Finanzvorständin Bettina Orlopp steht künftig an der Spitze der Commerzbank. Der Aufsichtsrat von Deutschlands zweitgrößter Privatbank hat die 54-Jährige zur neuen Vorstandsvorsitzenden und damit zur Nachfolgerin von Manfred Knof bestellt.
CFO Orlopp, die derzeit schon als stellvertretende Vorstandsvorsitzende aktiv ist, soll ihren neuen Posten als CEO schon in wenigen Tagen antreten. Die Commerzbank hatte zunächst offen gelassen, wann der Wechsel stattfinden soll, aber am heutigen Mittwochmittag dann mitgeteilt, dass Knof die Bank bereits zum 30. September verlassen und Orlopp anschließend übernehmen werde. Knofs Vertrag wäre offiziell noch bis Ende 2025 gelaufen, er hatte aber bereits Anfang September mitgeteilt, dass er keine zweite Amtszeit als CEO absolvieren will. Er steht seit 2021 an der Spitze des Instituts.
Aufsichtsratschef Jens Weidmann würdigte Knofs Verdienste; er habe die Commerzbank wieder zurück in die Erfolgsspur geführt. „Durch seine Bereitschaft, den Wechsel im Vorstandsvorsitz angesichts der gegenwärtigen Herausforderungen zeitnah zu vollziehen, beweist er erneut, dass er sein Handeln jederzeit am Wohl der Bank orientiert hat. Ich wünsche Herrn Knof in höchster Wertschätzung persönliches Wohlergehen und Erfolg in allem, was er sich vornimmt“, so Weidmann.
Commerzbank schließt Führungsvakuum
Dass die Commerzbank es eilig hat mit dem Führungswechsel, liegt an den Ereignissen der vergangenen zwei Wochen: Just einen Tag, nachdem das Geldhaus den Abgang von CEO Knof kommuniziert hatte, wurde bekannt, dass sich die italienische Großbank Unicredit 9 Prozent der Anteile an der Commerzbank gesichert hat und mit weiteren Anteilskäufen liebäugelt.
Das ist mindestens kommunikativ unglücklich. Allerdings werden auch kritische Stimmen laut, dass es unklug gewesen sei, den anstehenden Führungswechsel ausgerechnet dann einzuläuten, als der Bund als größter Anteilseigner der Commerzbank gerade begonnen hatte, seine Anteile sukzessive zu veräußern. Mehr dazu im Kommentar.
Die Unicredit hatte sich das erste Aktienpaket des Bundes gesichert und so auf einen Schlag 4,49 Prozent am deutschen Wettbewerber erworben. Zusammen mit den weiteren Anteilen, die die Italiener sich zuvor schon unbemerkt gesichert hatten, wurden sie so über Nacht zum zweitgrößten Aktionär der Commerzbank.
Seitdem steht die Option einer Komplettübernahme im Raum. Und Unicredit-Chef Andrea Orcel schafft Fakten: Zwei Wochen nach dem Kauf des Aktienpakets vom Bund hat die Unicredit angekündigt, über Finanzinstrumente ihren Anteil an der Commerzbank auf 21 Prozent hochschrauben zu wollen. Vor dem Vollzug braucht sie allerdings noch eine Genehmigung der Europäischen Zentralbank (EZB). Gibt diese grünes Licht, wird die Unicredit zum größten Aktionär der Commerzbank.
Bettina Orlopp galt als Favoritin für CEO-Posten
Angesichts der Forschheit der Italiener und der Ungewissheit über die eigene Zukunft musste die Commerzbank schnellstmöglich ihre offene Führungsfrage klären. Durch die interne Nachfolgeregelung sichert der Aufsichtsrat nun einen nahtlosen Übergang an der Spitze. CFO Bettina Orlopp arbeitet seit zehn Jahren für die Commerzbank und galt davor schon vielen als passende Kandidatin für den CEO-Posten, sollte Knof abtreten.
Die ehemalige McKinsey-Beraterin war 2014 als Bereichsvorständin Development und Strategy zur Bank gewechselt. Ab Mai 2016 verantwortete sie dann als Generalbevollmächtigte die Bereiche Compliance, Human Resources und Legal, bevor sie im November 2017 zum Mitglied des Vorstands ernannt wurde. Im März 2020 wechselte sie das Ressort und ist seitdem als Finanzvorständin für die Themen Finance, Investor Relations, Tax und Treasury verantwortlich. Sie hatte wesentlichen Anteil daran, die Commerzbank wieder zurück in die Erfolgsspur zu bringen.
Wer künftig Orlopps Aufgaben als CFO übernimmt, steht bisher nicht fest. Bis die Nachfolge im Finanzressort geregelt wurde, wird Orlopp in Personalunion CEO und CFO sein.
Firmenkundenvorstand Kotzbauer wird CEO-Stellvertreter
Zusammen mit Orlopps Ernennung zur CEO steigt auch der Vorstand des Firmenkundengeschäfts Michael Kotzbauer auf, der künftig als stellvertretender Vorstandsvorsitzender agieren soll. Beide erhalten einen Vertrag über fünf Jahre.
Der 56-jährige Kotzbauer hat schon seine Banklehre bei der Commerzbank absolviert. Nach einem BWL-Studium trat er in den Firmenkundenbereich ein und war dort in verschiedenen Stationen im In- und Ausland aktiv. Seit Jahresanfang 2021 ist er als Vorstand für das Firmenkundengeschäft zuständig.
„Als Mitarchitekten der Strategie bis 2027 stehen Bettina Orlopp wie auch Michael Kotzbauer für Wachstum, Profitabilität, Kundenfokus und Zusammenarbeit“, sagt Aufsichtsratschef Jens Weidmann und fügt hinzu: „Gerade in der jetzigen Phase der Bank sind klare Verantwortlichkeiten entscheidend.“
Lena Scherer ist Redakteurin bei FINANCE. Sie hat Publizistik, Anglistik und Komparatistik an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz studiert und nebenbei für verschiedene Redaktionen gearbeitet. Bevor sie zu FINANCE kam, war sie mehr als acht Jahre lang beim Branchen-Fachdienst buchreport aktiv, zuletzt als Co-Chefredakteurin. Dort hat sie unter anderem Marktanalysen vorgenommen sowie die Bereiche Fachinformation, Recht/Wirtschaft/Steuern und Digitales betreut.
