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„Eine breite Sourcing-Strategie ist essentiell“

Die Berlin Brands Group ist stets auf der Suche nach neuen Deals. Wie können M&A-Plattformen dabei helfen? Foto: BBG.
Die Berlin Brands Group ist stets auf der Suche nach neuen Deals. Wie können M&A-Plattformen dabei helfen? Foto: BBG.

Die Berlin Brands Group ist ein umtriebiger Käufer von e-Commerce-Unternehmen. Von über 1.000 Mitarbeitern weltweit arbeiten mehr als 70 allein in der M&A-Abteilung. Im Doppelinterview mit Kai Hesselmann, Gründer und Geschäftsführer der M&A-Plattform DealCircle, beschreibt Malte Karstan, Head of Acquisition Europe bei der Berlin Brands Group, warum er sich für das anorganische Wachstum längst nicht mehr nur auf persönliche Netzwerke und Off-market-Deals verlässt.

Herr Hesselmann, wir durchleben gerade wieder sehr unruhige Zeiten. Wie sehen Sie den M&A-Markt aktuell?

Hesselmann: Der Markt ist weiterhin sehr robust und aktiv. Die Unsicherheit im Zuge der diversen Corona-Wellen schlägt sich ohne Frage auf so manche Bewertung am Aktienmarkt nieder, auf die Aktivitäten am M&A-Markt dagegen hat sie bislang praktisch keine Auswirkungen. Strategische Investoren halten sich vielleicht hier und da etwas stärker zurück, dafür ist bei Finanzinvestoren der Anlagedruck und damit die Gesamtmenge an Transaktionen weiterhin hoch. Was man allerdings sehen kann, ist, dass gerade bei Finanzinvestoren die Renditeerwartungen teilweise deutlich sinken.

Herr Karstan, Sie leiten bei dem e-Commerce-Unternehmen Berlin Brands Group den M&A-Bereich in Europa. Wie erleben Sie die Situation aktuell?

Karstan: Unsere zahlreichen e-Commerce-Marken profitieren von der aktuellen Situation, auch wenn wir alle uns auf makro-ökonomischer Ebene und auch aus persönlicher Sicht wieder weniger Unsicherheit und weniger Einschränkungen wünschen würden. Unser M&A-Team beispielsweise arbeitet mit 70 Personen in drei Bereichen – Target-Identifikation, Due Diligence und Integration – weitgehend remote. Das geht, aber es wird auch wieder Zeit für mehr persönlichen Austausch.

Berlin Brands Group stellt klare Bedingungen

Belastet das die M&A-Aktivitäten selbst?

Karstan: Nein. Wir haben in der Tat ein ziemliches Polster an vielversprechenden Targets aufgebaut, das wir auch jetzt abarbeiten und parallel neu aufbauen. Hier zahlt sich aus, dass wir uns als Käufer über die Jahre ein klares Profil und eine enorme Reputation aufgebaut haben. Wir kennen das Direct-to-Customer-Geschäft (D2C) in- und auswendig und haben eine weltweite Skalierungsmaschine für e-Commerce aufgebaut, die gerade jungen D2C-Unternehmen enorme Wachstumsmöglichkeiten bietet. Allerdings: Wer unter unser Dach will, muss sich voll integrieren lassen. Wir machen ausschließlich 100-Prozent-Akquisitionen. Das ist für viele Unternehmerinnen und Unternehmer ein schwieriger Findungsprozess, bis sie sich darauf einlassen – aber anders funktioniert unser Modell nicht.

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Wie stoßen Sie auf vielversprechende Targets?

Karstan: In der e-Commerce-Welt sind wir schlichtweg bekannt. Wer in diesem Umfeld ein Unternehmen verkaufen möchte, kommt an uns als potentiellem Käufer eigentlich nicht vorbei. Darüber hinaus nutzen wir aber auch aktive Sourcing-Ansätze, um unseren Blick auf den Markt zu erweitern.

Hesselmann: Eine breite Sourcing-Strategie ist in der Tat essentiell. Für Off-market-Deals, die nie offiziell mandatiert werden, braucht man eine Reputation und Bekanntheit als Käufer. Für On-market-Deals wiederum muss man bedenken, dass auch mandatierte M&A-Berater sich notgedrungen nicht in allen Branchen gleichermaßen auskennen und ebenfalls darauf angewiesen sind, aktive Käufer effizient und sicher zu identifizieren. Bei diesem Matching von Verkaufsmandaten und Käufern kann eine digitale Lösung wie DealCircle die Effizienz und Abschlusswahrscheinlichkeit enorm erhöhen.

Aktives Deal-Sourcing wird wichtiger

Umkehrt wollen nur wenige ihr Unternehmen wie einen Gebrauchtwagen auf einer Plattform öffentlich zum Verkauf anbieten.

Hesselmann: Daher ist DealCircle erstens eine geschlossene Plattform mit ausschließlich registrierten und von uns verifizierten Nutzern. Zweitens – und noch wichtiger – agieren auf Verkäuferseite nur mandatierte M&A-Berater. Diese können einerseits anonymisierte Exposees auf der Plattform einstellen, andererseits aber – und auch das ist wiederum deutlich wichtiger – erhalten sie von DealCircle ihrerseits Vorschläge für mögliche Käufer. Diese können sie dann individuell bewerten, bevor sie ein anonymes Exposee zur Verfügung stellen – auch vollkommen abseits der Plattform und ausschließlich in der direkten und persönlichen Ansprache. Die Vertraulichkeit ist also genau dieselbe, wie bei einem traditionellen M&A-Prozess, nur der Marktüberblick ist für beide Seiten ungleich umfangreicher und effizienter.

Karstan: Man muss dazu sagen, dass selbst in unserer Branche, die strukturell von eher jungen Unternehmen geprägt ist, wirkliche Off-market-Deals aus dem persönlichen Netzwerk immer seltener und aktives Sourcing und institutionalisierte Sichtbarkeit als Käufer entsprechend immer wichtiger werden. Gerade auch aufgrund unserer klaren Haltung zur Dealstruktur ist es für uns immer hilfreich, wenn ein Unternehmer oder eine Gründerin die Implikationen eines Verkaufs schon mit einem M&A-Berater durchgegangen ist. Das nimmt viele emotionale Themen in den Verhandlungen vom Tisch und die Transaktionswahrscheinlichkeit steigt enorm.

armin.haeberle[at]faz-bm.de

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