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So sieht die neue Dax-Welt aus

Der Dax wächst, der MDax schrumpft: Die Deutsche Börse hat heute vorgestellt, wie die Indexfamilie künftig aussehen soll.
Deutsche Börse AG

Die Entscheidung ist gefallen: Deutschlands wichtigster Börsenindex Dax wird künftig von 30 auf 40 Mitglieder erweitert. Diese Entscheidung teilte die Deutsche Börse heute mit. Von September 2021 an werden zehn weitere Werte in den Leitindex aufgenommen, zugleich schrumpft der MDax von 60 auf 50 Mitglieder. Der Index war erst im Herbst 2018 auf 60 Mitglieder erweitert worden. Die damals beschlossene Erweiterung des SDax auf 70 Titel bleibt bestehen.

Rund zwei Drittel der Teilnehmer des Konsultationsprozesses hatten der Erweiterung zugestimmt, doch es gab auch Kritikpunkte: Einige Teilnehmer fürchteten negative Auswirkungen auf Liquidität und Reputation des MDax. Andere sorgten sich, dass der Dax durch eine Erweiterung eher zu einem Mid-Cap-Index werden könnte.

Silke Schlünsen, Head of Corporate Broking bei der Stifel Europe Bank (vormals MainFirst), sieht das anders. Sie hatte kürzlich eine radikale Erweiterung des Indizes auf bis zu 200 Mitglieder zur Diskussion gestellt und hätte sich einen größeren Schritt gewünscht. „Häufige Wechsel zwischen den Indizes sind weiterhin vorprogrammiert“, meint sie. Ähnlich sieht das Marc Decker, Head of Asset Management bei der Privatbank Merck Finck. Für ihn war eine Dax-Reform „spätestens seit dem Wirecard-Skandal überfällig“. Die nun erfolgte Entscheidung bleibe aber halbherzig.

Börse verändert Dax-Anforderungen

Die Voraussetzungen, die Dax-Anwärter erfüllen müssen, werden noch einmal nachgeschärft: So müssen die Kandidaten bereits von Dezember an ein positives Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) in den zwei jüngsten Finanzberichten nachweisen. Die Wahl des Ebitda als Kennziffer war strittig, zeigt die Dokumentation der Marktkonsultationen, in die mehr als 600 Rückmeldungen von Banken, Unternehmen, Privatleuten, Verbänden und weiteren Interessengruppen eingeflossen sind. Knapp 40 Rückmeldungen kamen von Finanzinstitutionen, knapp 50 von Unternehmen und der Rest von Einzelpersonen.

Die Profitabilitätsanforderungen ergaben dabei ein breites Stimmungsbild: Zwar war sowohl bei Banken als auch bei Unternehmen und Privatpersonen jeweils eine Mehrheit dafür, doch während die Zustimmung bei Unternehmen (87,5 Prozent) und Privatpersonen (83 Prozent) sehr deutlich war, stimmten die Finanzinstitutionen dem Vorgehen nur mit 54 Prozent zu. Einige Teilnehmer haben der Börse zufolge zwar grundsätzliche Zustimmung signalisiert, hätten aber lieber den Net Income oder das Ebit als Bezugsgröße gesehen, da diese strikter seien als das Ebitda. Aufgrund des heterogenen Meinungsbilds halte man jedoch am Ebitda fest, teilte die Börse mit.

Ein weiterer Kritikpunkt aus dem Markt: Die Profitabilitätsanforderungen könnten Wachstumsunternehmen am Aufstieg in den Dax hindern. So war zuletzt beispielsweise der Essenslieferdienst Delivery Hero in den Leitindex aufgestiegen, obwohl er noch Verluste schreibt.

Neue Regeln für Profitabilität

Während die Profitabilitätsanforderungen nur für den Dax eine Rolle spielen sollen, gelten weitere Anforderungen für Mitglieder der gesamten Dax-Familie: Von Mai 2021 an müssen alle Unternehmen in den Dax-Auswahlindizes sowohl testierte Geschäftsberichte als auch vierteljährliche Quartalsmitteilungen veröffentlichen. Verstöße sollen harte Konsequenzen haben: Nach einer Warnfrist von 30 Tagen folge „unmittelbar“ der Indexausschuss, kündigte die Börse an. Die Regelung inklusive „Fast Exit“ bei Verstößen fand in den Marktkonsultationen einhelligen Anklang: bei Banken, Unternehmen und Privatpersonen lag die Zustimmung jeweils deutlich über 90 Prozent.

Zudem müssen Mitglieder der Dax-Indizes den Empfehlungen des Deutschen Corporate Governance Kodex für einen Prüfungsausschuss im Aufsichtsrat entsprechen. Neumitglieder müssen diese ab März 2021 erfüllen, für bestehende Mitglieder gilt eine Übergangsfrist bis September 2022.

Die Börse will die Indizes künftig nicht mehr nur im September, sondern zusätzlich auch im März auf ihre Zusammensetzung überprüfen. Entscheidend wird dann nur noch die Free-Float-Marktkapitalisierung sein, der Börsenumsatz wird bei der Rangliste nicht mehr berücksichtigt. Stattdessen werden Indexmitglieder eine Mindestliquidität aufweisen müssen. Die Auswahl nach Marktkapitalisierung stieß insbesondere bei den Banken auf große Zustimmung, 95 Prozent der Finanzinstitute befürworteten den Schritt.

Weitere Diskussionen zu ESG-Kriterien

Ein Reformvorschlag hat es nicht in die finale Neuausrichtung geschafft: Unternehmen mit Beteiligung an kontroversen Waffen dürfen auch künftig Teil der Dax-Indizes bleiben, auch wenn eine knappe Mehrheit der Befragten einem Ausschluss zugestimmt hätte. Dieses Kriterium hätte beispielsweise Airbus betroffen. Das Feedback zur Einbeziehung von ESG-Kriterien sei breit und diversifiziert gewesen, teilte die Börse mit.

Sie will das Thema mit den Marktteilnehmern weiter diskutieren. Die Ergebnisse der Befragung zeigten „weiteren Diskussionsbedarf über Integration und Umfang von ESG-Kriterien in den Indizes“ auf. Daher bleibt das Regelwerk in diesem Punkt zunächst unverändert. Viele Marktteilnehmer haben laut Börse zudem eine Trennung zwischen Marktindizes und ESG-Indizes gefordert. Zu deren Ausgestaltung will die Börse einen separaten Dialog mit den Stakeholdern starten.