Paukenschlag bei Volkswagen: Der Dax-Konzern hat den von langer Hand vorbereiteten Börsengang seiner Lkw-Sparte Traton abgesagt. In der sehr kurz gehaltenen Ad-Hoc-Meldung verkündeten die Wolfsburger am gestrigen Mittwoch Abend, „im gegenwärtigen Marktumfeld bis auf Weiteres davon Abstand zu nehmen, einen Börsengang der Traton SE weiter vorzubereiten“. Insgesamt scheint der Börsengang aber nur aufgeschoben und nicht aufgehoben zu sein, denn VW „strebt einen Börsengang der Traton SE bei einem besseren Marktumfeld unverändert an“.
Zu Traton gehören die vor wenigen Jahren zugekauften Traditionsmarken MAN und Scania sowie die brasilianische LKW-Tochter Volkswagen Caminhões e Ônibus und die Digitalmarke RIO. Vorgesehen war ein Teilbörsengang (25 Prozent) Tratons, doppelt gelistet sowohl in Frankfurt als auch in Stockholm, der schwedischen Heimat Scanias. VW erhoffte sich aus dem Börsengang einen Erlös von 6 Milliarden Euro. Als Unternehmenswert standen bis zu 30 Milliarden Euro im Raum.
Hin und her bei Traton-Börsengang
Eigentlich war damit gerechnet worden, dass Traton noch vor Ostern an die Börse geht. Mit der Entscheidung findet die monatelange Geschichte des Traton-Börsengangs nun aber ein vorläufiges Ende.
Im April vergangenen Jahres hatte VW seine Pläne für Traton – das bis August noch VW Truck & Bus hieß – bekannt gemacht. Im Zusammenhang mit dem Börsengang arbeitet VW auch daran, das Maschinenbaugeschäft der MAN-Sparte Diesel & Turbo aus dem Unternehmen herauszulösen. Die erste IPO-Verschiebung gab es bereits im September: Die Sparte habe alle Synergieprojekte noch vor sich, und auch Übernahmen seien noch möglich, sagte damals Spartenchef Andreas Renschler zur Begründung.
FINANCE-Köpfe
In dieselbe Kerbe schlug damals auch Volkswagen-Finanzchef Frank Witter, der die Hintertür für die Wolfsburger aber weit offenhielt: Die endgültige Entscheidung über einen möglichen IPO werde „abhängig vom Marktumfeld und zum gegebenen Zeitpunkt gefällt“. Noch Anfang März sagte Witter allerdings, der Börsengang sei eine „sehr erstrebenswerte Option“.
VW will Daimler angreifen
Ziel der VW-Tochter ist es, in den kommenden Jahren dem Branchenprimus Daimler gefährlich zu werden. Die VW-Lastwagensparte wurde vor knapp drei Jahren gegründet und konnte im vergangenen Geschäftsjahr 24 Milliarden Euro umsetzen. Seit der Gründung konnte die Sparte ein Umsatzwachstum von 16,8 Prozent verzeichnen, liegt trotzdem aber noch weit hinter dem Rivalen Daimler, der mit dem Verkauf von Lkws 2018 über 38 Milliarden Euro erwirtschaftete.
Genau für diese geplante Aufholjagd hatte der ehemalige VW-CEO und Aufsichtsratschef Ferdinand Piech den jetzigen Traton-CEO Renschler 2014 von Daimler geholt. Auch Tratons aktueller Finanzchef Christian Schulz arbeitete früher für Daimler. Traton benötigte einen neuen CFO, nachdem Schulz‘ Vorgänger Matthias Grendler mitten in den IPO-Vorbereitungen im vergangenen Mai aus persönlichen Gründen sein Amt niedergelegt hatte. Schulz sollte Traton IPO-reif machen und beispielsweise die Finanzabteilung professionalisieren sowie eine Equity Story erarbeiten.