Der Buchverlag Bastei Lübbe ist zum Sanierungsfall geworden. Wie der neue Geschäftsbericht zeigt, hat sich die Situation des Traditionsunternehmens zugespitzt. Das Scheitern der kürzlich gestoppten Digitalisierungsstrategie hat die gesamte Finanzierung ins Wanken gebracht.
Zum Stichtag 31. März 2018 haben die Kölner bei einem Kredit, der den Eckpfeiler ihrer Konzernfinanzierung bildet, die Kreditauflagen („Covenants“) verletzt. Es geht um einen rund 30 Millionen Euro schweren Konsortialkreditvertrag, den der inzwischen ausgeschiedene CFO Thomas Schierack im Oktober 2015 mit der Commerzbank, der Deutschen Bank und der Sparkasse Köln-Bonn ausgehandelt hatte. Dadurch konnte Schierack damals eine auslaufende Mittelstandsanleihe ablösen.
„Bastei Lübbe hat beide zentralen Covenants gebrochen“, erklärt Finanzchef Ulrich Zimmermann, der im Juni vergangenen Jahres an Bord kam, auf FINANCE-Anfrage. Definiert waren ein Mindestergebnis sowie ein maximal zulässiger Verschuldungsgrad. Hätte Bastei Lübbe diese Auflagen eingehalten, wäre der Kredit noch bis zum Herbst 2021 normal weitergelaufen. Nun jedoch steht hinter der Laufzeit ein Fragezeichen.
Bastei-Lübbe-CFO verbreitet Zuversicht
Die Situation ist für Bastei Lübbe vor allem deshalb gefährlich, weil die Kreditlinie Ende März schon zu 85 Prozent gezogen war. Für den börsennotierten Mittelständler ist es essenziell, diese Finanzierung zu erhalten. Tatsächlich gelang es CFO Zimmermann, ein Zerwürfnis mit den Banken abzuwenden. Diese haben sich grundsätzlich dazu bereit erklärt, den Kredit bis zum 31. März 2020 nicht fällig zu stellen. Diese Zusicherung gilt allerdings nur, wenn Bastei Lübbe von nun an die Covenants wieder einhält, die jedoch neu definiert werden müssen.
„Bastei Lübbe hat beide zentralen Covenants gebrochen.“
Zimmermann wagt trotz der Unsicherheiten schon einen Ausblick: „Die endgültige Ausformulierung der neuen Kreditbedingungen steht zwar noch aus, aber die Systematik wird die gleiche bleiben, mit einem gewinn- und einem bilanzorientierten Covenant“, erklärt er.
Aus dem Geschäftsbericht geht bereits hervor, dass der Kredit künftig variabel verzinst sein wird, abhängig davon, wie gut Bastei Lübbe dieses Mal die definierten Kennzahlen einhält. Die Anpassung der Vertragsbedingungen dürfte Bastei Lübbe einiges kosten, da Banken sich für solch ein Entgegenkommen in der Regel nennenswert entschädigen lassen.
Obwohl sich die Kreditzusage der Banken formal noch in der Schwebe befindet, verbreitet Zimmermann Zuversicht: „Durch die schriftliche Zusage der Banken, den Kredit bis März 2020 nicht fällig zu stellen, fühlen wir uns bis dahin gut durchfinanziert.“
Bastei-Lübbe-Aktie auf Talfahrt (Jahres-Chart)
Bastei Lübbe hat viele Probleme
Die Gründe für den nun bekannt gewordenen Covenant-Bruch sind vielfältig: Der einzige größere Geschäftsbereich, der im abgelaufenen Geschäftsjahr ordentlich abschnitt, war das Kerngeschäft Buch. Es profitierte davon, dass die beiden Erfolgsgaranten Ken Follett und Dan Brown im vergangenen Jahr neue Bücher bei Bastei Lübbe herausbrachten, die zu Bestsellern wurden. Trotzdem musste das Management auch in diesem Geschäftsbereich bereits vorab gezahlte Autorenhonorare in Höhe von 8,2 Millionen Euro abschreiben, nachdem das Unternehmen die Methode für deren Wertansatz korrigiert hatte.
Die Schließung fast aller Digitalprojekte, die der frühere CEO und CFO Schierack angestoßen hatte, schlug mit 8,3 Millionen Euro zu Buche. Die Trennung von der erst 2016 eingegangenen Mehrheitsbeteiligung an dem Handelsspezialisten Buch Partner kostete weitere 1,6 Millionen Euro. So stand unter dem Strich bei einem Umsatz von 140 Millionen Euro ein Nettoverlust von 16,2 Millionen Euro.
