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Restrukturierungs-News: Gerry Weber, Euroboden, Project Immobilien

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Gerry Weber kommt einen Schritt in der Restrukturierung voran. Foto: Tupungato - stock.adobe.com
Gerry Weber kommt einen Schritt in der Restrukturierung voran. Foto: Tupungato - stock.adobe.com

Gerry Weber: Gläubiger stimmen Restrukturierung zu

Grünes Licht für Gerry Weber: Die Gläubiger haben dem Restrukturierungsplan im Zuge des Starug-Verfahrens „mit großer Mehrheit“ zugestimmt, teilte das Unternehmen aus dem westfälischen Halle mit. Der erneut in Schieflage geratene Konzern wird im Zuge der Sanierung rund 150 Millionen Euro Schulden los.

Laut der „Wirtschaftswoche“ sollen nur die Forderungen der Großaktionäre Robus, Whitebox und JP Morgan bestehen bleiben, werden aber bis 2027 gestundet. Sie stellen auch neue Kredite bereit. Die Großaktionäre werden damit über eine gemeinsame Holding in Luxemburg Alleineigentümer.

Gerry Weber hatte im April, vier Jahre nach der Insolvenz, das Starug beantragt, die Einzelhandels-Tochter Gerry Weber Retail und die Österreich-Tochter gingen in Insolvenz. 122 von 171 Läden in Deutschland sollen bis Ende September geschlossen werden. Allen & Overy hat Gerry Weber beraten.

Luxuswohnungsbauer Euroboden meldet Insolvenz an

Mitte August hat der Luxusimmobilien-Entwickler Euroboden wegen drohender Zahlungsunfähigkeit Insolvenz angemeldet. Grund sei die weitere Verschlechterung der kurz- bis mittelfristigen Finanz- und Liquiditätsplanung, insbesondere „durch das unerwartete Scheitern von Verkaufsbemühungen für verschiedene Grundstücke“. Nach der Veröffentlichung der Einladungen zu den Anleihegläubigerversammlungen hätten sich ursprünglich eingeplante Mittelzuflüsse in zweistelliger Millionenhöhe als nicht mehr realisierbar herausgestellt.

Oliver Schartl von Meyer-Heydenreich Bierbach & Kollegen wurde zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt, der sich derzeit einen Überblick über die Gesamtsituation der Euroboden-Gruppe verschaffe. „Der Geschäftsbetrieb soll so schnell wie möglich stabilisiert werden. Im Vordergrund steht hierbei zunächst die Prüfung der wirtschaftlichen Lage der Euroboden“, so Schartl. One Square vertritt die Gläubigerinteressen im Gläubigerausschuss.

Projektentwickler Development Partner kippt um

Das nächste Immobilienunternehmen meldet Insolvenz an. Auch die Nürnberger Bauträgergruppe Project Immobilien hat für ihre Tochtergesellschaften Insolvenz angemeldet. Den Geschäftsbetrieb wollen die Juristen fortsetzen. Dabei wollen sie die Möglichkeiten einer Sanierung ebenso wie die Fortsetzung der Bauprojekte prüfen.

Laut Insolvenzverwalter Volker Böhm (Schultze & Braun) betreut das Unternehmen derzeit 118 laufende Bauprojekte, die insgesamt über 1.850 Wohnungen umfassen. Betroffen von dem Insolvenzverfahren sollen nicht nur die Käufer der Wohnungen sein, sondern auch rund 30.000 Privatanleger, die in die rund 20 Immobilienfonds der Immobiliengruppe rund 1,4 Milliarden Euro investiert haben.

Modehändler Madeleine in Eigenverwaltung

Der fränkische Modehändler Madeleine hat Insolvenz in Eigenverwaltung angemeldet. Als Sachverwalter wurde Stefan Debus von der Kanzlei Müller-Heydenreich Bierbach & Kollegen bestellt. Das Unternehmen wird bei der Restrukturierung und Investorensuche von Detlef Specovius, Michael Böhner und Christoph von Wilcken von der Kanzlei Schultze & Braun unterstützt.

Grund für die Insolvenz soll eine Kombination aus Preissteigerungen bei den Kollektionen und einem inflationsbedingten Umsatzrückgang sein. Die bisherigen Gesellschafter und Finanzierungspartner hätten die Liquiditätslücke nicht schließen können. Madeleine beschäftigt rund 230 Mitarbeiter und gehört seit 2015 zur Tristyle Group, die seit 2015 im Besitz des Private-Equity-Investors Equistone ist.

Weitere Insolvenz- und Sanierungsverfahren

Der Immobilienkonzern Gerchgroup meldet für vier Dachgesellschaften Insolvenz an. Betroffen sind die Gerchgroup AG, Gerch Development GmbH, Marathon Beteiligungsgesellschaft mbH und Gerch Beteiligungen GmbH, die sich in Eigenverwaltung sanieren wollen. Von dem Verfahren nicht betroffen sind zunächst die einzelnen Immobilien-Projektgesellschaften von Gerch. Als vorläufigen Sachwalter hat das Amtsgericht Düsseldorf Jens M. Schmidt von der Kanzlei Runkel Rechtsanwälte aus Wuppertal bestellt. Das Management wird zusätzlich von den Sanierungsexperten Raul Taras und Holger Rhode von der Kanzlei Görg und Thomas Montag von der Unternehmensberatung Montag & Montag unterstützt.

