Bilanzkontrolle: Abschied von der DPR
Mit dem Jahreswechsel gibt es eine grundlegende Veränderung in der Bilanzkontrolle: Sie wird von einem zweistufigen auf ein einstufiges System umgestellt. Das ist eine Folge des Wirecard-Skandals, durch den auch die Arbeit der Kontrollorgane Bafin und DPR in die Kritik geraten ist. Eine Folge: Das Gesetz zur Stärkung der Finanzmarktintegrität (FISG), auf dessen Grundlage das Bilanzkontrollsystem nun reformiert wird.
Bislang lief die Kontrolle so: Die 2005 – nach Bilanzskandalen – gegründete Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) nahm Anlass- und Stichprobenprüfungen bei Unternehmen vor. Dies war Stufe 1 der Kontrolle. Wirkte ein Unternehmen an der Untersuchung durch die DPR nicht freiwillig mit, war es mit dem Ergebnis der DPR nicht einverstanden oder war die Bafin mit der Arbeit der DPR unzufrieden, zog die Bafin die Prüfung an sich, es zündete Stufe 2. Dies passierte allerdings recht selten. Bei Wirecard versagte das zweistufige Kontrollsystem – die Zusammenarbeit funktionierte in der Praxis nicht richtig, zeigte der Wirecard-Untersuchungsausschuss. Von Januar 2022 an ist das alte zweistufige System passé: Die stark in die Kritik geratene DPR gibt es nicht mehr. Sie geht in der Bafin auf.
Mehr Befugnisse für die Bafin
Von 2022 an trägt die Bafin die alleinige Verantwortung für Anlass- und Stichprobenprüfungen. Die Behörde erhält dadurch zusätzliche hoheitliche Befugnisse, dazu zählen beispielsweise erweiterte Auskunftsrechte sowie das Recht, Durchsuchungen und Beschlagnahmungen anzuordnen. Die Bafin darf künftig zudem die Führungsspitze eines Unternehmens sowie dessen Abschlussprüfer vorladen und vernehmen.
Um die erweiterten Aufgaben zu bewerkstelligen, will die Bafin auch personell aufrüsten und Wirtschaftsprüfer sowie Forensiker einstellen. Eine neue Taskforce soll als schnelle Eingreiftruppe bei Verdachtsfällen kurzfristig für Unternehmensprüfungen parat stehen. Zum Werkzeugkasten sollen auch forensische Prüfungen zählen.
Diese Prüfungsschwerpunkte sind 2022 neu
Auch bei den Prüfungsschwerpunkten gibt es im neuen Jahr eine Neuerung: Bislang haben die DPR und die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (Esma) die Prüfungsschwerpunkte für das Jahr vorgelegt. 2022 hat anstelle der aufgelösten DPR die Bafin die Schwerpunkte definiert.
Im Fokus der Prüfer stehen 2022 Lieferkettenfinanzierungen (Reverse Factoring): Sie schauen darauf, wie diese in Bilanzen und Kapitalflussrechnungen dargestellt werden und ob die Unternehmen im Anhang und im Lagebericht alle erforderlichen Angaben machen. Als unmittelbare Konsequenz aus dem Wirecard-Skandal soll in begründeten Einzelfällen geprüft werden, ob die vom Unternehmen angegebenen Zahlungsmittel und Vermögenswerte tatsächlich vorhanden sind. Zudem sollen Prüfer verstärkt auf nachvollziehbare und nachprüfbare Buchführungsunterlagen achten.
Zu den von der Esma definierten Punkten zählt unter anderem die Darstellung der Corona-Folgen in den Bilanzen. So müssen die Auswirkungen beispielsweise bei den Ausführungen zur Unternehmensfortführung oder bei der Wertminderung von Vermögenswerten berücksichtigt werden. Außerdem will die Esma verschärft darauf blicken, wie Risiken im Zusammenhang mit dem Klimawandel dargestellt werden und für mehr Transparenz bei der Messung der erwarteten Kreditverluste sorgen.
Info
Was ändert sich 2022 sonst noch? In den weiteren Teilen unserer Serie finden Sie die wichtigsten Neuerungen im Bereich Restrukturierung und Finanzwelt.