Der Schrott-Recycler Scholz gerät wieder stärker unter Druck. Nachdem der Einstieg der japanischen Toyota Tsusho Corporation mit 39,9 Prozent im Juni vergangenen Jahres die Investorensorgen eine Weile vertrieben hat, kehrt die Angst nun wieder zurück. Auf schlechte Jahresergebnisse 2014 folgen eine anhaltend schwache Geschäftsentwicklung in den ersten fünf Monaten des laufenden Jahres und jetzt auch noch ein Rating-Downgrade von Euler Hermes. Die Ratingagentur stuft das Unternehmensrating von Scholz von B auf B- zurück, und das Unternehmen bleibt auf der Watchlist.
Sorgen macht einmal wieder die Kapitalstruktur des Familienunternehmens. Es zeigt sich, dass der Verkauf zahlreicher Randgeschäfte, womit Scholz versucht hatte, sich freizuschwimmen, zu keiner durchgreifenden Verbesserung geführt hat. Zwar halfen die Asset-Verkäufe zusammen mit der Aufnahme eines Gesellschafterdarlehens über 60 Millionen Euro, die Finanzschulden im abgelaufenen Jahr von 1,1 Milliarden auf 930 Millionen Euro zu senken. Demgegenüber standen Ende des vergangenen Jahres jedoch lediglich 37,4 Millionen Euro Cash.
Scholz beziffert den Leverage auf 9,1x Ebitda. Und der Trend ist bedenklich: 2014 schwoll der nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag in der Bilanz von 73 auf 217 Millionen Euro an. Eine negative Eigenkapitalquote von über 16 Prozent ist die Folge.
Mittelstandsanleihe erholt sich, aber Scholz schrumpft weiter
Zittern müssen in erster Linie die Inhaber der 150 Millionen Euro schweren Mittelstandsanleihe, deren Papier im Fall eines Defaults in der Verwertungskette ziemlich weit hinten stehen dürfte. Das Papier mit einer Verzinsung von 8,5 Prozent läuft im März 2017 aus. Zwar notiert der Bond inzwischen wieder in der Nähe seines Nennwerts, aber die Schwächephase von Anfang 2014 dürfte vielen Investoren noch immer sehr präsent sein: Damals stürzte die Anleihe bis auf 50 Prozent ab, bevor der Einstieg der Japaner die Lage beruhigte.
Das Problem ist die eminent schwere Geschäftslage. Alle Schrott-Recycler leiden unter der schwachen Stahlkonjunktur und liefern sich einen harten Preiskampf. Jeder will im Geschäft bleiben, in der Hoffnung, dass die Stahl- und damit auch die Schrottpreise bald wieder anziehen. Dazu gehört auch der Berliner Recyclingkonzern Alba. Dessen Anleihe erholte sich nach einem tiefen Fall im vergangenen Jahr ebenfalls erst, nachdem das Familienunternehmen die Bereitschaft zur Aufnahme externer Investoren bekundete. Die Transaktion nach dem Vorbild Scholz ist allerdings bis heute nicht vollzogen.
Der halsbrecherische Wettbewerb zehrt auch bei Scholz an der Substanz: 2014 schon sank der Umsatz von 3,7 auf 3,1 Milliarden Euro, zwischen Januar und Mai 2015 ging es um weitere 13,5 Prozent auf 1,09 Milliarden Euro bergab. Das Konzern-Ebitda schrumpfte um 17,6 Prozent auf 102,9 Millionen Euro. Dennoch hält Scholz an seiner mutigen Prognose fest: Das Familienunternehmen will im laufenden Jahr das Ebitda „spürbar erhöhen“, der Umsatz soll nur „leicht“ zurückgehen.
Euler Hermes: „Scholz braucht dringend frisches Kapital“
Euler Hermes glaubt hingegen nicht daran, dass sich die „sehr schwache“ Ertragskraft von Scholz in absehbarer Zeit genügend verbessern wird, „um die Erosion der Kapitalstruktur aufzuhalten“. Das Votum der Ratingagentur ist eindeutig: „Die Sicherung der Zukunftsfähigkeit der Scholz Gruppe hängt von der Zuführung zusätzlichen Kapitals ab“, glaubt Euler Hermes. „Entscheidungen, die wesentlichen Einfluss auf das Rating haben, werden innerhalb der nächsten Monate erwartet.“ Die Suche nach einem neuen Finanzierungspartner von Scholz läuft auf Hochtouren.
Angesichts der noch immer hohen Verschuldung steht zu befürchten, dass die Scholz-Familie im Zuge dieses Prozesses ihre Kontrollmehrheit an Scholz womöglich nicht halten kann – außer, sie schießt einen dreistelligen Millionenbetrag in das Unternehmen ein. Auch Toyota Tsusho wird vermutlich noch einmal nachlegen müssen, um den 39,9-prozentigen Anteil zu sichern. Womöglich bietet die anhaltende Schieflage von Scholz den Japanern aber auch die Chance, nach der Mehrheit zu greifen. Allerdings müssten sie die hoch verschuldete Scholz-Gruppe dann voll konsolidieren. Diese Giftpille dürfte den Mut der Japaner bremsen.
Scholz muss bis Frühjahr 2016 keine Covenants einhalten
Immerhin kann Scholz ohne besonderen Druck seitens der Gläubiger nach einer Lösung suchen, denn die Banken müssen bis auf weiteres stillhalten. Bis Ende des ersten Quartals 2016 sind Unternehmensangaben zufolge auf Ebene der Scholz Holding keine Financial Covenants vereinbart. Wie es danach weitergeht, ist derzeit noch offen.
Nichtsdestotrotz werden die Banken bei der Bilanzsanierung von Scholz ein entscheidendes Wort mitreden, denn das Rückgrat der Scholz-Finanzierung bildet ein syndizierter Kredit, der zum Bilanzstichtag Ende 2014 mit 447,9 Millionen Euro valutierte. Deutlich zurückgeführt hingegen hat Scholz im Lauf des vergangenen Jahres die Verbindlichkeiten aus Schuldscheindarlehen: Diese sanken von 149,5 auf 50,3 Millionen Euro.
Der Synloan und „ein Großteil der Schuldscheindarlehen“ laufen nach Angaben von Scholz noch bis Ende Januar 2017. Das ist nicht mehr lang, zumal wenig später auch der Bond fällig wird. Sollte in den nächsten Monaten keine umfassende Eigenkapitalspritze erfolgen, droht deshalb möglicherweise auch die Causa Scholz über die Debt-Seite gelöst zu werden – so wie seinerzeit zum Beispiel die Debt-Restrukturierungen bei Solarworld und ATU.
Tritt dieses Szenario ein, droht der Mini-Bond unter die Räder zu geraten. Dieser allerdings gilt als extrem schwer restrukturierbar, weil er unter österreichischem Recht begeben wurde: Ein Mehrheitsbeschluss der Gläubiger reicht nicht aus, um die Anleihebedingungen zu ändern.
Info
Mehr Hintergründe zur Situation bei dem Schrott-Recycler finden Sie auf unserer FINANCE-Themenseite zu Scholz.