In den ersten beiden Teilen der FINANCE-Serie zu viel versprechenden Fintechs für CFOs im Jahr 2022 wurden schon Fintechs vorgestellt, die versprechen, die Prozesse in der Buchhaltung sowie im ERP-System zu optimieren, und ein weiteres Fintech, das mit Hilfe von Netting das Working Capital Management verbessern will.
Hier im dritten und letzten Teil berichten wir über zwei Start-ups, die versprechen, deutliche Einsparpotenziale im Einkauf beziehungsweise beim Betrieb von Shared Service Centern zu finden. Beide richten sich eher an größere Mittelständler und Konzerne, die länderübergreifend komplexe Prozesslandschaften unterhalten. Allein schon aufgrund der dort herrschenden riesigen Summen ergeben sich zumindest theoretisch erhebliche Einsparpotentiale, wenn es gelänge, bestimmte Prozesse konzernweit zu optimieren.
Scalue will „mehr Ebit“ aus dem Einkauf herausholen
Das Fintech Scalue ist eine Plattform für „Procurement Analytics“, also Einkaufsanalysen. Zielgruppe sind die Einkaufsmanager in mittelständischen Unternehmen. „Wir steigern das Ebit im Unternehmen, indem wir jeden Euro analysieren, der das Unternehmen im Einkauf verlässt, und daraufhin Optimierungspotentiale aufzeigen, und zwar automatisiert“, beschreibt Co-Gründer Thomas Teichmann das Wertversprechen des Start-ups.

Foto: Scalue
Die Software greift auf vielfältige Daten aus der Finanzabteilung zu. Auf dieser Basis analysiert Scalue automatisiert zum Beispiel Bedarfsanfragen aus dem Unternehmen, Preise und Mengen aus Bestellungen, Rechnungen von Lieferanten sowie standortübergreifende Informationen. Dadurch identifiziert Scalue, ob es Einsparpotentiale gibt. Ein Beispiel: Die Software könnte etwa automatisiert und damit leichter als ein Mitarbeiter erkennen, wenn sich Bestellungen bündeln oder Lieferanten konsolidieren ließen. „So lassen sich dann bessere Preise herausholen“, erklärt Teichmann.
Scalue fragt zum Beispiel auch automatisiert ab, ob bei einer Zahlung das Skonto gezogen wurde. „Wir sorgen für Transparenz und machen jeden Euro sichtbar“, verspricht Teichmann. „Daten werden kategorisiert, damit das Einkaufsvolumen gebündelt werden kann.“
Scalue-Gründer: „Wir ermöglichen einen schnellen ROI“
Scalue arbeitet mit einem Lizenzmodell in mehreren Ausbaustufen, der Endpreis richtet sich nach den Anforderungen des Unternehmens – zum Beispiel, ob es die Software nur für die Analyse oder auch für das fortlaufende Tracking von Einkaufsinitiativen verwenden will. Üblich sind monatliche oder jährliche Zahlungen. Teichmanns Versprechen: „Wir ermöglichen jedem unserer Kunden einen ROI, der schon nach wenigen Tagen sichtbar wird. Nach dem Einsparpotential, das wir sehen, richten sich die Lizenzkosten.“
Theoretisch könne jede Firma das System einsetzen, glaubt Teichmann. Die Hauptzielgruppe sind Unternehmen mit Umsätzen zwischen 50 Millionen und 2 Milliarden Euro. Scalue arbeitet derzeit jedoch daran, auch einen Business Case für kleinere Kunden schon ab 2 Millionen Euro Umsatz aufwärts zu entwickeln.
Scalue bindet sich automatisch an das ERP-System an („Plug & Play“), bei Unternehmen ohne ERP-System funktioniert Scalue auch als Einzellösung. Die Software ist nach Unternehmensangaben auch kompatibel mit klassischen Spreadsheets. Vertriebspartner sind große Beratungshäuser sowie IT-Systemhäuser wie CGI.
Info
Scalue ist eine SaaS-Plattform für Procurement Analytics. Laut Unternehmensangaben soll sie Transparenz im Einkauf schaffen und aufzeigen, wo Prozesse verbessert und Ausgaben eingespart werden können. Dies soll zur nachhaltigen Steigerung des Ebit beitragen. Die Plug-and-Play-Lösung kann direkt mit ERP-Systemen verbunden werden, lässt sich aber auch an klassische Spreadsheets anbinden.
KYP.ai will „den Systemdschungel lichten“
Das Start-up KYP.ai ähnelt ein wenig dem wertvollsten deutschen Start-up Celonis, das zuletzt mit über 10 Milliarden Dollar bewertet worden ist. KYP.ai analysiert und optimiert die globale Arbeitslandschaft seiner Kunden und sucht nach Möglichkeiten zur Vereinfachung und Verbesserung von digitalen Prozessen und Apps. Wichtigster Einsatzort sind Shared Service Center. „Wir treten an, um den Systemdschungel zu lichten“, beschreibt Mitgründer Adam Bujak den Zweck seines Unternehmens.
Neben Technologien und Prozessen analysiert KYP.ai auch die Tätigkeiten von Teams. KYP.ai zeigt zum Beispiel, in welchen Bereichen die Auslastung zu hoch ist und wo durch interne Benchmarks noch bessere Ergebnisse erzielt werden könnten. Die Daten sollen dem Management zum einen Hinweise liefern, welche Teams überlastet sind, aber auch aufzeigen, wo sich Prozesse automatisieren ließen. Kurz: „Wir produzieren für unsere Kunden eine intelligente ‚Automatisierungspipeline‘“, sagt Bujak.

Info
KYP.ai steht für Transformation Mining und will den digitalen Wandel treiben. Die Firma hilft ihren Kunden, abstrakte Prozesse schneller zu verstehen, indem sie das Zusammenspiel zwischen Organisation und Technologie aufzeigt. Die von KYP.ai automatisch generierten, datengesteuerten Verbesserungsvorschläge zielen darauf ab, den schnellstmöglichen ROI zu erzielen. Das Produkt ist eine Plug-and-Play-SaaS-Lösung. Es dient den Kunden als Daten-Backbone und soll Erkenntnisse über Möglichkeiten zur Prozessautomatisierung liefern sowie das Tagesgeschäft unterstützen. „Wir empfehlen, was realistisch ist, und beweisen den Wert durch Daten“, so lautet der Anspruch der Gründer.
KYP.ai sucht Geschäft mit Großkonzernen
Das Geschäftsmodell des Start-ups: KYP.ai-Kunden erwerben sogenannte „Snapshots“ zum Preis von 25.000 Euro. Ein Snapshot beinhaltet die Analyse eines Prozesses in einer Region, zum Beispiel eine Analyse des Forderungsmanagements bei der Niederlassung in Brasilien. „Wir hatten noch nie einen Fall, bei dem der Kunde weniger herausholen konnte, als er für den Snapshot bezahlt hat“, erzählt Bujak.
Die Einsatzmöglichkeiten beschreibt der Gründer als umfassend. „Unser größter Kunde nutzt KYP kontinuierlich für 4.000 Nutzer“, erzählt Bujak. Zielgruppe sind global operierende Großkonzerne, idealerweise solche mit großen Shared Service Centern.
