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Insolvenz in Eigenverwaltung: Diese Grundsätze gelten ab 2021

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Das Zusammenspiel zwischen Restrukturierern, Management und Sachwalter muss bei der Insolvenz in Eigenverwaltung stimmen.
Morakot - stock.adobe.com

Im Krisenfall streben viele Unternehmen eine Insolvenz in Eigenverwaltung an. Der Grund: Anders als bei einer Fremdverwaltung behält das schuldnerische Unternehmen im Rahmen der Eigenverwaltung sowie des Schutzschirmverfahrens die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis. Das bedeutet, dass die handelnden Personen im Amt bleiben und das Verfahren ohne einen Insolvenzverwalter, nur unter Aufsicht eines Sachwalters abläuft.

Mit Beginn dieses Jahres hat der Gesetzgeber einige Vorschriften im Insolvenzrecht geändert. So trat das StaRUG mit dem präventiven Restrukturierungsrahmen in Kraft. Die Eigenverwaltung und das Schutzschirmverfahren sind durch das Sanierungs- und Insolvenzrechtsfortentwicklungsgesetz (SanInsFoG) reformiert worden. Mit dessen Einführung gelten nun höhere Anforderungen an eine Insolvenz in Eigenverwaltung, allenfalls bis zum 31. Dezember 2021 bleibt unter bestimmten Voraussetzungen noch eine Eigenverwaltung unter den bisherigen Regelungen möglich.

Vorbereitung der Eigenverwaltung ist zentral

Um das Vertrauen der Gläubiger zu gewinnen und alle Sanierungsmöglichkeiten nutzen zu können, sind in Eigenverwaltungsverfahren insolvenzrechtliche Expertise und eine gewissenhafte Vorbereitung unerlässlich. Der Verein „Forum 270“, in dem sich Restrukturierungsexperten zusammengeschlossen haben, hat sich der Qualität und Verantwortung in der Eigenverwaltung verschrieben und bereits Ende 2018 Grundsätze einer ordnungsgemäßen Insolvenz in Eigenverwaltung aufgestellt. Diese nehmen die Vorbereitung und Umsetzung intensiv in den Blick.

Damit ein reibungsloser Start in das Verfahren gelingt, sollte ein starker Fokus darauf liegen, die Eigenverwaltung umfassend vorzubereiten. Die Kommunikation mit den Stakeholdern und eine verfahrensbezogene Liquiditäts- und Ergebnisplanung sind dafür unerlässlich.

„Die Zugangsvoraussetzungen in ein Eigenverwaltungsverfahren sind erhöht worden.“

Die Zugangsvoraussetzungen in ein Eigenverwaltungsverfahren sind mit den jüngsten Änderungen zum Jahreswechsel erhöht worden. Bereits beim Antrag auf Eigenverwaltung müssen Unternehmen nun eine für das Insolvenzverfahren spezifische Liquiditäts- und Ergebnisplanung für die ersten sechs Monate nach der Einleitung des Verfahrens vorlegen. Die Planung muss dabei nicht nur die Kosten zur Fortführung des Geschäftsbetriebs in der Eigenverwaltung, sondern auch die Verfahrenskosten berücksichtigen. 

Unternehmen müssen detailliert planen

Die Unternehmensverantwortlichen müssen in ihrer Planung alle positiven und negativen Effekte des Eigenverwaltungsverfahrens abbilden. Dazu zählen Effekte, die die Liquidität schonen – etwa die Vorfinanzierung des Insolvenzgeldes für die Arbeitnehmer – aber auch belastende Effekte. So verändern sich beispielsweise häufig die Zahlungsbedingungen gegenüber Lieferanten und Dienstleistern, da diese in einer solchen Situation oft auf Vorkasse umstellen.

Einen besonderen Wert legt der Gesetzgeber darauf, dass die insolvenzrechtlichen Pflichten eingehalten werden: Das Unternehmen muss in der Lage sein, seine Geschäftsführung an den Interessen der Gläubiger auszurichten. Dafür benötigt es in der Regel insolvenzrechtliche Expertise durch einen Eigenverwaltungsgeschäftsführer, einen Generalbevollmächtigten oder zumindest durch insolvenzrechtlich erfahrene Berater. Sie kommen häufig schon zum Einsatz, wenn das Unternehmen seine Optionen analysiert und die Eigenverwaltung vorbereitet. 

