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Back to the roots

Back to the roots: Kathrin Dahnke soll den IPO von Ottobock nun finalisieren – und setzt damit einen Rahmen um ihre Karriere als CFO. Foto: Christoph Neumann

Kathrin Dahnke ist zurück in alten Gefilden: Die ehemalige Osram-Finanzchefin heuert nach über 15 Jahren wieder bei ihrem einstigen Arbeitgeber Ottobock an. Die 60-Jährige hat bei dem Prothesenhersteller aus dem niedersächsischen Duderstadt gleich eine Mammut-Aufgabe vor sich: Der Börsengang, der erstmals für 2017 angekündigt war, soll endlich Realität werden – und zwar schon Anfang nächsten Jahres.

Kathrin Dahnke kam 1995 erstmals zu Ottobock

Kathrin Dahnke könnte mit diesem Schritt einen Bogen um ihren beruflichen Werdegang spannen und das Unternehmen aufs Börsenparkett führen, das ihre Corporate-Finance-Karriere vor einigen Jahren entscheidend mitgeprägt hat. Nach Stationen beim Konsumgüterhersteller Beiersdorf und der WestLB kam Dahnke 1995 erstmals zu Ottobock.

Damals ordnete sie die komplexe Unternehmensstruktur des Familienunternehmens neu: Aus knapp 50 einzelnen Tochtergesellschaften schmiedete sie eine neue Konzernstruktur mit einheitlichen Vorgaben für Reporting, Bilanzierung und Finanzierung. Rund zehn Jahre blieb Dahnke damals bei dem Prothesenhersteller in Duderstadt.

Während für die Finanzchefin anschließend Stationen als CFO von Gildemeister (später DMG Mori Seiki), Werhahn sowie zuletzt bei dem Leuchtenhersteller Osram folgten, entwickelte sich auch Ottobock weiter. In den vergangenen Jahren war eine mögliche Börsennotiz dabei immer wieder Thema.

EQT hält 20 Prozent an Ottobock

Vollmundig kündigte das Management erstmals im Sommer 2015 an, das Unternehmen schon 2017 an die Börse bringen zu wollen. Dieser Fahrplan wurde seitdem nicht nur ein Mal verworfen. Der Private-Equity-Investor EQT kaufte im Juni 2017 einen Anteil von 20 Prozent, der IPO wurde zunächst auf unbestimmte Zeit verschoben. Man wolle zunächst mit den neuen Anteilseignern „versteckte Performance- und Ertragspotenziale“ heben, hieß es damals – sprich: Das Unternehmen sollte erst einmal profitabler werden. In der Folge machte Ottobock jedoch auch mit vielen Managementwechseln von sich reden: CFO Stefan Ingildsen verließ das Unternehmen nur fünf Monate nach dem Einstieg von EQT. Sein Nachfolger, der frühere Fresenius-Kabi-CFO Philipp Schulte-Noelle, wurde im Sommer 2018 als Finanzchef nach Duderstadt berufen, trimmte die Bilanzierung auf Effizienz und managte die Umstellung auf IFRS – wichtige Voraussetzungen für die Börsentauglichkeit Ottobocks. Neuerliches Ziel damals: ein Börsengang 2019.

Ottobock verschob IPO immer weiter nach hinten

Nach dem Abgang von CEO Oliver Scheel im November 2018, nach nur elf Monaten im Unternehmen, wurde CFO Schulte-Noelle zugleich auch Vorstandschef. Wie Verwaltungsratschef und Hauptgesellschafter Hans Georg Näder damals der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ sagte, soll es zuvor „kulturell im Unternehmen geknirscht“ haben.

