Die Coronavirus-Krise hat die Dringlichkeit von digitalen Lösungen anschaulich gezeigt. Während des Lockdowns waren es gerade Unternehmen mit fortgeschrittenen Technologien, die ihre Arbeit relativ unbeeinträchtigt fortsetzen und Produkte und Services weiterhin anbieten konnten: Unternehmen, die ihre Produkte über Onlineshops anbieten oder über Warenwirtschaftssysteme mit Kunden und Lieferanten vernetzt sind, aber auch Industriebetriebe mit einem hohen Grad an Automatisierung in der Produktion sowie Firmen, deren Mitarbeiter ortsunabhängig in der Cloud arbeiten können.
Wegen der Erfahrungen aus der Coronakrise treiben viele Unternehmen ihre Digitalisierung derzeit massiv voran. Laut einer Studie von Bitkom Research für den IT-Dienstleister TCS haben 75 Prozent der Befragten ihre Investitionen in digitale Technologien, Prozesse und Ausrüstung erhöht. Im Branchenvergleich sind hier beim Maschinen- und Anlagenbau die Bestrebungen mit 80 Prozent am höchsten.
Wie lassen sich Investitionen finanzieren?
Für viele Unternehmen stellen Entwicklungen wie Industrie 4.0 oder Abo-Geschäftsmodelle wie „Functions on Demand“ interessante Ansätze dar, um sich langfristig wirtschaftlicher aufzustellen und sich für künftige Krisen zu rüsten. Doch die Finanzierung solcher Investitionen ist gerade für Mittelständler nicht immer leicht. Denn die Umsätze und damit die Liquidität stehen bei vielen Unternehmen seit dem Lockdown erheblich unter Druck. Die verfügbaren Mittel werden häufig für das operative Geschäft gebraucht.
Klassische Hausbanken können in dieser Situation oft wenig weiterhelfen: Viele Banken erwarten in der gegenwärtigen Lage einen starken Ausfall bei den bestehenden Krediten und verschärfen ihr Risikomanagement. Das heißt für Firmenkunden: Die Banken halten sich bei der Kreditvergabe eher zurück. Gerade, wenn Unternehmen das benötigte Kapital in die Weiterentwicklung von Geschäftsmodellen oder interne Prozesse investieren wollen, tun sich viele klassische Geldgeber im aktuellen Umfeld schwer mit neuen Kreditzusagen.
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Ein neuer Kredit für Investitionen stellt für die Banken ein schwer kalkulierbares Wagnis dar. Zudem hat sich die Bonitätseinstufung nicht weniger Mittelständler seit Ausbruch der Coronakrise verschlechtert. Einige Mittelständer können aus diesen Gründen auf dem klassischen Finanzierungsweg zurzeit keine Liquidität für Investitionen erhalten. Für sie kann jedoch eine objektbasierte Finanzierung eine Lösung sein, um finanziellen Rückhalt für neue Projekte finden.
Liquidität aus Anlagevermögen gewinnen
Durch das Modell Sale-and-Lease-Back (SLB) etwa können insbesondere produzierende und verarbeitende Betriebe mit umfangreichem Maschinen-, Anlagen- oder Fuhrpark Liquidität freisetzen. Dazu verkauft ein Unternehmen seine werthaltigen Objekte an einen Finanzierer und least sie direkt im Anschluss zurück. Da das firmeneigene mobile Anlagevermögen verkauft und kein fremdes Kapital ins Unternehmen geholt wird, handelt es sich bei SLB um eine reine Innenfinanzierung. Dadurch können oft auch stille Reserven gehoben werden.
Das Modell kommt auch in Krisenzeiten oder bei angespannter wirtschaftlicher Lage zum Einsatz: Da das Augenmerk rein auf Anzahl, Werthaltigkeit, Mobilität und Gängigkeit der an den Finanzierer zu verkaufenden Objekte liegt, spielt die Unternehmensbonität kaum eine Rolle. Zudem ist der Zeitraum von der ersten Anfrage bis zur Auszahlung der Mittel in der Regel kürzer als bei einem klassischen Kredit. Durch das unmittelbar an den Verkauf anschließende Leasing der Maschinen kann das Tagesgeschäft wie gewohnt weiterlaufen, die verkauften und zurückgeleasten Objekte bleiben an ihren gewohnten Standorten.
Waren als Kreditsicherheiten?
Investitionen in neue Geschäftsmodelle oder verbesserte Prozesse lassen sich auch über werthaltiges Umlaufvermögen realisieren. Der objektbasierte Ansatz wird auch als „Asset Based Credit“ bezeichnet. Das Prinzip: Marktgängige Waren und Rohstoffe, aber auch mobiles Anlagevermögen wie Maschinen oder Sachwerte dienen als Sicherheiten für einen kurzfristigen Kredit. Bei typischen Bankdarlehen können solche Objekte dagegen meist nicht zur Besicherung eingesetzt werden.
Bei „Asset Based Credit“-Finanzierungen spielt die Bonität des Unternehmens eine untergeordnete Rolle. Entscheidend ist vor allem die Verwertbarkeit des Sicherungsgutes: Es sollte marktfähig und damit gut handelbar sein, damit der Finanzierer es als Sicherheit akzeptiert. Daher eignet sich diese Finanzierungsform auch besonders gut für E-Commerce Unternehmen aus dem B2B-Bereich sowie für produzierende Unternehmen mit einem umfangreichen Bestand an Commodities.
Carl-Jan von der Goltz ist geschäftsführender Gesellschafter von Maturus Finance, einem Anbieter für objektbasierte Finanzierungslösungen.