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Ernst & Young steigt zur Nummer zwei auf

Nach einem starken Geschäftsjahr 2017 ist EY wieder zur Nummer zwei in Deutschland aufgestiegen.
Ernst & Young

Nachdem Ernst & Young (EY) im vergangenen Jahr noch überraschend enttäuschende Zahlen vorgelegt hatte, hat das Prüfungs- und Beratungshaus 2017 wieder einen großen Sprung nach vorne gemacht. Insgesamt ist EY 2017 um 16 Prozent (Vorjahr: 2,8 Prozent) auf 1,83 Milliarden Euro gewachsen.

Dies ist das zweitstärkste Wachstum innerhalb der Big-Four-Gesellschaften, zu denen noch PwC, Deloitte und KPMG gehören. Stärker ist 2017 nur Deloitte mit 34 Prozent gewachsen. Die Wettbewerber legten ebenfalls zu, allerdings fiel das Wachstum schwächer aus: bei PwC waren es 10 Prozent und bei KPMG nur 4 Prozent. Damit hat EY auch KPMG überholt und ist nun gemessen am Umsatz klare Nummer zwei in Deutschland. „Das war unser definiertes Ziel“, sagte Deutschland-Chef Hubert Barth bei der Präsentation der Zahlen. EY und KPMG hatten sich in den vergangenen Jahren immer wieder ein Kopf-an-Kopf-Rennen geliefert.

EY scheint von einer Neuausrichtung zu profitieren: Im vergangenen Jahr noch hatte EY-Deutschland-Chef Hubert Barth das schwache Wachstum damit erklärt, dass EY strategische Weichen neu stellen wolle, um sich fit für künftiges Wachstum zu machen. EY wolle seinen Branchenfokus stärker ausbauen und noch stärker alle Geschäftsfelder miteinander verzahnen, um den Mandanten verschiedene Gesamtleistungen aus einer Hand anbieten zu können, erklärte er damals. Gemessen an den nun veröffentlichen Zahlen scheint dieses Vorgehen erste Früchte zu tragen.

EY legt in Beratung stark zu

„Es war unser Ziel, wieder Nummer zwei zu werden.“ 

Hubert Barth, Deutschlandchef EY

Besonders gut entwickelt hat sich bei EY das Beratungsgeschäft. Die Transaktionsberatung, zu der beispielsweise Beratung rund um M&A-Deals zählt, ist um starke 34 Prozent (Vorjahr: 3,4 Prozent) auf 392 Millionen Euro gewachsen. Auch die Managementberatung kann sich mit einem Wachstum von 19 Prozent (Vorjahr: 12,6 Prozent) sehen lassen, mit diesem Geschäftsfeld setzt EY inzwischen 331 Millionen Euro um. Insgesamt generierte EY 2017 mit seinen Beratungsleistungen 723 Millionen Euro Umsatz und ist damit dicht an die Nummer eins PwC herangerückt, die 2017 mit der Beratung rund 780 Millionen erwirtschaftete. Zum Gesamtumsatz von EY trug der Bereich Beratung im vergangenen Jahr einen Anteil von 37 Prozent bei.

Das Beratungsgeschäft gilt derzeit als starker Wachstumsfaktor der Branche, weil die Digitalisierung einen hohen Beratungsbedarf nach sich zieht. Besonders profitieren konnte davon bisher Deloitte, das in den vergangenen beiden Jahren Wachstumsraten von über 40 Prozent im Beratungsgeschäft vorweisen konnte. Überraschend schwach entwickelte sich hingegen das Beratungsgeschäft bei KPMG, das gegen den Branchentrend nur um 1 Prozent wuchs.

EY kaufte Etventure, OC&C und Kivala-HR

Um im Beratungsgeschäft zu wachsen, kaufen die Big-Four-Gesellschaften derzeit regelmäßig Beratungshäuser oder -teams aus interessanten Bereichen. EY hat dabei im vergangenen Jahr ordentlich Gas gegeben. So hat EY im Juli die Digitalberatung Etventure gekauft, im September die IT-Beratung für Personalprozesse Kivala-HR und im Dezember ein großes Prozessberatungsteam von Kienbaum an Bord geholt. Vor wenigen Tagen gab EY außerdem offiziell die Übernahme der Strategieberatung OC&C bekannt. Dieser wegweisende Deal sickerte schon im vergangenen Frühjahr durch.

Diese Deals bringen EY insgesamt 450 neue Mitarbeiter und 60 Millionen Umsatz. Das Ziel dahinter: „Wir wollen für Unternehmen aller Branchen der bevorzugte Partner beim Übergang in eine digitalisierte Wirtschaft sein, und zwar in allen Disziplinen: Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung, Transaktionsberatung und Advisory Services“, sagt Hubert Barth. Die Umsätze aus diesen Zukäufen würden sich aber erst im Geschäftsjahr 2018 niederschlagen.