Wegen der umfangreichen Portfoliobereinigung, die CFO Zimmermann und der als Sanierer geholte Konzernchef Carel Halff vornahmen, wird der Umsatz von Bastei Lübbe im laufenden Geschäftsjahr unter die 100-Millionen-Euro-Marke fallen. 78 der geplanten 95 Millionen Euro Umsatz sollen aus dem Buchgeschäft kommen, aber der nächste Einschnitt bahnt sich schon an: Auch ein Verkauf des Spieleentwicklers Daedalic, der rund 10 Millionen Euro umsetzt, steht zur Diskussion. Beim operativen Gewinn (Ebit) plant Bastei Lübbe nur mit mageren 0,5 bis 2 Millionen Euro. Mittelfristig soll sich die Ebit-Marge dann wieder auf 6 bis 8 Prozent erholen.
FINANCE-Köpfe
Gefährliches Cashflow-Profil
Doch selbst wenn dieser Turnaround gelänge, dürfte Bastei Lübbes Ertragspotential die Marke von 10 Millionen Euro Ebitda nicht nennenswert übersteigen. Da die aktuelle Nettoverschuldung aber 30,1 Millionen Euro beträgt, wird deutlich, wie eng der Spielraum von Halff und Zimmermann ist, wenn sie ihr Ziel erreichen wollen, den Leverage auf maximal 2,5x Ebitda zu senken.
Eine weitere Schwierigkeit ergibt sich aus dem Cashflow-Profil des Verlagshauses. Weil die Autoren ihre Honorare schon lange vor Erscheinen ihrer Bücher kassieren, die Buchhändler aber sehr lange Zahlungsziele genießen, muss Bastei Lübbe oft viele Monate, manchmal sogar Jahre überbrücken, ehe die Gelder wieder hereinkommen. Daraus resultiert „ein nicht unerheblicher Finanzierungsbedarf“, schreibt Bastei Lübbe in seinem Geschäftsbericht.
Dass der Verlag im vergangenen Jahr mit Factoring begonnen hat, also einen Teil seiner Forderungen vorab zu Geld macht, dürfte Linderung verschafft haben. Trotzdem sollen die neuen Covenants auch die hohen Cashflow-Schwankungen reflektieren, sagt CFO Zimmermann: „Der Leverage-Covenant wird weiterhin variabel sein, um die planmäßigen Schwankungen in unserem Geschäftsverlauf abbilden zu können.“
„Die Entschuldung genießt bei Bastei Lübbe Priorität, Wirtschaftlichkeit geht vor Wachstum.“
Hat Bastei Lübbe die Talsohle jetzt hinter sich?
Trotzdem ist es wahrscheinlich, dass die Banken die neue Bastei-Lübbe-Führung nicht fallen lassen, denn der Traditionsverlag, dessen größte Aktionärin mit 33 Prozent eine Nachfahrin der Gründerfamilie Lübbe ist, hat immer noch Substanz. Die Eigenkapitalquote liegt bei 32 Prozent, und der operative Cashflow war in den beiden vergangenen Geschäftsjahren mit 5,5 beziehungsweise 11,5 Millionen Euro deutlich positiv.
Finanzchef Zimmermann führt auch die bereits absolvierten Sanierungsschritte an: „Die nicht werthaltigen Vermögenswerte haben wir vollständig bereinigt. Unsere Bilanz ist jetzt sauber, und wir haben die Talsohle hinter uns gelassen.“
Trotzdem bezeichnet Zimmermann, der von 2007 bis 2016 die Finanzen des Hamburger Weinhändlers Hawesko steuerte, das Geschäftsjahr 2018/19 als „Übergangsjahr“ – nicht nur, weil nach den Neuerscheinungen von Ken Follett und Dan Brown im vergangen Jahr der Nachschub an sicheren Bestsellern inzwischen eher dünn wirkt. „Die Entschuldung genießt bei Bastei Lübbe derzeit Priorität, Wirtschaftlichkeit geht vor Wachstum“: So gibt Zimmermann die Marschrichtung vor. Die Banken dürften ein waches Auge darauf haben, dass die neue Führung diesem Kurs aus Kostenkürzungen und Sparpolitik noch eine ganze Weile treu bleibt.
Info
Viele Zusatzinfos zu den beiden CFOs gibt es in den FINANCE-Köpfe-Profilen von Ulrich Zimmermann und Thomas Schierack.