Newsletter

Abonnements

Politik bremst Private Equity in der Zahnmedizin aus

Artikel anhören
Artikel zusammenfassen
Teilen auf LinkedIn
Teilen per Mail
URL kopieren
Drucken
Wie viele Private-Equity-Kapital wird künftig noch in die deutsche Zahnmedizin fließen? Die Bundesregierung will den Vormarsch der Finanzinvestoren stoppen.
AndreyPopov/iStock/Gett Images Plus

Rund 72.000 Zahnärzte gibt es in Deutschland, die meisten von ihnen betreiben ihre eigene kleine Praxis. Dieser stark fragmentierte Markt hat zuletzt auch mehrere Private-Equity-Investoren in die deutsche Zahnmedizin gelockt. Sie verfolgen dort Buy-and-Build-Strategien und bauen Plattformen auf, die beim späteren Verkauf hohe Multiples versprechen.

Doch der Vormarsch der Finanzinvestoren könnte nun einen Dämpfer erhalten: Einem Bericht des „Handelsblatts“ zufolge will es die Bundesregierung Finanzinvestoren erschweren, zahnmedizinische Versorgungszentren in Deutschland zu gründen. Damit zielt Berlin direkt auf das effektivste Werkzeug der Finanzinvestoren, kleinere Zahnmedizineinheiten in spezialisierten Zentren zu bündeln und so Synergieeffekte zu heben.

Diese sind nicht nur der Dreh- und Angelpunkt der Buy-and-Build-Strategien – sie haben auch eine wichtige rechtliche Funktion. Der Trick geht so: Sobald ein Private-Equity-Investor ein Krankenhaus gekauft hat, darf er überall in Deutschland Versorgungszentren gründen und damit auch zahnärztliche Behandlungen anbieten. Kleinere Finanzinvestoren wie Auctus haben dieses Modell schon so erfolgreich umgesetzt, dass sie ihre Buy-and-Build-Plattformen bereits mit Gewinn an größere Fonds weiterverkaufen konnten, die die Marktkonsolidierung nun weiter vorantreiben.

Regierung will neue Versorgungszentren begrenzen

Dem Zeitungsbericht zufolge möchten Union und SPD diesem Konsolidierungsprozess mit einer Gesetzesänderung Einhalt gebieten. Dabei gehe es um das Terminservice- und Versorgungsgesetz, das diese Woche von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) verabschiedet werden soll.

Konkret will die Koalition dem „Handelsblatt“ zufolge die Gründungsberechtigung für die Versorgungszentren einschränken, indem von einem Krankenhaus betriebene Dentalzentren nur noch maximal 10 Prozent der zahnärztlichen Versorgungsleistung in einem bestimmten Gebiet erbringen dürfen. In einem unterversorgten Gebiet läge die Grenze bei 20 Prozent.

Angaben der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) gibt es in Deutschland derzeit etwa 700 Zahnmedizinzentren, von denen 75 versorgungsfremden Investoren zuzurechnen seien. Die Anzahl der dort investierten Finanzinvestoren beziffert der KZBV im „Handelsblatt“ auf „mindestens zehn Investorengruppen“. 

Die geplanten Beschränkungen würden Private-Equity-Investoren empfindlich treffen. Für deren Versorgungszentren sind vor allem die Ballungszentren und einkommensstarke Regionen interessant – sie versprechen den größten Umsatz. Genau diese Profitorientierung der Finanzinvestoren ist auch der Hauptgrund dafür, dass die Politik eingreift. Die Kombination aus Renditestreben und gesundheitlicher Grundversorgung ist ein schmaler Grat, den Politiker aller Couleur mit Argwohn betrachten. Daher schwelt ein vergleichbares politisches Interventionsrisiko derzeit auch im Pflegemarkt, der ebenfalls von Private-Equity-Investoren konsolidiert wird.

Diese Private-Equity-Investoren sind investiert

Zuletzt machten vor allem die beiden Finanzinvestoren Nordic Capital und Investcorp mit Deals in der Zahnmedizin auf sich aufmerksam. Die skandinavische Nordic Capital übernahm im vergangenen Jahr den Zahnmedizindienstleister Zahnstation, das Dentallabor DPH Dental von dem Münchener Wettbewerber Auctus sowie das Zahnarztzentrum Adent.

Im Mai 2018 kündigte auch der Private-Equity-Investor Investcorp an, den deutschen Zahnarztmarkt aufrollen wollen. Investcorp hat dafür die Acura Kliniken in Albstadt gekauft und als erste Beteiligung die Privatzahnarztklinik Schloss Schellenstein angedockt. Dem Frankfurter Fonds Quadriga gehört mit der Dentalgruppe eine zahnärztliche Tagesklinik, und auch die Jacobs Holding besitzt mit Colosseum Dental eine große Zahnklinikkette. Das gemeinsame Ziel aller Investoren: eine deutsche oder europäische Kette aufbauen.

Das neue und überarbeitete Gesetz würde es nicht nur neuen Private-Equity-Investoren erschweren, den deutschen Markt zu erschließen. Auch die bereits aktiven Häuser könnten die Novelle zu spüren bekommen – spätestens bei ihren Exit-Plänen. Wenn dann wegen der regulatorischen Hürden keine Finanzinvestoren Interesse zeigen sollten, fiele ein entscheidender Exit-Kanal aus.

philipp.habdank[at]finance-magazin.de

Info

Noch mehr Trends und Analysen aus der Welt der Beteiligungsgesellschaften finden Sie auf der FINANCE-Themenseite Private Equity.