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Schweizer Fintech Teylor kauft Creditshelf

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Neue Jobs erwarten den Creditshelf-CEO Tim Thabe (l.) und -CFO Daniel Bartsch bei Teylor. Foto: Creditshelf
Neue Jobs erwarten den Creditshelf-CEO Tim Thabe (l.) und -CFO Daniel Bartsch bei Teylor. Foto: Creditshelf

Bereits seit einem guten halben Jahr gibt es in der M&A-Welt das Gerücht, dass ein Schweizer Fintech die kriselnde Kreditplattform Creditshelf übernehmen könnte. Nun ist es offiziell: Die Züricher Finanzierungsplattform Teylor hat den deutschen Wettbewerber Creditshelf gekauft.

Da sich Creditshelf derzeit im Schutzschirmverfahren befindet, muss das Gericht den Deal noch genehmigen. Deshalb handelt es sich um „einen aufschiebend bedingten Kaufvertrag“. „Wir rechnen fest damit, dass die Transaktion Anfang Mai final abgeschlossen sein wird“, teilte ein Unternehmenssprecher von Teylor auf FINANCE-Anfrage mit.

Die Transaktion ist als Asset-Deal strukturiert. Das hatte Creditshelf bereits vor einer Woche angekündigt, als das Fintech bekanntgab, dass es mit Investoren verhandelt, ohne konkrete Namen zu nennen. Teylor erwirbt demnach die wichtigsten Operating Assets von Creditshelf und kann diese auf eine andere Gesellschaft übertragen. Dabei handelt es sich um „nahezu alle wesentlichen Vermögensgegenstände und den operativen Geschäftsbetrieb“.

Die börsennotierte Aktiengesellschaft verbleibt als leere Hülle, die später liquidiert wird. Ein Kaufpreis wurde nicht genannt. Rothschild & Co standen Teylor bei dem Deal als Sole Financial Adviser zur Seite, White & Case und Advoro als rechtliche Berater.

Creditshelf hat bewegte Zeiten hinter sich

Die 2014 gegründete Creditshelf hat in den vergangenen Jahren eine wahre Berg-und-Tal-Fahrt absolviert: Nur wenige Monate nach dem Breakeven Ende 2022 musste die Frankfurter Finanzierungsplattform die Gewinnprognose wieder kassieren.

Im Februar hat Creditshelf Insolvenz im Schutzschirmverfahren beantragt. Der Grund dafür: Der Mehrheitsaktionär und Garantiegeber für die Zahlungsfähigkeit – Rolf Elgeti – ist seinen Zahlungsverpflichtungen gegenüber Creditshelf nicht nachgekommen. Die Zahlung durch Elgetis Unternehmen Obotritia war Voraussetzung für eine 100 Millionen-Euro-Finanzierung von Goldman Sachs, auf die Creditshelf wider Erwarten verzichten musste.

Wie genau es nun um die Finanzen von Creditshelf steht, wird sich wohl erst später zeigen als geplant. Bei der Veröffentlichung des für den 30. April geplanten Finanzberichts könne „sich eine Verzögerung der Veröffentlichung ergeben“, die Frist sei mit Blick auf das Insolvenzverfahren und den Verkauf „herausfordernd“, so das Unternehmen.

Mit dem Erlös aus dem Verkauf an Teylor sollen die Creditshelf-Gläubiger befriedigt werden. Sie werden „einen nennenswerten Anteil an ihren Forderungen erhalten, dessen Höhe noch nicht feststeht“, erklärte Creditshelf in einer Ad-hoc-Mitteilung.

Teylor plant weitere Übernahmen

Teylor hingegen will mit der Übernahme des bisherigen Wettbewerbers eigenen Angaben zufolge zum digitalen Marktführer im europäischen KMU-Kreditmarkt aufsteigen. Die Kreditplattform vergibt Finanzierungen von 100.000 Euro bis 1,5 Millionen Euro, bisher hat sie insgesamt ein Volumen von über 400 Millionen Euro vergeben. Teylor bietet unter anderem Finanzierungen durch eigene Private-Debt-Fonds an, Barclays und M&G fungieren als Partner der Plattform.

Durch die Übernahme von Creditshelf können die Schweizer ihr Angebot vergrößern. Außerdem gewinnen sie Know-How, denn neben der Technologie wollen sie auch die Creditshelf-Experten integrieren. Dazu zählen auch der bisherige Creditshelf-CEO Tim Thabe und sein CFO Daniel Bartsch.

Teylor hatte im vergangenen Jahr vor allem mit einer neuen Finanzierung in Höhe von 275 Millionen Euro durch die britische Bank Barclays Schlagzeilen gemacht. Nun hat sich das Start-up höhere Ziele gesetzt: „Wir sehen eine signifikante organische Wachstumschance im Markt“, sagt Teylor-CFO Huy Nguyen. Und fügt hinzu, Teylor wolle die Branche konsolidieren und „die innovativsten Akteure in diesem Markt akkumulieren“.

Laut Teylor-CEO Patrick Stäuble handelt es sich bei der Creditshelf-Übernahme um „die erste von vielen Transaktionen“. In diesem Zusammenhang plane Teylor auch den Abschluss „signifikanter“ Eigenkapital- und Debt-Finanzierungen.

Erika von Bassewitz ist Redakteurin bei FINANCE. Sie hat Philosophie und Französisch an der Humboldt-Universität in Berlin sowie an der Université de Genève studiert und mit einem Magister Artium abgeschlossen. Vor FINANCE war sie mehr als acht Jahre Redakteurin in der Multimediaredaktion des Medienhauses der EKHN. Davor war sie unter anderem Redakteurin beim HR-Magazin von monster, freie Autorin bei Deutsche Welle TV und freie Mitarbeiterin bei der Westdeutschen Zeitung.