Der von der Coronavirus-Pandemie stark gebeutelte Reisekonzern Tui hat sich mit der deutschen Bundesregierung auf weitere Staatshilfen in Höhe von 1,2 Milliarden Euro verständigt. Das teilten die Hannoveraner am heutigen Mittwoch mit.
Das Geld diene dazu, „die touristische Saisonalität im Winter 2020/21“ abzusichern, erklärte das Unternehmen. Zudem würden „weitere längerfristige Reisebeschränkungen und Beeinträchtigungen durch COVID-19 abgedeckt“. Die verfügbare Liquidität würde damit auf insgesamt 2,4 Milliarden Euro wachsen.
Tui erhält Geld über KfW-Kredit und Wandelanleihe
Das frische Geld soll Tui über zwei Kanäle erhalten: Erstens soll der schon bestehende Kredit der Förderbank KfW um 1,05 Milliarden Euro aufgestockt werden. Der Reisekonzern hatte sich Anfang April das erste Mal ein Hilfsdarlehen über insgesamt 1,8 Milliarden Euro besorgt. Damals hatte der Konzern eine bestehende Revolving Credit Facility (RCF) mit den Banken neu strukturiert. Dieser RCF soll nun aufgestockt werden. Die notwendigen Änderungen mit dem Bankenkonsortium seien „nahezu umgesetzt“, erklärte Tui.
Der zweite Baustein besteht aus einer Wandelanleihe über insgesamt 150 Millionen Euro, die der Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) des Bundes zeichnen wird. Damit steht Tui auf der Vorstufe zu einem Staatseinstieg: Sollte die Anleihe vollständig in Aktien gewandelt werden, wäre der Bund mit bis zu 9 Prozent an dem Konzern beteiligt.
Tui-Wandelanleihe wird mit 9,5 Prozent verzinst
Die Ausgabe der Wandelanleihe sei eine der vereinbarten Rahmenbedingungen für die weitere Hilfe, so Tui. Dem Konzern stehe nach Rückzahlung der zusätzlichen KfW-Tranche über 1,05 Milliarden Euro aber ein ordentliches Kündigungsrecht zu. Beide Seiten dürften ein großes Interesse haben, dass es dazu kommt: Für Tui ist die Wandelanleihe mit einer Verzinsung von 9,5 Prozent pro Jahr sehr teuer, für den Staat dürfte das Direktinvestment dagegen nur eine Notfalloption sein.
Die Bundesregierung hatte den WSF Ende März aufgelegt und mit rund 600 Milliarden Euro ausgestattet. Bislang sollen Medienberichten zufolge 14 Unternehmen den WSF um Unterstützung gebeten haben. Die Lufthansa war das erste Unternehmen, das von dem Fonds Geld erhielt. Auch damals kamen – neben einem Direkteinstieg – Wandelanleihen zum Einsatz.
Neben der Emission einer Wandelanleihe gibt es aber noch zweite Bedingung für die Aufstockung des KfW-Kredits bei Tui: Die zusätzliche Tranche stehe unter dem Vorbehalt, dass „die Gläubiger einer im Oktober 2021 fälligen Anleihe auf eine Begrenzung der Verschuldung der Tui verzichten“, erklärte der Konzern. Der Bond ist 300 Millionen Euro schwer und enthält Financial Covenants unter anderem zum Verschuldungsgrad.
Mit den kreditgebenden Banken hatte sich Tui bereits im Frühjahr auf die Aussetzung der Kreditbedingungen. Diese sahen unter anderem vor, dass die Nettoverschuldung nicht das Dreifache des Gewinns vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) überschreitet.
FINANCE-Köpfe
Ratingagenturen senken den Daumen
Die erneute Staatshilfe kommt nicht überraschend: Bereits im Juni hatte Tui-Chef Friedrich Joussen in einem Interview mit der FAZ eingeräumt, dass die bestehenden Finanzhilfen nicht ausreichen könnten, um die finanziellen Folgen durch die Covid-19-Pandemie ausgleichen zu können. Gleichzeitig hatte sich der Touristikkonzern einen harten Sparkurs verordnet und den Abbau von 8000 Stellen, sowie eine Halbierung der Flugzeugflotte bei Tuifly forciert.
Finanzchefin Birgit Conix konnte Anfang Juli mit dem Verkauf der Kreuzfahrttochter Hapag-Lloyd Cruises an Tui Cruises, ein Joint-Venture von Tui und dem US-Kreuzfahrtunternehmen Royal Caribbean für Liquidität sorgen. Der M&A-Deal spülte 700 Millionen Euro in die Kassen. Zuvor musste sie allerdings zwei Rating-Abstufungen verdauen: Im Mai senkte die Ratingagentur Moody’s die Bonität von Tui gleich um zwei Stufen auf Caa1. Im Juni folgte Standard & Poor’s, die ihr Corporate Rating für Tui von B- auf CCC+ senkten. Beide Häuser rechnen mit einem negativen Ausblick.
martin.barwitzki[at]finance-magazin.de
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Einbrechende Nachfrage, einreißende Lieferketten: Etliche Unternehmen leiden massiv unter den Folgen von Corona. Lesen Sie mehr dazu auf unserer Themenseite zum Coronavirus.
Mehr über die Tui-CFO finden Sie auf dem Köpfe-Profil von Birgit Conix. Wie der Konzern versucht, die Coronakrise zu überstehen, können Sie auf unserer Themenseite zu Tui nachlesen.