Venture-Capital-finanzierte Unternehmen tüfteln zumeist an Produkten, die es bislang am Markt noch nicht gibt. Die meisten Gespräche über die Arbeit beginnen daher mit Erklärungen, was die Firma eigentlich macht. So auch bei Fludicon: Das Unternehmen arbeitet an adaptiven Dämpfungssystemen auf Basis neuer Materialien. Das Fluid kann seine Konsistenz innerhalb von Millisekunden von flüssig bis fest verändern – eine technologische Neuerung, der beispielswiese bei Dämpfern in Autos oder im Maschinen- und Anlagenbau zum Einsatz kommen soll.
„Seit der Gründung im Jahr 2001 sind rund 30 Millionen Euro an Venture-Capital-Investitionen von europäischen Geldgebern in das Unternehmen geflossen“, sagt Sönke Mehrgardt, Geschäftsführer des Investors MVP Munich Venture Partners.
Der Greentech-Investor ist Fludicons größter Gesellschafter und hält knapp 25 Prozent. Neben monatlichen Updates sowie den üblichen Quartalsberichten und Jahresabschlüssen werden die Venture-Investoren in einem Beirat über anstehende Schritte im Unternehmen informiert, zu wichtigen Beschlüsse stimmen sich Geschäftsführung und Beirat ab.
Fludicon peilt dreistelligen Millionenumsatz an
„Die Berichtspflicht gegenüber den Gesellschaftern ähnelt letztlich der von kleinen börsennotierten Unternehmen“, sagt Peter Zillekens. Der frühere Investmentbanker managt seit zwei Jahren die Finanzen des Darmstädter Technologieunternehmens.
Anders als für viele seiner Kollegen stehen Umsatzzahlen für ihn nicht im Fokus. Fludicon setzte 2013 rund eine halbe Million Euro um, doch Zillekens prognostiziert eine dynamische Entwicklung: Seit rund einem Jahr läuft ein Vorentwicklungsprojekt mit einem internationalen Automobilkonzern. „Das Projekt steht kurz vor dem erfolgreichen Abschluss. Noch im Laufe dieses Jahres rechnen wir mit den ersten Serienaufträgen für den Automobilbereich“, sagt er.
Dann bräche sich eine gewaltige Dynamik Bahn, hoffen Zillekens und Investor Mehrgardt: Gelingt der Schritt zur Serienproduktion, könnte der Fludicon-Umsatz innerhalb weniger Jahre auf einen dreistelligen Millionenbetrag explodieren. Einziger Wermutstropfen: „Obwohl Deutschland ein großer Automobilstandort ist, kommen unsere wichtigsten Kooperationspartner zurzeit aus dem Ausland“, beklagt Investor Mehrgardt.
CFO Peter Zillekens macht weit mehr als Finanzen
Für die Serienproduktion müsste Fludicon jedoch noch ein weiteres Mal Kapital einsammeln. Zwei Finanzierungsrunden hat Zillekens in den vergangenen zwei Jahren bereits begleitet, mittelfristig möchte er noch einmal 10 Millionen Euro einwerben. Aus diesen Mitteln könnte er die Anlagen und das Personal für eine Serienproduktion vorfinanzieren. Auch eine Lizenzierung des Produkts für die Fremdproduktion kann er sich – auch angesichts der dünnen eigenen Kapitaldecke – vorstellen: „Grundsätzlich wollen wir unseren eigenen Anlagenbestand möglichst gering halten.“
Zillekens ist kein typischer Venture-CFO, der frisch von der Uni oder mit Technologiehintergrund beim Start-up landet. Vor seinem Wechsel zu Fludicon arbeitete er mehr als fünfzehn Jahre im Investment Banking bei Merrill Lynch und Macquarie. Zu dem Technologie-Start-up kam er durch den persönlichen Kontakt zu Fludicon-CEO Ulrich Hensgen. „Er sprach mich 2012 auf den CFO-Posten an. Damals wurde gerade über das gemeinsame Projekt mit dem Automobilkonzern verhandelt. Ich fand die Aufgabe bei Fludicon spannend, weil sie eine starke unternehmerische Komponente hat und man sehr nah am Produkt ist“, sagt Zillekens.
Sein Aufgabenportfolio ist dabei breiter angelegt als das eines klassischen CFOs: „Ich kümmere mich nicht nur um die Finanzen, sondern saß beispielsweise auch bei der Verhandlung der Vorentwicklungsverträge mit am Tisch.“
Bei Fludicon herrscht strikte Kostendisziplin
Und wenn der Plan, der das Unternehmen in eine neue Liga befördern soll, doch scheitert? „Für unsere Basistechnologie gibt es auch Anwendungsmöglichkeiten in anderen Sektoren. Wir setzen aber fest auf den Automobilsektor“, sagt Zillekens.
Allerdings sei die Verantwortung groß, räumt er ein. Der Druck laste sowohl auf den Ingenieuren, die das Produkt entwickeln müssen, als auch auf dem Management. Würde eine Finanzierungsrunde scheitern, ginge auch der technischen Abteilung das Geld aus. Im Unternehmen selbst herrscht entsprechend eine strikte Kostendisziplin: „Die Investitionsmittel wandern in die technologische Arbeit. Wir haben keine großen Büros und keine luxuriöse Möblierung.“
Mit dem Einstieg in die Serienproduktion könnte sich der Spielraum etwas vergrößern: „Mit dem ersten Serienauftrag hätten wir den Break-even erreicht“, sagt Zillekens. Bis 2018 wollen die Fludicon-Verantwortlichen ihr Produkt flächendeckend auf der Straße sehen. Wenn das gelingt, dann wäre auch Zillekens kein Start-up-CFO mehr, sondern der Finanzchef eines stark wachsenden Mittelständlers.
Info
Mehr über den Werdegang des Fludicon-Finanzchefs erfahren Sie im Steckbrief zu Peter Zillekens im Corporate-Finance-Personenregister FINANCE-Köpfe.