Willi Balz gibt bei seinem Kampf um seinen Ruf nicht auf: Die Staatsanwaltschaft Stuttgart habe anders als berichtet ihre Ermittlungen zuletzt nicht ausgeweitet. „Aus meiner Sicht ist das Gegenteil richtig“, schreibt der Windreich-Gründer in einem Brief an die Anleihegläubiger. Als Ingenieur, der sich „aber weder mit Bilanzen noch mit Strafrecht“ auskenne, überlässt er seinen Anwälten von der Stuttgarter Kanzlei BRP das Wort, um „überblicksartig den derzeitigen Stand hinsichtlich dieser Vorwürfe darzustellen“. Im Kern handelt es sich dabei um drei Vorwürfe.
Anfänglich sei, so die Darstellung seiner Anwälte von der Kanzlei BRP Renaud & Partner, die Staatsanwaltschaft davon ausgegangen, dass die Windreich AG 2010 ein Aktienpaket verkauft habe, das zum maßgeblichen Zeitpunkt erheblich weniger wert gewesen sei. Weiterhin hegte die Staatsanwaltschaft nach Darstellung der Windreich-Anwälte den Verdacht, dass die Aktivierung von Geschäftsanteilen zu Unrecht erfolgt sei, da Anschaffungskosten in der Höhe nicht angefallen seien. Drittens wurden Anteilsverkäufe aus dem Jahr 2011 „als reine Scheingeschäfte“ in Frage gestellt.
Windreich: Vorwürfe können entkräftet werden
Die Vorwürfe, so schreiben die Windreich-Anwälte, habe die Staatsanwaltschaft inzwischen in wesentlichen Teilen aufgegeben: „Die Werthaltigkeit der Aktien wird offensichtlich nicht mehr in Frage gestellt.“ Als neuer Vorwurf würde hingegen erhoben, dass die Forderung der Windreich AG gegen die Käuferin erst ein Jahr später hätte bilanziert werden dürfen, da es sich zum Zeitpunkt der Bilanzierung noch um ein „schwebendes Geschäft“ gehandelt habe. Auch bestreite die Staatsanwaltschaft nicht mehr, dass in der Bilanz zum Jahresende 2010 ausgewiesenen Zahlungen auf „die durch die Windreich AG angefochtene Kapitalerhöhung tatsächlich erfolgt sind.“
Nun vertrete die Staatsanwaltschaft die Auffassung dass allein die Verbuchung der geleisteten Einlage als „nachträgliche Anschaffungskosten“ unzulässig gewesen sei. Ein Risiko ergebe sich daraus weder in der Bilanz noch in der GuV.
Zuletzt sei zudem der Verdacht revidiert worden, es habe sich bei den Veräußerungsgeschäften nur um Scheingeschäfte gehandelt. Allerdings besteht aus aktueller Sicht der Staatsanwaltschaft der Verdacht, dass Windreich Abschreibungen auf Forderungen hätte vornehmen müssen. Die Stuttgarter Staatsanwaltschaft wollte sich auf FINANCE-Anfrage nicht zu einzelnen Einschätzungen der Balz-Anwälte äußern. Die Ermittlungen könnten sich noch über das ganze Jahr erstrecken.
Willi Balz an Gläubiger: „Sitzen im gleichen Boot“
Doch Balz gibt sich optimistisch, auch die inzwischen offensichtlich aufgekommenen Vorwürfe der Staatsanwaltschaft bezüglich Verstößen gegen die Bilanzvorschriften entkräften zu können. Dabei beruft er sich dabei auf zwei nicht namentlich genannte Wirtschaftsprüfer.
Auf die von ihm als Entlastung wahrgenommene Einschätzung seiner Anwälte gestützt, appelliert Willi Balz an die Anleger, die Restrukturierung von Windreich „besser zu unterstützen als zu attackieren.“ Es gelte, mit Insolvenzverwalter Holger Blümle einen Plan zu entwickeln, der die Fortführung der Windreich GmbH ermöglicht. Nur so könnten die Mittel zur Erfüllung des Insolvenzplans erwirtschaftet werden.
Und Balz schaltet auch schon wieder in den Offensivmodus: Nicht nur sei es nur im Zuge einer Fortführung möglich, die bereits weit fortgeschrittenen Windreich-Offshore-Windparks Global Tech 1, Deutsche Bucht und MEG 1 erfolgreich zu vermarkten, sondern auch ein nicht näher benanntes „viertes Offshore-Projekt“ genehmigt zu bekommen. Auch dies soll laut Balz dazu beitragen, „die Mittel zur Erfüllung des Insolvenzplans zu erwirtschaften“.
Derweil wurde bekannt, dass die Windreich-Gläubiger Forderungen in Höhe von 366 Millionen Euro angemeldet haben. Wie ein Sprecher des Insolvenzverwalters bestätigte, entfallen davon rund 200 Millionen auf die Anleihe (insgesamt 125 Millionen Euro) und Kredite (75 Millionen Euro bei J. Safra Sarasin). Auf Basis einer Prüfung will der Insolvenzverwalter nun darüber entscheiden.
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