Steuern 113 Millionen Euro verloren, siebenmal so viel wie im Vorjahreszeitraum.
FINANCE-Köpfe
Zalando-Aktie im Höhenflug
Dem Aktienkurs konnten die vorsichtigen Analysteneinschätzungen nichts anhaben: Gegenüber dem Tief im März bei 30 Euro hat sich die Aktie nun schon mehr als verdoppelt. Mitte Juli erreichte sie bei 66 Euro ein Allzeithoch, aktuell liegt das Papier bei 62 Euro. Nicht nur Zalando, auch die ähnlich aufgestellten Corona-Gewinner HelloFresh und Delivery Hero haben ihre Kurs-Rallyes genutzt, um mit Wandelanleihen ihre Kriegskassen zu füllen.
Zalando-Aktie seit Jahresanfang
Alle drei Konzerne wittern die gleiche Chance in der Disruption, die die Coronavirus-Pandemie ausgelöst hat: die massive Schwächung ihrer stationär agierenden Wettbewerber. Im Fall von Zalando sind das die darbenden Modefilialisten, die von einer Pleitewelle erfasst worden sind. Zalando bietet diesen Firmen eine neue Heimat – auf der Zalando-Plattform. Der Modehändler will nun den Ausbau seines Plattformgeschäfts noch weiter beschleunigen, obwohl allein im zweiten Quartal schon mehr als 3 Millionen Neukunden zu Zalando strömten.
Zalando-CFO David Schröder verdoppelt Cash-Position
Die Dimension des Finanzierungsmanövers von heute Nacht wird deutlich, wenn man sich die Bilanz von Zalando anschaut. Dort lag zuletzt schon 1 Milliarde Euro an liquiden Mitteln. Diese Cash-Position hat CFO Schröder nun glatt verdoppelt. Dabei ist Zalando schon seit Jahren free-cashflow-positiv.
Größter Aktionär der Berliner ist Kinnevik. Zwar hat die schwedische Finanz-Holding im Juni ihre Sperrminorität aufgegeben und Aktien verkauft, aber noch immer hält Kinnevik 21,3 Prozent. Zweitgrößter Aktionär ist der Finanzinvestor Baillie Gifford aus Schottland mit 11,6 Prozent. Die Gründer halten noch 3,6 Prozent.
martin.barwitzki[at]finance-magazin.de
Info
Mehr über die Karriere des Zalando-CFOs erfahren Sie auf dem FINANCE-Köpfe-Profil von David Schröder.
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