NEUZur Serie: Top-Dealmaker

Newsletter

Abonnements

Aurelius-Chef Markus kontert Gotham-Angriff

Aurelius-Chef Dirk Markus wehrt sich gegen den Report von Gotham City. Der Shortseller habe wichtige Punkte nicht beachtet.
Aurelius

In der vergangenen Woche hat der Shortseller Gotham City den Turnaround-Investor Aurelius mit einem Report in Bedrängnis gebracht. Mittlerweile hat Gotham seine Short-Position zwar verkauft. Trotzdem bläst Aurelius jetzt zum Gegenangriff: In einem 17-seitigen Report versucht Aurelius die Argumente von Gotham zu entkräften.

Ein zentraler Angriffspunkt von Gotham war, dass der Badwill, auch negativer Goodwill genannt, in den vergangenen Jahren einen Großteil des Gewinns von Aurelius ausgemacht habe. Tatsächlich könne es im Regelfall keinen solchen Abschlag auf den Buchwert geben, warf Gotham Aurelius vor, weil die Verkäufer in diesem Fall langfristig ihre geforderten Preise für Abspaltungen erhöhen würden.

Aurelius: Badwill gehört zum Geschäftsmodell

Eine alternative Bilanzierung sei schlicht nicht möglich, argumentiert der PE-Investor nun. Die Gründe lägen in Aurelius‘ Geschäftsmodell: Der Investor kauft ein schlecht aufgestelltes Unternehmen, das im Regelfall einen negativen Gewinn vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen aufweist.

Der Verkäufer gibt Aurelius einen Rabatt, da dieser bereits die Restrukturierungskosten einberechnet, die Aurelius aufbringen muss, um das gekaufte Unternehmen wieder profitabel zu machen. Dadurch sei es Aurelius eben doch möglich, immer wieder Firmen unter ihrem Buchwert zu kaufen.

Ein weiterer Vorwurf von Gotham City war, dass 60 Prozent der Aurelius-Käufe in die Insolvenz gehen, nachdem Aurelius sie verkauft hat. Aurelius kontert, dass Gotham Unternehmen („businesses“) und juristische Einheiten („legal entities“) verwechsle.

Zu den 77 seit 2006 erworbenen Unternehmen gehörten Aurelius zufolge 620 Rechtskörper, von denen nur 12 Insolvenz anmelden mussten, während sie zu dem Finanzinvestor gehörten. Von den Unternehmen gingen vier pleite. Bedenke man, dass Aurelius auf Krisenfälle spezialisiert ist, sei die Quote moderat. Wie viele Firmen nach dem Verkauf Insolvenz angemeldet haben, schreibt Aurelius nicht.

Aurelius muss IFRS und GAAP in Einklang bringen

Eine weitere Anschuldigung drehte sich um die Gewinne der Tochtergesellschaften. „43 bis 100 Prozent“ der summierten Gewinne von Töchtern seien nicht mit den bilanzierten Gewinnen der Holding in Einklang zu bringen, so Gotham.

Aurelius führt das darauf zurück, dass Gotham die unterschiedlichen Bilanzierungsstandards des Investors und seiner Beteiligungen nicht berücksichtigt hat. So bilanziert Aurelius nach dem internationalen Rechnungslegungsstandard IFRS, während viele Töchter zusätzlich nach lokalen Standards (GAAP) bilanzieren. Dadurch könnten die Zahlen abweichen.

Grund für Aktienverkauf von CEO Dirk Markus bleibt offen

Die meisten Argumente von Gotham scheint Aurelius plausibel widerlegen zu können. Einen wichtigen Punkt lässt der Finanzinvestor jedoch offen: Den Aktienverkauf des Vorstands aus dem Dezember 2016. Seinerzeit hatte das Gremium Aurelius-Aktien im Wert von 169 Millionen Euro veräußert. Alleine 114 Millionen Euro entfielen auf CEO Dirk Markus.

Eine Erklärung bleibt Aurelius bis heute schuldig. Anfangs hatte das Unternehmen gesagt, es habe sich beim Aktienverkauf von CEO Markus um eine steuerlich motivierte Transaktion gehandelt. Auf einem Investoren-Call in der vergangenen Woche wollte Markus das jedoch nicht offiziell bestätigen. Aurelius verweist nun darauf, dass sich der Investor in der so genannten Quiet Period befindet, in der das Management keine Aussagen zu Aktienbesitz machen darf und keine Aktien kaufen oder verkaufen darf.

Markus hat bereits angedeutet, dass er nach dieser Stillhalteperiode wieder Aktien zurückkaufen werde. Wann diese endet, darf Aurelius nach deutschem Recht nicht preisgeben. Ob er die Wertpapiere ohne die Gotham-Attacke zurückgekauft hätte, ist ebenfalls unklar. Wie viele Aktien das Aurelius-Management insgesamt hält, macht der Investor nicht öffentlich. Der Vorstand sei aber „signifikant“ investiert.

Motiv von Gotham City deutlich erkennbar

Auch wenn sich die Vorwürfe von Gotham in großen Teilen als falsch erweisen sollten, dürfte Aurelius noch eine Weile an der Attacke zu knabbern haben. Die Aktie notiert am heutigen Montagvormittag zwar mit über 3 Prozent im Plus. Allerdings ist sie mit 42 Euro immer noch deutlich weniger wert als vor der Attacke aus der vergangenen Woche, wo der Kurs bei rund 65 Euro lag. Aufgrund der starken Kursbewegung untersuche die Finanzaufsicht Bafin mittlerweile die Gotham-Attacke, teilte Aurelius mit. Die Investoren bleiben verunsichert.

Als börsennotierter Private-Equity-Investor, der überwiegend nicht gelistete Firmen kauft, ist Aurelius in seiner Aufstellung recht intransparent. Das macht es Shortsellern leicht, vage Kritik zu äußern. Insofern ist das Motiv von Gotham relativ deutlich erkennbar. Der Shortseller hatte kurz nach seinem Angriff seine Short-Position abgebaut und höchstwahrscheinlich die Gewinne realisiert. Ob die Vorwürfe berechtigt sind oder nicht, ist also für den finanziellen Erfolg Gothams nicht mehr maßgeblich.

jakob.eich[at]finance-magazin.de

Info

Hintergründe zu der Attacke auf Aurelius und zu anderen Kampagnen der Leerverkäufer in Deutschland gibt es auf unserer FINANCE-Themenseite zu Shortseller-Attacken.

Jakob Eich ist Redakteur der Fachzeitungen FINANCE und DerTreasurer des Fachverlags F.A.Z Business Media, bei dem er auch sein Volontariat absolviert hat. Eich ist spezialisiert auf die Themen Digitalisierung im Finanzbereich und Treasury. Durch seine Zwischenstation bei der Schwesterpublikation „Der Neue Kämmerer“ ist der 1988 geborene Journalist auch versiert beim Thema Kommunalfinanzen. Erste journalistische Erfahrungen hat der gebürtige Schleswig-Holsteiner in den Wirtschaftsmedien von Gruner+Jahr sowie in der Sportredaktion der Hamburger Morgenpost gesammelt.