Vor Kurzem erst ist der aktivistische Investor Petrus Advisers bei dem Schweizer Banksoftwarehaus Temenos eingestiegen – nun geht Petrus auf Konfrontation und reagiert auf die enttäuschende Geschäftsentwicklung des Unternehmens. Der Anlass: Temenos hat die Jahresziele für 2022 korrigiert.
Statt eines Ebit-Wachstums von 9 bis 11 Prozent rechnet Temenos jetzt mit einem Rückgang von rund 25 Prozent. „Ich bin enttäuscht von den Ergebnissen in diesem Quartal“, kommentierte Temenos-CEO Max Chuard. Grund dafür sei unter anderem, dass Banken in den vergangenen Wochen ihre Unterschriften aufgrund der Unsicherheiten und der schlechter werdenden Makrolage herausgezögert haben.
Temenos hat zudem entschieden, dass der Chief Revenue Officer Erich Gerber das Unternehmen verlassen wird. Ein Schritt, der sofort neue Kritik von Petrus Advisers hervorrief. „Der angekündigte Weggang des Chief Revenue Officers – der erst vor wenigen Monaten eingestellt wurde, stellt eine fragwürdige Allokation von Verantwortung dar“, kommentierte Petrus Advisers.
Petrus Advisers will bei Temenos weiter aufstocken
Petrus‘ Anteil liegt derzeit noch bei unter 3 Prozent, doch der Aktivist will weiter aufstocken, wie er in seinem neusten Brief an das Temenos-Management schon ankündigte. Am 6. Oktober, also vor der Anpassung der Prognose, veröffentlichte der Investor bereits einen ersten Brief an den CEO und den Executive Chairman von Temenos, in dem er den Einstieg bei dem Unternehmen bekanntgab und verschiedene Themenfelder bei dem Schweizer Unternehmen kritisierte.
Der aktivistische Investor mischt sich immer wieder bei Unternehmen ein, vor allem aus der Bankenbranche, in Deutschland zum Beispiel bei der Commerzbank oder der Aareal Bank – mit teils heftigen Folgen. Nun hat er sich mit Temenos zwar keine Bank an sich, aber einen Softwareanbieter für Banken ausgesucht.
Temenos hat bereits eine starke Position bei europäischen Banken und im Nahen Osten. Petrus Advisors glaubt allerdings, dass da noch mehr Potential ist und Temenos auch zu einem führenden Player in den USA werden könnte, wie der Aktivist in seinem ersten Brief ausführte. Einen weiteren Wachstumshebel sieht der Aktivist darin, einen substantiellen Teil des Geschäfts in ein Abo-Modell umzuwandeln.
Temenos-Aktie im Sinkflug
Auch Temenos selbst sieht das Wachstumspotential. In den ursprünglichen Mittelfristzielen, die Petrus Advisers am 6. Oktober kritisierte, war von einem Umsatzwachstum zwischen 10 und 15 Prozent (CAGR) im Zeitraum von 2021 bis 2025 die Rede. Die Ebit-Marge sollte von 37 auf 41 Prozent wachsen. Doch Petrus fand das offenbar nicht glaubwürdig: Diese Wachstumserwartung läge deutlich über den Zahlen der Jahre 2019 bis 2021, betonte der Aktivist in dem ersten Brief an Temenos Anfang Oktober.
Und auch der Kapitalmarkt glaube diese Story nicht. Die Aktie der Schweizer befindet sich im Sinkflug. Der Shareholder Return habe in diesem Jahr bei minus 45 Prozent gelegen und sei damit signifikant schlechter als bei US-Wettbewerbern, kritisiert der Aktivist konkret.
Petrus Advisers sieht vor allem bei der Kapitalmarktkommunikation Verbesserungsbedarf. Der schlechte Kurs spiegele wider, dass das Unternehmen keine zufriedenstellende Antwort auf verschiedene Herausforderungen bei der Geschäftsentwicklung habe. Petrus Advisors adressiert gleich dabei mehrere.
Neben den seiner Meinung nach zu ambitionierten Zielen sieht Petrus Advisers als besondere Herausforderung die Umstellung auf Subscription und SaaS-Modelle. Diese Transition habe Temenos später angestoßen als seine Wettbewerber. Der Einfluss dieser Umstellung auf Umsatz, Ebit und Cashflow sei wenig transparent.
Weiter nennt der Investor das Wachstum im US-Markt als besondere Herausforderung. Hier sei der Fortschritt gerade bei der Verbreitung der Core-Banking-Systeme noch moderat. Und letztlich kritisiert der Investor eine angeblich zu hohe Wechselquote unter Temenos-Mitarbeitern, die Petrus als Mitarbeiterunzufriedenheit deutet.
Petrus Advisers setzt Management unter Druck
Die nun erfolgte Korrektur der Jahresziele für 2022 empfindet Petrus nun als „Katharsis nach Stagnation“. Gleichzeitig wertet der Investor die aus seiner Sicht substantielle Revision der kurzfristigen Ziele als Zeichen dafür, dass das Management schlechte Nachrichten für einige Zeit zurückgehalten habe und sieht sich in seinen Bedenken über die überambitionierten Ziele und die intransparente Kommunikation bestätigt.
Petrus Advisers will nun Kontakt mit anderen Anteilseignern aufnehmen, um zu diskutieren, ob man mit dem bisherigen Führungsteam und Set-up fortfahren könne. Temenos hat auf die Briefe von Petrus Advisers bislang nicht öffentlich reagiert.
Antonia Kögler ist Redakteurin bei FINANCE und Chefin vom Dienst bei DerTreasurer. Sie hat einen Magisterabschluss in Amerikanistik, Publizistik und Politik und absolvierte während ihres Studiums Auslandssemester in Madrid und Washington DC. Sie befasst sich schwerpunktmäßig mit Finanzierungsthemen und verfolgt alle Entwicklungen rund um Green Finance und Nachhaltigkeit in der Finanzabteilung.
