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Kommuniziert Private Equity noch richtig?

Sie ziehen Bilanz nach jeweils über 20 Jahren in der Private-Equity-Kommunikation: Jantje Salander (Hannover Finanz) und Thomas Franke (Deutsche Beteiligungs AG). Foto: FINANCE
Sie ziehen Bilanz nach jeweils über 20 Jahren in der Private-Equity-Kommunikation: Jantje Salander (Hannover Finanz) und Thomas Franke (Deutsche Beteiligungs AG). Foto: FINANCE

17 Jahre, nachdem die Heuschreckendebatte über die Branche hereingebrochen ist, genießen die Private-Equity-Häuser in Deutschland an der Public-Relations-Front gerade relative Ruhe. Zwischen Corona, Inflation und Ukraine-Krieg ist das Vorgehen von Private Equity bei deutschen Mittelständlern für die Öffentlichkeit gerade kein großes Thema. Doch nicht nur die Private-Equity-Veteranen, die die Heuschreckendebatte noch mit erlebt haben, wissen, dass sich das schnell ändern kann. Eine spektakuläre Pleite eines Portfoliounternehmens, eine clevere Kampagne von Branchengegnern, und schon könnte Private Equity wieder ins Visier von Presse und Politik geraten.

Zwei der erfahrensten Kommunikatoren des Private-Equity-Geschäfts werden damit bald nichts mehr zu tun haben. Jantje Salander und Thomas Franke ziehen sich in wenigen Wochen nach jeweils über 20 Jahren aus ihren Positionen als Kommunikationschefs der Hannover Finanz beziehungsweise der Deutschen Beteiligungs AG (DBAG) zurück. Außer ihren beiden Arbeitgebern gibt es nur ganz wenige PE-Häuser, die inhouse einen eigenen Kommunikationschef beschäftigen. Viele Häuser arbeiten in der Öffentlichkeitsarbeit bei Bedarf mit externen Agenturen zusammen, manche kommunizieren gar nicht. Ein Versäumnis?

Ist reine Deal-Kommunikation zu wenig?

Im gemeinsamen FINANCE-Interview sind sich Salander und Franke einig, dass sie das nicht so sehen. „Wirtschaftlich lohnt sich eine eigene Inhouse-Kommunikation eher nicht für Häuser, die nur ein, zwei Deals pro Jahr machen und nicht selbst aktiv kommunizieren möchten“, sagt Salander.

Sie persönlich hält es aber nicht für klug, wenn sich Private-Equity-Häuser bei der Kommunikation nur auf die nötigsten Eckdaten des Deals beschränken: „Insbesondere wenn Versicherungen oder Pensionsfonds zu ihren Investoren gehören, ist es für eine Beteiligungsgesellschaft sinnvoll, den gesellschaftlichen Bezug von Private Equity darzustellen. Man kann ruhig aktiver aufzeigen, wie die Arbeit des Fonds letztlich auch den Unternehmen, der Gesellschaft und den Menschen nutzen kann, die an den Erträgen ihrer Versicherung oder Pensionskasse finanziell teilhaben.“

„Entscheidend ist nicht, ob man die Kommunikation intern oder extern organisiert. Man muss sich klarmachen, was man überhaupt kommunizieren möchte.“

Thomas Franke, Leiter Unternehmenskommunikation, DBAG

Müssen Private-Equity-Häuser eine Marke sein?

Franke ergänzt den Gedanken um das Thema Markenbildung und Positionierung: „Entscheidend ist für mich nicht die Frage, wie genau man die Kommunikation organisiert, ob intern oder extern. Man muss sich klarmachen, warum, was und wie man überhaupt kommunizieren möchte. Davon hängt die Organisation ab. Will ein Fonds selbst Geschichten und Content kreieren, regelmäßig in den Medien auftauchen, sich auf diese Weise von den Wettbewerbern abheben, dann halte ich die Einstellung eines eigenen Kommunikationsverantwortlichen für sehr hilfreich.“

Das Argument liefert der Kommunikationschef der DBAG gleich mit: „Diese Person kann eigene Kontakte zu Journalisten und anderen Stakeholdern aufbauen, die nur dem Fonds gehören. Agenturen hingegen betreuen oft viele Private-Equity-Kunden parallel und teilen die Airtime, die ihnen ihre Pressekontakte geben, dann am Ende unter all ihren Kunden auf.“

Fallweise arbeitet auch die DBAG trotz eigener Kommunikationsabteilung mit Agenturen zusammen. Franke glaubt, dass PE-Häuser mit eigener Kommunikationsexpertise „auch einen Vorteil davon haben, die passende Kommunikationsagentur auszuwählen und sie angemessen zu steuern. Ein Kommunikationsexperte ist dafür näher dran als der Vorstand, dessen Assistentin oder der Deal-Captain.“

Die wichtigste Aufgabe: Krisen abwenden

Dass Kommunikation nicht nur Kosten erzeugt, sondern auch zählbaren Nutzen bringen kann, wenn man sie aktiv betreibt, berichten beide anhand von Beispielen aus ihrer eigenen Arbeit. Beide sehen es zum Beispiel als wichtigen Teil ihrer Aufgabe, Unheil von ihren Arbeitgebern abzuwenden. Und dies kann schnell passieren, wie beide erlebt haben.

