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Warum EQT eine Rolle rückwärts bei Suse macht

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Der Finanzinvestor EQT will Suse von der Börse nehmen. Foto: Postmodern Studio - stock.adobe.com
Der Finanzinvestor EQT will Suse von der Börse nehmen. Foto: Postmodern Studio - stock.adobe.com

Rolle rückwärts bei EQT: Das Private-Equity-Haus will das Software-Unternehmen Suse von der Frankfurter Börse nehmen. Der Plan lautet wie folgt: Der Finanzinvestor will die restlichen Anteile, die ihm nicht gehören, für eine Prämie übernehmen. Aktuell hält EQT 79,1 Prozent der Suse-Anteile – die restlichen 20,9 Prozent will der Investor dementsprechend nun erwerben.

Den Aktionären bietet EQT 16 Euro pro Aktie, das entspricht einer Prämie von 67 Prozent auf den gestrigen Schlusskurs der Aktie von rund 9,60 Euro. Gegenüber dem durchschnittlichen Kurs der vergangenen drei Monate beläuft sich die Prämie noch auf 32 Prozent, auf Sechs-Monats-Basis liegt der Aufschlag bei 16 Prozent. Während das Angebot von EQT aktuell attraktiv erscheint, dürften Aktionäre der ersten Stunde enttäuscht sein: Als Suse im Mai 2021 an die Börse ging, lag der Einstiegskurs bei knapp 30 Euro und damit fast doppelt so hoch.

Immerhin: EQT bietet den Aktionären die Option, weiter in dem künftig nicht börsengelisteten Unternehmen investiert zu bleiben. Der Finanzinvestor betont, keinen Squeeze-out durchführen zu wollen. Die Angebotsunterlage wird demnächst veröffentlicht, die Transaktion soll in der ersten Oktoberhälfte vollzogen werden. Die Offerte wird von Vorstand und Aufsichtsrat unterstützt. Finanziert wird der Rückzug von der Börse durch eine Interimsdividende, die wiederum aus Barmitteln sowie einem neuen Darlehen von Suse in Höhe von 500 Millionen Euro gestemmt werden soll. 

Suse stellt Vorstand neu auf

Mit dem Delisting endet ein kurzer Auftritt in der Börsenliga: Der Private-Equity-Investor hatte Suse erst im Mai 2021 an die Börse gebracht. Der IPO hat EQT damals rund eine halbe Milliarde Euro in die Kassen von EQT gespült.

Doch warum nimmt der Finanzinvestor Suse nach dem kurzen Intermezzo wieder von der Börse? Von EQT heißt es dazu: „EQT initiiert das Delisting von Suse mit dem Ziel, dass sich Suse ohne den kurzfristigen Ergebnisdruck des Kapitalmarktes vollständig auf die Umsetzung einer Strategie der langfristigen Wertsteigerung fokussieren kann.“ Es habe „Herausforderungen in der Strategieumsetzung“ gegeben sowie „einige operativen Veränderungen während der vergangenen zwölf Monate“. Beide Faktoren hätten die operative Performance und die Marktbewertung von Suse belastet. Zusätzlich verstärkte die geringe Liquidität der Aktie den Druck auf den Börsenkurs, gibt EQT zu.

Um Veränderungen zu bewirken, tauschte EQT im Frühjahr das Management aus. CEO Melissa Di Donato legte ihr Amt nieder, neuer Suse-CEO ist Dirk-Peter van Leeuwen. Im Juni folgte ihr CFO Andy Myers, dessen Finanzverantwortung zum 11. Dezember dieses Jahres Ian Halifax übernehmen wird. Darüber hinaus hat das Unternehmen Frank Feldmann als Chief Strategy Officer (CSO) sowie mit Werner Knoblich einen Chief Revenue Officer in den Vorstand berufen.

Suse senkt Prognose für laufendes Geschäftsjahr

Die strategischen und operativen Herausforderungen, die EQT anführt, haben sich immerhin noch nicht großflächig in der Performance niedergeschlagen. Denn Suse hat sich in den vergangenen Jahren nicht schlecht entwickelt: So konnte der Software-Konzern im Geschäftsjahr 2022, das bei Suse im Oktober endet, seinen Umsatz um 17 Prozent auf 653 Millionen US-Dollar steigern. Das bereinigte Ebitda belief sich auf 242 Millionen US-Dollar und legte im Vorjahresvergleich um 14 Prozent zu, was einer bereinigten Ebitda-Marge von 37 Prozent entspricht.

