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Energiekosten werden zum existenzbedrohenden Faktor 

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Die Energiekrise trifft viele Unternehmen hart. Foto: Viktor  – stock.adobe.com
Die Energiekrise trifft viele Unternehmen hart. Foto: Viktor  – stock.adobe.com

Jahrzehnte nicht mehr gesehene Inflationsraten und ausufernde Energiepreise infolge des russischen Angriffskriegs in der Ukraine haben die deutsche Wirtschaft schwer angeschlagen. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes stieg die Teuerung im September gegenüber dem Vorjahresmonat um 10 Prozent auf den höchsten Stand seit mehr als 70 Jahren. Zahlreiche Unternehmen berichten über drastisch gestiegene Preise für Strom und Gas und haben nicht selten Schwierigkeiten, überhaupt einen Energieliefervertrag abschließen zu können. 

Zwar rechnen die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute in Deutschland für das laufende Jahr noch mit einem leichten Wachstum. Doch für das kommende Jahr – das gilt als ausgemacht – muss sich Deutschland auf einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um 0,4 Prozent einstellen. Im Frühjahr hatten die Institute für 2023 noch einen Anstieg des BIP um 3,1 Prozent erwartet.  

In dieser Revision zeigt sich das Ausmaß der Energiekrise, die auch von der Mehrheit der von FINANCE in Zusammenarbeit mit dem Beratungshaus Struktur Management Partner (SMP) befragten Restrukturierungsexperten und Finanzierer als das aktuell größte Problem identifiziert wird. 85 Prozent der Banker geben an, dass rasant gestiegene Energiepreise und Schwierigkeiten in der Energiebeschaffung bei den von ihnen betreuten Unternehmen zurzeit die größten Probleme verursachen, gefolgt von den noch immer nicht ausgestandenen Verwerfungen in den Lieferketten (66 Prozent) und der allgemein hohen Teuerung (64 Prozent). Das ist ein wichtiges Ergebnis des aktuellen Restrukturierungsbarometers.

Energiekosten schießen in die Höhe 

Dass sich die Energiekosten gar zu einem existenzbedrohenden Faktor für die von ihnen betreuten Unternehmen auswachsen könnten, glaubt immerhin noch jeder Zweite der befragten Finanziers (50 Prozent). Im Vergleich zur Erhebung aus dem Frühjahr dieses Jahres ist das noch einmal ein Anstieg um 8 Prozentpunkte. Immerhin: Ein Großteil der betreuten Unternehmen ist nach Einschätzung der befragten Restrukturierungsexperten in der Lage, die gestiegenen Preise vollständig (13 Prozent) oder zumindest teilweise (83 Prozent) an ihre Kunden weiterzugeben. 

Die seit dem Beginn des Ukraine-Kriegs verhängten Sanktionen gegen Russland verlieren dagegen für viele Unternehmen an wirtschaftlicher Bedeutung. Nur noch 24 Prozent der befragten Banker geben an, dass sich die Sanktionen stark auf die von ihnen betreuten Portfoliounternehmen auswirken (Frühjahr 2022: 40 Prozent). Das dürfte damit zusammenhängen, dass viele Firmen ihre Geschäftsaktivitäten in Russland inzwischen eingestellt und sich ganz aus dem Land zurückgezogen haben. 

Banken werden wählerischer bei Krediten 

Die Herausforderungen, denen die Unternehmen gegenüberstehen, und die trüben wirtschaftlichen Aussichten machen sich mittlerweile auch bei den Banken in der Kreditvergabe bemerkbar. 42 Prozent der befragten Restrukturierungsexperten geben an, dass ihr Haus in den vergangenen Wochen restriktiver vorgegangen ist; genauso viele verneinen das allerdings auch, und 15 Prozent können das nicht einschätzen. „Aktuell reagieren die Finanzinstitute noch nicht einheitlich. Restriktivere Kreditvergaben können aber nach und nach bei mehr Instituten folgen“, glaubt Georgiy Michailov von Struktur Management Partner. 

„Restriktivere Kreditvergaben können aber nach und nach bei mehr Instituten folgen.“

Georgiy Michailov, Struktur Management Partner 

Das deckt sich mit aktuellen Analysen der Europäischen Zentralbank, nach denen die Banken des Euroraums ihre Kreditvergabestandards im dritten Quartal dieses Jahres verschärft haben und das auch im laufenden vierten Quartal tun wollen. Gleichwohl glaubt die Mehrheit der Restrukturierungsexperten (73 Prozent) nicht daran, dass es zu einer Kreditklemme kommen wird. Nur 11 Prozent gehen davon aus, dass größere Teile der deutschen Wirtschaft absehbar keinen ausreichenden Zugang zu benötigten Bankdarlehen haben werden. 

Wie sich die Finanzierung von Restrukturierungsfällen derzeit darstellt, und wie sich Work-out-Abteilungen in Banken aufstellen: Das alles erfahren Sie in den ausführlichen Ergebnissen des 21. Restrukturierungsbarometers. Zu den vorhergehenden Umfragen geht es hier

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