Salander: „Ein Portfoliounternehmen der Hannover Finanz drohte einmal in einen Lebensmittelskandal mit hineingezogen zu werden, den ein Kunde dieses Unternehmens zu verantworten hatte. Wir haben dafür gekämpft, das Unternehmen aus dem Kreuzfeuer der Presse herauszuhalten. Ich glaube, ohne unsere Beratung wären die Manager des Unternehmens in diese Falle hineingelaufen. Das hätte übel ausgehen können.“  

Über der DBAG braute sich einmal ein Sturm zusammen, als ein Portfoliounternehmen mit über 2.000 Mitarbeitern – einer der wichtigsten Arbeitgeber der Region – in wirtschaftliche Schwierigkeiten geriet. Franke: „Wir haben mit dem Schlimmsten gerechnet, damit, dass die Presse uns als Gesellschafter und Private Equity als Branche zum Schuldigen macht. Auf diesen Fall haben wir uns intensiv vorbereitet, aber zum Glück ist dieser Sturm dann an uns vorbeigezogen.“

„Private Equity betreibt immer noch zu viel Verkündigungs-PR.“

Jantje Salander, Leiterin Unternehmenskommunikation, Hannover Finanz

Was die Presse falsch macht

Kommunikative Katastrophen abzuwenden, die das Zeug haben, das Image und die Arbeit eines Fonds schwer zu beeinträchtigen, sind das eine. Das eigene Haus in der Öffentlichkeit präsenter und attraktiver zu machen, das andere, wie Franke sagt: „Private Equity stößt Veränderungsprozesse in Unternehmen an, versucht, deren Wachstumsgrenzen zu überwinden. Das ist etwas Positives für den Standort Deutschland! Darüber wird von uns zu wenig kommuniziert – aber von der Presse auch zu wenig berichtet“, kritisiert der scheidende DBAG-Kommunikationschef.

Salander bemängelt, dass „Private Equity immer noch zu viel Verkündigungs-PR“ betreibe und die Hintergründe von Transaktionen nicht erkläre. „Warum wurde dieser Deal gemacht? Was hat der Fonds mit dem Unternehmen vor? Welches Potential hat es? Außerhalb des engsten Kreises erfährt das alles meistens niemand. Da lässt die ganze Branche kommunikativ viel zu viel liegen, da sehe ich eine Menge Potential für die Zukunft.“

Bei der Hannover Finanz hat sie nach eigener Aussage zumindest teilweise versucht, diese Botschaften zu vermitteln – nicht bei den großen Titeln, sondern im regionalen Umfeld von Portfoliounternehmen des niedersächsischen Finanzinvestors, einem der ältesten in Deutschland. „Bei fast allen Transaktionen, die wir machen, nehme ich gezielt Kontakt zur Lokalpresse in den Orten auf, in denen die Portfoliounternehmen sitzen.“

Kein Private-Equity-Speech für die Lokalpresse

Doch dabei stellt sich eine Herausforderung, für die Salander die klassischen Kommunikationsagenturen nicht optimal aufgestellt sieht: „Die knackige, durchdesignte Private-Equity-Botschaft fällt dort nicht auf fruchtbaren Boden, schlicht aus dem Grund, dass dort meistens das nötige Fachwissen fehlt, weil Private Equity für Lokaljournalisten im Alltag völlig irrelevant ist. Entsprechend interessieren sich die regionalen Medien auch für ganz andere Informationen als für Kaufpreis, Leverage und Deal-Berater.“ 

Franke teilt diese Meinung, sieht aber bei der Vermittlung der Botschaft eine deutliche Schwäche der Private-Equity-Szene – nicht nur bezüglich lokalen Stakeholdern, sondern auch darüber hinaus: „Für mich einer der größten Fehler in der Private-Equity-Kommunikation ist, eine Sprache zu wählen, die kaum jemand versteht. Diese Versuchung ist in unserem angelsächsisch geprägten Geschäft sehr groß. Aber man kommt als PE-Haus ja nicht nur in der Finanzpresse vor.“

In Summe sehen die beiden scheidenden Kommunikationschefs die Branche in Sachen Öffentlichkeitsarbeit aber auf einem guten Weg. Dass sich so etwas wie die Heuschreckendebatte mit all ihren Konflikten und Imageschäden wiederholt, können sich beide nicht vorstellen. Dafür sei die Branche kommunikativ inzwischen zu gut vernetzt, die Beziehungen zu Medien, Gewerkschaften, Politikern seien stabil.

„Zumindest in den Qualitätsmedien – den Zeitungen und Fachpublikationen mit ihren Online-Ausgaben – ist das Verständnis darüber, was Private Equity macht, in den vergangenen zehn Jahren deutlich gewachsen“, findet Franke. „Das ist ein großer Erfolg für die gesamte Branche.“ Auch Salander zieht ein positives Fazit: „Die Zeit, die wir eingesetzt haben, um zu erklären, wie Private Equity funktioniert und welchen Nutzen es stiften kann, hat sich absolut gelohnt.“