Der frühere Bundesbank-Präsident Helmut Schlesinger ist am 23. Dezember im Alter von 100 Jahren verstorben. Der gebürtige Oberbayer stand von Sommer 1991 bis Herbst 1993 an der Spitze der Notenbank, also in der Zeit kurz nach dem Mauerfall. Seine Laufbahn bei der Zentralbank hatte er bereits 1952 bei deren Vorgängerin begonnen, der „Bank deutscher Länder“.
Schlesinger war unter anderem ein Verfechter einer stabilen D-Mark, was ihm auch internationale Anerkennung einbrachte. Heute gilt es auch als sein Verdienst, dass sich der Stabilitätsgedanke nach dem Vorbild der Bundesbank in ganz Europa ausbreitete.
Bundesbankpräsident Nagel gedenkt seinem Vorgänger
„Helmut Schlesingers Handeln folgte stets klaren und festen Linien mit dem Ziel der Geldwertstabilität“, schrieb Bundesbankpräsident Joachim Nagel in einem Nachruf: „In seinen mehr als 41 Jahren bei der Bundesbank hat er einen großen Beitrag dazu geleistet, dass die D-Mark eine der stabilsten Währungen der Welt war und auch zu dem Stabilitätsanker im späteren Europäischen Währungssystem wurde.“
Vor dem Einstieg bei der im Aufbau befindlichen Notenbank arbeitete Schlesinger von 1949 bis 1952 als Referent beim Ifo Institut und promovierte in den frühen Jahren der Bundesrepublik in Volkswirtschaft. Bei der Bundesbank wurde er 1964 Leiter der Hauptabteilung Volkswirtschaft und Statistik, von 1972 an war er Mitglied des Direktoriums der Bundesbank und ihr Chefvolkswirt.
Ab dem 1. Januar 1980 bekleidete er das Amt des Vizepräsidenten der Bundesbank. Zum Präsidenten der Zentralbank wurde er am 1. August 1991 ernannt. Dieses Amt übte er bis zum Eintritt in den Ruhestand Ende September 1993 aus.
In der Börsen-Zeitung mahnte Schlesinger 1992 alle wirtschaftlichen und politischen Akteure, auf die währungspolitische Stabilität zu achten: „Stabiles Geld braucht nicht nur eine stabilitätsorientierte Politik von Regierung und Notenbank. Sie braucht ein entsprechendes Verhalten der Wirtschaft, der Tarifpartner und der Konsumenten – gewissermaßen eine ‚Stabilitätskultur‘ in Öffentlichkeit und Politik.“ Dieses Credo wirkt auch heute hoch aktuell.
Raphael Arnold ist Redakteur bei FINANCE. Er studierte in Gießen und Alexandria (Ägypten) Geschichte, Geografie und Arabisch. Schon vor und während des Studiums schrieb er für verschiedene Tageszeitungen. Bei den Nürnberger Nachrichten absolvierte er ein Volontariat und arbeitete im Anschluss in deren Wirtschaftsredaktion. Danach war er über 13 Jahre für den US-Investment News Service OTR Global als Researcher und Projektmanager tätig. Beim Juve Verlag verantwortete er bis Oktober 2024 knapp acht Jahre lang die Österreich-Publikationen.