Der börsennotierte Onlinehändler Windeln.de streicht seine Expansionspläne deutlich zusammen. Auslöser des Strategieschwenks sind hohe Verluste, durch die das Liquiditätspolster bedrohlich geschrumpft ist.
Nach vorläufigen Zahlen, die das Unternehmen am heutigen Dienstag vorlegte, hat Windeln.de 2017 bei einem Umsatz von rund 212 Millionen Euro einen bereinigten Verlust vor Zinsen und Steuern (Ebit) von 24 bis 26 Millionen Euro eingefahren. Die Netto-Cash-Position betrug zum Jahresende 2017 nur noch 25,7 Millionen Euro und ging allein im vierten Quartal um 4,9 Millionen Euro zurück. Anfang 2017 lagen noch rund 56 Millionen Euro in der Kasse.
Marketingkürzungen lassen Umsatz einbrechen
Jetzt zieht das Management die Notbremse. Von konzernweit 387 Stellen werden über 130 gestrichen, davon 87 bei der Osteuropatochter Feedo und der Rest in Deutschland. Zudem kürzt Windeln.de die Marketingausgaben und legt den geplanten Umzug des Zentrallagers nach Osteuropa auf Eis. Dadurch sollen die Vertriebs- und Verwaltungskosten um 4 bis 5 Millionen Euro sinken. Weitere Effizienzmaßnahmen wurden schon Mitte 2016 aufgelegt.
Die Folgen davon dürften im operativen Geschäft bald abzulesen sein. Weil Windeln.de schon seit einigen Monaten das Werbebudget knapp hält und das Sortiment strafft, brach der Umsatz im vierten Quartal gegenüber dem Vorjahreszeitraum um etwa 10 Prozent ein.
Windeln.de-Führung begräbt M&A-Strategie
Auch im Ausland nimmt das Management um die beiden in Kürze ausscheidenden Gründer Konstantin Urban und Alexander Brand sowie COO Jürgen Vedie und Finanzchef Nikolaus Weinberger tiefe Einschnitte vor. Das selbst aufgebaute Italiengeschäft wird wieder geschlossen, die vor drei Jahren übernommene Osteuropatochter Feedo soll verkauft werden.
„Um die Komplexität zu reduzieren, konzentrieren wir unser internationales Geschäft.“
Auch die bislang größte Übernahme von Windeln.de, der in Portugal, Spanien und Frankreich tätige Babyartikelhändler Bebitus, kommt nicht ungeschoren davon. Die Firmenspitze nimmt die gerade abgeschlossene Post-Merger-Integration zum Anlass, auch bei Bebitus die Kosten zu senken und das Sortiment auszudünnen.
Die Trennung von Feedo und die Kürzungen bei Bebitus sollen weitere 5 bis 6 Millionen Euro im Jahr einsparen.
Diese Maßnahmen haben Signalwirkung: „Wir konzentrieren unser internationales Geschäft auf den deutschsprachigen Raum, Spanien, Portugal, Frankreich und China, um die Komplexität im Konzern zu reduzieren“, erklärte Windeln.de in einer Pflichtmitteilung. Die 2015 ausgerufene M&A-Strategie, durch Zukäufe immer mehr regionale Märkte zu betreten, dürfte damit beendet sein.
Management zeichnet Kapitalerhöhung
Für weitere Zukäufe fehlen Windeln.de auch die finanziellen Mittel. CFO Weinberger ist gezwungen, die Marketingausgaben deutlich zu kürzen, damit dem börsennotierten Unternehmen nicht das Geld ausgeht. Die Einsparmaßnahmen sollen dazu führen, dass Windeln.de die operative Gewinnschwelle nun schon Anfang 2019 erreicht und nicht mehr erst im Lauf des nächsten Jahres, wie bislang in Aussicht gestellt.
Zudem kommen über eine kleine Kapitalerhöhung frische Mittel ins Unternehmen. Das aktuelle Management sowie der im Mai beginnende designierte CEO Matthias Peuckert und der österreichische Unternehmensberater Clemens Jakopitsch zeichnen neue Aktien, was rund 5 Millionen Euro in die Kasse spülen wird.
Windeln.de, eine frühere Venture-Beteiligung von Goldman Sachs und der Deutschen Bank, ging im Frühjahr 2015 zu einem Ausgabepreis von 18,50 Euro an die Börse. Unmittelbar danach begann eine jahrelange Talfahrt. Am Dienstagmittag sackte die Aktie um weitere 6 Prozent auf nur noch knapp über 2 Euro ab.
Info
Bei Windeln.de kommt es jetzt auf CFO Nikolas Weinberger an. Mehr zu seinem persönlichen und beruflichen Hintergrund in seinem FINANCE-Köpfe-Profil.