Vorstand und Aufsichtsrat von Daimler haben ihre Überlegungen zu einer neuen Unternehmensstruktur abgeschlossen: Von 2020 an soll Daimler aus drei eigenständigen Aktiengesellschaften unter dem Dach einer gemeinsamen Holding bestehen. Die Stuttgarter hatten die Aufspaltung bereits seit Herbst 2017 geprüft und vorbereitet – dem Unternehmen zufolge war es „die umfangreichste Due Diligence der 130-jährigen Unternehmensgeschichte“.
Daimler-Aktionäre sollen abstimmen
Das Geschäft mit Autos und Vans soll künftig als Mercedes-Benz AG firmieren und wird etwa 175.000 Mitarbeiter haben. Die Sparte mit Lastwagen und Bussen Daimler Truck AG wird mit 100.000 Mitarbeitern die zweitgrößte Gesellschaft sein. Die dritte Gesellschaft bildet die bereits heute rechtlich eigenständige Sparte für Finanzdienstleistungen, die in Daimler Mobility AG umbenannt werden soll und etwa 13.000 Mitarbeiter beschäftigt. In der neuen Aufstellung sollen die Daimler-Divisionen mehr unternehmerische Freiheiten haben sowie schneller und flexibler Kooperationen eingehen können.
Bislang besteht die Struktur des Konzerns aus den Geschäftsfeldern Mercedes-Benz Cars, Daimler Trucks, Mercedes-Benz Vans, Daimler Buses und Daimler Financial Services. Bevor es an die Umsetzung der Holding-Struktur gehen kann, müssen die Aktionäre auf der Hauptversammlung im Mai 2019 dem Vorschlag noch zustimmen. Die Ausgliederungen könnte dann im Herbst 2019 erfolgen und die neue Unternehmensstruktur zum 1. Januar 2020 vollständig umgesetzt sein.
Finanzfunktionen bleiben in der Daimler-Holding
Auch in der neuen Struktur wird die Verantwortung für die konzernweite Finanzierung bei der börsennotierten Daimler AG als operativer Management-Holding liegen. Die Dachgesellschaft wird zudem die Corporate Governance-, Strategie- und Steuerungsfunktionen sowie die konzernübergreifenden Dienstleistungen wahrnehmen.
Wie aufwendig die monatelangen Vorbereitungen und Prüfungen gewesen sein müssen, zeigt ein Blick auf die regionale Präsenz des international tätigen Autobauers: „Im Rahmen der neuen Struktur ordnen wir mehr als 700 Gesellschaften in über 60 Ländern neu zu“, sagt CFO Bodo Uebber.
„Im Rahmen der neuen Struktur ordnen wir mehr als 700 Gesellschaften in über 60 Ländern neu zu.“
Die Umstrukturierung lassen sich die Stuttgarter einiges Kosten – einschließlich der Steuerbelastungen einen „hohen dreistelligen Millionenbetrag“ bis 2020. Neben diesen Einmalkosten muss Daimler bis zum Jahr 2020 auch noch vorübergehend höhere laufende Kosten einkalkulieren, die in der Spitze bis auf einen „sehr niedrigen“ dreistelligen Millionen-Euro-Betrag ansteigen werden.
CFO Uebber will Pensionslasten ausfinanzieren
Mit der Konzernspaltung einher geht auch ein großangelegter Beschäftigungspakt. Daimler hat den Arbeitnehmern eine Beschäftigungsgarantie bis zum Jahresende 2029 gegeben. Bis 2024 sollen zudem 35 Milliarden Euro in die deutschen Standorte investiert werden.
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Außerdem plant CFO Uebber, Pensionsverpflichtungen weitgehend auszufinanzieren. Auch das könnte teuer werden: Trotz milliardenschwerer Zuschüsse in den vergangenen Jahren sind Daimlers Pensionsverpflichtungen aktuell zu 16 Prozent ungedeckt. Das Pensionsloch beläuft sich auf 5,2 Milliarden Euro.
Allerdings ist Daimler mit einer Nettoliquidität von 14,5 Milliarden Euro im Industriegeschäft solide finanziert. Darüber hinaus hat der Dax-Konzern erst vor wenigen Tagen eine Kreditlinie über 11 Milliarden Euro abgeschlossen, um sich langfristig finanziell abzusichern.
Daimler muss Aktionäre von neuer Struktur überzeugen
Die ersten Reaktionen aus dem Lager der Aktionäre fallen reserviert aus. Man werde sich „sehr genau ansehen, ob die geplante Holding mit drei selbstständigen Gesellschaften wirklich sinnvoll ist“, zitiert das „Handelsblatt“ den Sprecher der Deka Investment, Winfried Mathes. Er sieht die Gefahr, dass Anleger sich nur noch an den Tochterunternehmen beteiligen und damit die Holding entwerten könnten.
Mit seiner Umstrukturierung steht Daimler nicht allein da. Mitte Juli hatte auch schon der Automobilzulieferer Continental beschlossen, sich eine neue Struktur zu geben. Im Gegensatz zu Daimler stehen bei Continental allerdings auch Teilbörsengänge einzelner Sparten auf dem Programm. Daimler betont dagegen, es sei nicht geplant, dass sich das Unternehmen von einzelnen Geschäftsbereichen trennt. Den vom Umsatz her deutlich kleineren Konzern Continental kostet die geplante Konzernteilung mit 350 Millionen Euro auch deutlich weniger als Daimler.
Daimler enttäuscht mit Quartalszahlen
Die Reaktion des Kapitalmarkts auf die Daimler-Pläne ist schwer zu deuten. Die Daimler-Aktie notiert 2,5 Prozent im Plus. Allerdings profitiert das Papier heute auch von der Abwendung von US-Einfuhrzöllen auf Autos, die EU-Kommissionspräsident Juncker gestern Abend in Washington erreichte.
Darüber hinaus veröffentlichte Daimler heute auch Quartalszahlen, die schlecht ausfielen. Im zweiten Quartal erlitt der Autoriese beim Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) einen Einbruch von 30 Prozent auf 2,6 Milliarden Euro.
Info
Mehr über den Daimler-CFO finden Sie in unserem FINANCE-Köpfe-Steckbrief zu Bodo Uebber.