Eigenverwaltung: Aufgaben sinnvoll verteilen

Unternehmen sollten die in der Eigenverwaltung anfallenden Aufgaben intern sinnvoll verteilen, indem der als Experte hinzugezogene Sanierer die insolvenzrechtlichen Aufgaben übernimmt, während sich die bisherige Geschäftsführung um die Fortführung des operativen Geschäfts kümmert. Zudem sollten die Verantwortlichen in einer Geschäftsordnung mit dem Sachwalter, der von einem Gericht bestellt wird, die Entscheidungswege transparent darlegen. Der Sachwalter sollte zudem Einblick in sämtliche Geschäftsvorgänge erhalten.

Der vom Unternehmen hinzugezogene Insolvenzexperte übernimmt in der Regel während des Eigenverwaltungsverfahrens die Kommunikation und die Abstimmung mit dem Gläubigerausschuss sowie dem Insolvenzgericht. Über die bisherige Geschäftsführung laufen dagegen meist weiterhin die Kunden- und Lieferantenkontakte, idealerweise übernimmt sie zudem die interne Kommunikation.

Restrukturierungsrahmen oder Eigenverwaltung?

Die Eigenverwaltung und das Schutzschirmverfahren bieten – im Gegensatz zum präventiven Restrukturierungsrahmen nach dem StaRUG – auch umfassende Instrumente zur operativen Sanierung. So können Unternehmen in der Eigenverwaltung Dauerschuldverhältnisse beenden, es greifen kürzere Kündigungsfristen bei der Beendigung von Arbeitsverhältnissen und die Sozialplanvolumina sind begrenzt. Darüber hinaus profitiert das Unternehmen von einem positiven Effekt des Insolvenzgelds und kann diesen nutzen, um Liquidität aufzubauen. 

Beim Gang in die Eigenverwaltung muss ein Unternehmen seit Jahresanfang auch ein Konzept für die Durchführung des Insolvenzverfahrens vorlegen. Dieses Konzept muss sowohl das Ziel des Verfahrens als auch die sich daraus ableitenden Maßnahmen beinhalten. Das Insolvenzverfahren bietet die Möglichkeit, über einen Insolvenzplan mit einfacher Mehrheit Schuldenschnitte zu vereinbaren und gesellschaftsrechtliche Maßnahmen, etwa Kapitalherabsetzungen, umzusetzen. Weitere Optionen in der Eigenverwaltung sind eine übertragende Sanierung über einen Asset Deal oder die Liquidation.

Die neuen gesetzlichen Regeln können mit den detaillierteren Anforderungen dazu beitragen, dass Eigenverwaltungsverfahren besser vorbereitet werden. Das wertet die Verfahren auch in der Wahrnehmung der Beteiligten auf. In erster Linie aber sorgt eine intensive Vorbereitung dafür, dass die Restrukturierungschancen im Verfahren steigen.

Info

Die Autoren

Alexander Reus ist Partner bei Anchor in München, er ist spezialisiert auf die Bereiche Restrukturierung und Eigenverwaltung.

Silvio Höfer ist Partner und Fachanwalt für Arbeitsrecht bei Anchor in Hannover und sowohl in der Eigenverwaltung, als auch als Sach- und Insolvenzverwalter tätig.

Dr. Florian Harig ist Partner bei Anchor in Hannover und auf insolvenzrechtliche Beratung und Eigenverwaltung spezialisiert. 

Alexander Reus ist Partner bei Anchor. Zu seinen Schwerpunkten zählt die Beratung zu verschiedenen Sanierungsoptionen wie Eigenverwaltung und Schutzschirmverfahren.

Dr. Florian Harig ist Partner bei Anchor und begleitet Unternehmen bei Sanierungen über den Restrukturierungsrahmen, in Eigenverwaltungs- und Schutzschirmverfahren sowie Insolvenzplanverfahren.

Silvio Höfer ist Partner und Fachanwalt für Arbeitsrecht bei Anchor in Hannover und sowohl in der Eigenverwaltung, als auch als Sach- und Insolvenzverwalter tätig.