Nachdem der Hersteller für Autozubehör Kamei Insolvenzantrag gestellt hat, wurde Justus von Buchwaldt (BBL) zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. „Der Geschäftsbetrieb geht auch im vorläufigen Insolvenzverfahren vollumfänglich weiter“, betonte von Buchwaldt. „Alle Aufträge werden wie gewohnt weiterbearbeitet, es wird weiter gefertigt und ausgeliefert.“ Als Lösung wäre der Einstieg eines Investors oder ein Insolvenzplan möglich.

Die Aquis Care Gruppe ist insolvent. Das Amtsgericht in Düsseldorf eröffnete am 4. August das Insolvenzverfahren gegen den Pflegeheimbetreiber aus Ratingen. Am darauffolgenden Mittwoch, dem 9. August, wurde dasselbe Verfahren für weitere Gesellschaften der Gruppe eingeleitet. Zum vorläufigen Insolvenzverwalter von Aquis wurde Biner Bähr von White & Case bestellt.

Das Insolvenzverfahren des Möbelteilherstellers Christian Kröger wurde im August eröffnet. Der vorläufige Insolvenzverwalter Hans-Joachim Berner von Willmerköster habe den Investorenprozess begonnen. Das Familienunternehmen beschäftigt rund 120 Mitarbeiter.

Beendete Insolvenz- und Sanierungsverfahren

Takko Fashion schließt die finanzielle Restrukturierung und Refinanzierung ab. Mit der Transaktion wird die Mehrheit der Anteile des Unternehmens an eine Gruppe von Anleihegläubigern übertragen, die Vereinbarung wurde bereits im April 2023 beschlossen. Durch diese soll die Kapitalstruktur des Unternehmens erheblich gestärkt werden. Die Laufzeit der Finanzierung wird bis 2026 verlängert. Gleiss Lutz hat Takko dabei beraten.

Die Schraubenfabrik Sternberg steht kurz vor dem Abschluss der Sanierung, der Insolvenzplan wurde von den Gläubigern angenommen und vom zuständigen Gericht in Chemnitz bestätigt. 2021 hatte das Unternehmen, das rund 110 Mitarbeiter zählt, einen Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung gestellt. Als Sachwalter wurde Dirk Herzig von Schultze & Braun mandatiert. Die Sanierung des Schraubenwerks Sternberg war notwendig geworden, da sich laut eigenen Angaben das operativ gesunde Unternehmen aufgrund einer Schiedsgerichtsentscheidung im Zusammenhang mit einer Beteiligung an einem anderen Unternehmen mit einer Schadenersatzforderung in siebenstelliger Höhe konfrontiert sah.

Distressed-M&A-Deals

Die Hermann-Bettels-Gruppe übernimmt die insolvente Gießerei Heger Ferrit. Die Gründer-Familie Heger bleibt weiter am Unternehmen beteiligt und in operativer Verantwortung. Die Gläubiger der Heger Ferrit erhalten aus den Planbeiträgen des Investors eine Planquote. Mit dem Distressed-Deal soll das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung Ende August oder Anfang September aufgehoben werden. Als Sachwalter für die Eigenverwaltung bestellte das Gericht Tobias Wahl von der Kanzlei Anchor Rechtsanwälte. SZA Schilling, Zutt & Anschütz (Marc-Philippe Hornung) hat Heger Ferrit beraten.

Weitere Restrukturierungen und Branchen-News

Der finanziell angeschlagene Spielwarenhersteller Haba stellt die Marke Jako-o im Zuge der Firmentransformation ein. Das Unternehmen aus dem oberfränkischen Bad Rodach will sich wieder stärker auf die Kernbereiche Spielwaren und Ausstattung konzentrieren. Das Unternehmen befinde sich aktuell in der größten Umstrukturierung der mehr als 85-jährigen Firmengeschichte.

Alle Unternehmen, die Überbrückungshilfen erhalten haben, sind dazu verpflichtet, bis zum 31. Oktober eine Schlussabrechnung einzureichen oder eine Fristverlängerung zu beantragen. Aus der Schlussabrechnung ergibt sich die Höhe einer etwaigen Rückzahlung – entscheidend ist die Differenz zwischen den Schlussabrechnungs-Zahlen und den (teilweise geschätzten) Angaben im Antrag. In Einzelfällen ist eine Fristverlängerung bis zum 31. März 2024 möglich.

Sarah Backhaus ist Redakteurin bei FINANCE und DerTreasurer. Backhaus ist spezialisiert auf die Themen Restrukturierung, Transformation, Zahlungsverkehr und Cash Management. Sie hat Journalismus an der Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft in Köln studiert. Sarah Backhaus arbeitete während ihres Studiums unter anderem für Onlinemagazine von Gruner + Jahr und schrieb als freie Journalistin für die Handelszeitung, faz.net und Impulse.