Der bereinigte Free Cashflow betrug zum Geschäftsjahresende 188 Millionen Dollar, im Vorjahr waren es noch über 200 Millionen Dollar. Die Liquidität belief sich 2022 auf knapp 347 Millionen Dollar, das ist deutlich mehr als im Vorjahr (rund 142 Millionen Dollar).

2023 sieht die Welt aber etwas anders aus: Suse hielt die Aktionäre gleich im Frühsommer mit einer Gewinnwarnung auf Trab. Im Mai hatte Suse sein Umsatzziel sowie die Ebitda-Marge für das laufende Geschäftsjahr 22/23 revidiert. Das Umsatzwachstum soll demnach nur noch im mittleren einstelligen Prozentbetrag liegen, die Ebitda-Marge im mittleren Dreißigerbereich. Als Grund gibt der Konzern wirtschaftliche Unsicherheiten an, die „zu weiteren Verzögerungen beim Abschluss neuer Verträge und einer Verkürzung der durchschnittlichen Vertragsdauer“ seitens der Kunden geführt haben.

Exit bei Suse wird für EQT schwierig

Die Diskrepanz zwischen Leistung und Aktienkurs-Performance auf der einen Seite sowie die Geschäftsaussichten, die Suse berichtigen musste, auf der anderen Seite sind für EQT ein Problem: Qua Geschäftsmodell muss sich der Private-Equity-Investor irgendwann wieder von dem Unternehmen trennen. Bei Suse ist EQT bereits seit 2018 engagiert, die übliche Haltedauer von Private Equity beträgt um die fünf Jahre. Damit wäre Suse zumindest vom Timing her Exit-ready.

Im aktuellen Marktumfeld mit den stark gesunkenen Tech-Bewertungen würde EQT bei einem Verkauf seines Mehrheitsanteils allerdings keinen guten Schnitt machen, zumal fraglich ist, wer als Käufer für ein Unternehmen, das an der Börse nicht performt, infrage käme. Weitere kleinere Anteile aus dem Mehrheitspaket jetzt notgedrungen günstig zu verkaufen, um die Liquidität der Aktie zu erhöhen, ist für EQT ebenfalls keine Option.

Die Investmentbank Jefferies schreibt, EQT beuge sich ins Unvermeidliche. Die Aktionärsstruktur des Software-Unternehmens habe sich stets als Hindernis für Investments erwiesen, so Jefferies-Analyst Charles Brennan. Der Schachzug von EQT überrascht den Analysten nicht.

Suse-Aktie legt nach EQT-Offerte massiv zu

Also kauft die PE-Gesellschaft das Linux-Softwareunternehmen soweit wie möglich zurück, transformiert es gemeinsam mit dem neuen Management – und dürfte sich vor allem nochmal die Equity Story vorknöpfen. Nach abgeschlossener Transformation ohne Druck des Kapitalmarktes kann EQT Suse dann abseits der Börse verkaufen.

Bei der Bewertung müsste sich EQT dann auch nicht auf die Marktkapitalisierung stützen, sondern könnte mit einer Multiples-Bewertung argumentieren. Die Multiples sind zuletzt zwar auch gesunken, jedoch bei weitem nicht so stark wie die (Tech-)Börsenbewertungen. Die Aussichten stehen also nicht schlecht, dass EQT mit dem Delisting auf eine bessere Rendite kommt.

Von den Aktionären gibt es am heutigen Freitag ordentlich Unterstützung für die Pläne: Der Suse-Aktienkurs bewegt sich um die Mittagszeit herum bei fast 15,40 Euro und damit fast 60 Prozent im Plus.

Jasmin Rehne ist Redakteurin bei FINANCE und verfolgt schwerpunktmäßig die Themen Controlling, Gehalt und Personal. Sie hat in Marburg Sprache und Kommunikation studiert. Neben ihrem Studium arbeitete Jasmin Rehne bereits als studentische Hilfskraft bei FINANCE.

Olivia Harder ist Redakteurin bei FINANCE sowie Chefin vom Dienst bei FINANCE-Online und verfolgt schwerpunktmäßig die aktuellen Entwicklungen im Private-Equity- und M&A-Geschäft. Sie hat Philosophie, Politikwissenschaften, Soziologie und Geographie an der Justus-Liebig-Universität in Gießen studiert, wo sie auch einen Lehrauftrag innehatte. Vor FINANCE arbeitete Olivia Harder in den Redaktionen mehrerer Wochen- und Tageszeitungen, unter anderem beim Gießener Anzeiger.