Neben den Zukäufen versuchen die Big Four, Kunden durch sogenannte Digital Labs zu gewinnen. Dabei handelt es sich um Räume, in denen den Kunden die Chancen durch die Digitalisierung nahegebracht werden sollen. Nachdem KPMG und PwC bereits seit einiger Zeit solche Services anbieten – bei PwC handelt es sich um das „Experience Center“ und bei KPMG um das „Insights Center“ – hat nun auch EY solche Labs eröffnet. In einem „CFO-Room“ in Frankfurt beispielsweise bekommen CFOs auf riesigen Screens simuliert, wie Bots Steuererklärungen automatisiert erstellen oder wie sich verschiedene Brexit-Szenarien auf die Unternehmenszahlen auswirken. Ähnliche Labs gibt es auch an anderen Standorten in Deutschland, EY nimmt dafür insgesamt 5 Millionen Euro in die Hand.

EY wächst in der Prüfung wieder

Besonders erfreulich dürfte für EY sein, dass der Bereich Wirtschaftsprüfung wieder an Boden gewonnen hat. War dieser 2016 nach dem Verlust einiger großer Aufträge noch um knapp 8 Prozent geschrumpft, konnte die Wirtschaftsprüfung 2017 wieder um 11 Prozent auf 546 Millionen Euro zulegen. Der Bereich trägt derzeit 30 Prozent zum Gesamtumsatz bei. Ähnlich stark ist die Wirtschaftsprüfung im vergangenen Jahr nur bei Deloitte (plus 27 Prozent) gewachsen. Gemessen am Umsatz ist EY dennoch nur die Nummer drei der Wirtschaftsprüfer in Deutschland, Marktführer PwC hat 2017 in dem Bereich 744 Millionen Euro umgesetzt und KPMG 627 Millionen Euro.

EY befindet sich derzeit mit den anderen Big Four in einem großen Wettkampf um die Prüfmandate. Wegen der verpflichtenden Prüferrotation müssen viele Unternehmen ihre Prüfer wechseln. Für EY ist das gerade bei den Dax-Unternehmen eine große Chance, da dort bisher nur Siemens, HeidelbergCement und Beiersdorf zu den Kunden zählten.

2017 konnte EY bereits die Commerzbank als neuen Kunden gewinnen – ein großer Erfolg. Weitere namhafte Mandate, die EY 2017 ergattern konnte, waren KWS Saat, Tele Columbus und VTG. Im Falle von Axel Springer und Pfeiffer Vacuum, die ihre Prüfmandate neu ausschreiben mussten, wurde EY erneut als Prüfer gewählt.

EY bleibt größter Steuerberater

Laut Hubert Barth prüft EY nun fünf der zehn größten Banken Deutschlands, wozu neben der Commerzbank auch die KfW, die Helaba und die DZ Bank gehören. Das Ziel lautet: Mithilfe der Prüferrotation will EY auf 20 Prozent an Prüfmandaten im Dax kommen. Es gab aber im vergangenen Jahr auch Verluste im Mandantenstamm, unter anderem verlor EY Telefónica Deutschland und SGL Carbon als Prüfungskunden.

Dennoch war 2017 unter dem Strich erfolgreich: Auch die Steuer- und Rechtsberatung verzeichnete ein stärkeres Wachstum als zuletzt. Der Umsatz ist 2017 um 11 Prozent (Vorjahr: 7,6 Prozent) auf 629 Millionen Euro angestiegen. Der Bereich trägt 33 Prozent zum Gesamtumsatz bei. Damit konnte EY seine Position als größter Steuerberater Deutschlands verteidigen. Verfolger PwC liegt mit rund 525 Millionen Euro noch deutlich zurück.

julia.schmitt[at]finance-magazin.de

Info

Noch nie war der Wettbewerb zwischen KPMG, Deloitte, PwC und Ernst & Young (EY) so hart wie derzeit. Wer schnappt sich die lukrativsten Mandate, wer wächst am stärksten und wer hat die beste Strategie? Bleiben Sie auf dem Laufenden mit unserer Themenseite zu den Big Four.

Julia Schmitt ist Redaktionsleiterin von FINANCE-Online und Moderatorin bei FINANCE-TV. Nach ihrem Studium der Volkswirtschaftslehre und Publizistik an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz stieg sie 2014 bei F.A.Z. BUSINESS MEDIA ein. Sie betreut die Themenschwerpunkte Wirtschaftsprüfung und Bilanzierung und ist Trägerin des Karl Theodor Vogel Preises der Deutschen Fachpresse.