Gute Nachrichten für die Ratingagentur Scope: Die Europäische Kommission hat dem Unternehmen mit Sitz in Berlin das Mandat erteilt, in Zukunft die Bonität von EU-Anleihen zu bewerten. Für Scope ist das ein großer Schritt, da die Agentur dieses Mandat nach eigener Aussage „als erste europäische Ratingagentur“ erhält.
Die EU-Kommission setzt damit ein bewusstes Zeichen für mehr Wettbewerb am Ratingmarkt. Dieser wird aktuell durch das Oligopol der drei großen amerikanischen Anbieter S&P Global, Moody’s und Fitch dominiert – die drei Anbieter vereinen auf sich einen Marktanteil von über 90 Prozent. Scope kommt laut der „Börsenzeitung“ Stand 2020 nur auf einen Marktanteil von 1 Prozent.
Scope will Gegenpol zu US-Agenturen werden
Florian Schoeller, Vorstandschef und Gründer von Scope, hatte 2021 bei der Übernahme des Ratinggeschäfts von Euler Hermes gesagt, das Ziel von Scope sei es, ein „europäisches Rating-Schwergewicht“ aufzubauen, und damit der Marktmacht der drei großen US-Agenturen etwas entgegenzusetzen.
Bei der Bewertung von EU-Anleihen geht es um große Volumina: Die Europäische Kommission hat seit Oktober 2020 zur Finanzierung verschiedener Programme Bonds in einem Volumen von mehr als 220 Milliarden Euro begeben. Allein an grünen Anleihen dürften 250 Milliarden Euro hinzukommen.
Entscheidung der Kommission: Meilenstein für Scope
Für Scope-Chef Schoeller stellt die Entscheidung der EU-Kommission einen „Meilenstein“ dar – das Mandat gilt als ein wichtiger Schritt im Anerkennungsverfahren der EZB. Scope hatte sich auf die Anerkennung durch die EZB als Ratingagentur beworben, die Zentralbank hat neben den drei großen US-amerikanischen Playern nur die kanadische Ratingagentur DBRS anerkannt. Für Scope wäre ein Erfolg in dem Verfahren ein weiterer großer Schritt, da von der EZB anerkannte Ratings einen deutlich hervorgehobenen Stellenwert im Markt haben. Neben Scope hatte sich aus Deutschland auch noch Creditreform beworben.
Bei Scope war als Investor zuletzt die französische Versicherungsgruppe Axa eingestiegen, Bestandsinvestoren sind unter anderem die deutschen Versicherer HDI/Talanx, Mobiliar und Signal Iduna.
paul.siethoff[at]finance-magazin.de
Paul Siethoff ist Redakteur bei Finance und schreibt vorrangig über Transformations-Themen. Er hat Kommunikationswissenschaften und Journalismus in Erfurt und in Mainz studiert. Vor seiner Zeit bei FINANCE schrieb Paul Siethoff frei für die Frankfurter Rundschau für die Ressorts Wirtschaft und Politik.