Einige Monate später holte Ottobock wieder einen eigenen CFO an Bord, Schulte-Noelles neuer Co-Manager wurde Jörg Wahlers, der im August 2019 vom Outdoor-Ausrüster Jack Wolfskin nach Duderstadt kam. Ein Börsengang noch im selben Jahr war damals bereits kein Thema mehr, CEO Schulte-Noelle brachte 2019 einen Zeitpunkt „nach 2020“ ins Spiel. Neu-Finanzchef Wahlers betonte einige Monate nach seinem Antritt im Gespräch mit FINANCE: „Wir stehen nicht unter Zeitdruck. Wir werden aber alles tun, um kontinuierlich zu wachsen und uns in der Finanzabteilung professionell aufzustellen.“

Die Vorbereitungen des IPO hat der Finanzchef wie seine Vorgänger weiter vorangetrieben, dessen Umsetzung wird jedoch auch Wahlers nicht mehr aktiv begleiten. Aus gesundheitlichen Gründen gibt er den Posten nach 25 Monaten bei Ottobock ab, er bleibt jedoch Berater der Niedersachsen. Sein Rückzug aus dem operativen Geschäft ruft nun Kathrin Dahnke auf den Plan – nach mehr als 15 Jahren Abwesenheit aus Duderstadt. Die routinierte Finanzchefin hat in diesem Monat bei Ottobock angefangen.

CFO Dahnke hat Erfahrung mit Familienunternehmen

Dort halten Erben des Gründers immer noch 80 Prozent der Anteile. Dahnke dürfte daher ihre langjährige Tätigkeit beim Familienunternehmen Werhahn zugutekommen. In der Geschichte des 1841 gegründeten Neusser Unternehmens wurde sie im Jahr 2014 als erste Frau in den Vorstand berufen und verantwortete dort für mehr als fünf Jahre lang die Finanzen. Auch Kapitalmarkterfahrung bringt sie aus ihrer Zeit bei Osram mit. Dort ging sie Ende Juni von Bord. Die Arbeit im Finanzressort des Leuchtenherstellers wird künftig einige Facetten einbüßen: Im Zuge der Übernahme durch AMS wurde Osram im Juni von der Börse genommen.

Kathrin Dahnke

Ottobock SE & CO. KGaA

Bei einem erfolgreichen Ottobock-Börsengang könnte Dahnke wieder sämtliche Möglichkeiten eines kapitalmarktnotierten Unternehmens nutzen. Vorstandschef Schulte-Noelle lobte sie vorab bereits als „ideale Besetzung“: Sie habe sich „als CFO sowohl in Familienunternehmen als auch in börsennotierten Unternehmen herausragend bewiesen“. Auch einen Börsengang hat Dahnke bereits aus nächster Nähe mitbegleitet: Im Frühjahr 2018 wurde sie in den Aufsichtsrat des Knorr-Bremse-Konzerns berufen, der wenige Monate später sein Börsendebüt gab.

Ottobock könnte mit 5 Milliarden Euro bewertet werden

In welchem Maße sich die Eigentümer von Ottobock bei einem Börsengang des Prothesenherstellers von Anteilen trennen wollen, ist noch nicht bekannt – in Berichten ist die Rede davon, dass bis zu 30 Prozent der Aktien angeboten werden könnten. Ottobock hat für das Jahr 2019 einen Gesamtumsatz von gut 1 Milliarde Euro angegeben und für 2020 bislang keine Zahlen kommuniziert. Experten trauen dem Unternehmen eine Bewertung von 5 Milliarden Euro und mehr zu, damit wäre der Prothesenhersteller ein echtes Pfund am europäischen IPO-Markt.

Dementsprechend hoch ist auch das Interesse der Banken, an einem Gang auf das Börsenparkett mitzuwirken. Laut „Handelsblatt“ sollen die Deutsche Bank, die Investmentbanker von Goldman Sachs sowie das französische Geldhaus BNP Paribas den Zuschlag bei dem Prothesenhersteller erhalten haben. Die Blauen aus Frankfurt haben die Causa Ottobock dem Vernehmen nach sogar zur Chefsache erklärt: Bankenchef Christian Sewing soll persönlich an den Gesprächen teilgenommen haben. Auch mit JP Morgan und Credit Suisse sollen zuvor Gespräche geführt worden sein. Das Unternehmen selbst äußerte sich bislang nicht zu dem Thema, auch ein konkretes Datum für einen neuen Anlauf für den Sprung an die Börse gibt es noch nicht.

Der grobe Zeitplan lässt sich jedoch schon umreißen. Zu Jahresanfang 2022 soll der nächste Anlauf stattfinden – dieses Mal mit Kathrin Dahnke am Steuer.

jan.schuermann[at]finance-magazin.de