Bitterer Börsenstart für Westwing: Die Aktie des Online-Möbelhändlers ist zum Auftakt deutlich unter Druck geraten. Platziert beim heutigen Börsenstart zu einem Preis von 26 Euro je Aktie, sackte das Papier in den ersten Handelsminuten um fast 15 Prozent auf 22,80 Euro ab. Anschließend erholte sich die Aktie ein wenig, notierte mit Kursen unter 24 Euro am späten Dienstagvormittag aber immer noch klar unter ihrem Ausgabekurs.
Dabei hatte eigentlich alles auf ein gelungenes Börsendebüt hingedeutet. Das junge, aber operativ schon profitable E-Commerce-Unternehmen hatte auf Grund hoher Nachfrage die Zeichnungsfrist um zwei Tage verkürzt und schon gestern die Bücher geschlossen. Doch anders als erwartet setzten die Konsortialbanken Berenberg und Citigroup den Ausgabepreis nicht am oberen Ende der von 23 bis 29 Euro reichenden Preisspanne fest, sondern nur in der Mitte.
Gestern Abend hatte Westwing-Gründer und -CEO Stefan Smalla noch eine sehr positive Bilanz der IPO-Roadshow gezogen: „Uns ist es gelungen, die richtige Mischung unterschiedlicher Investoren für unsere Aktie zu gewinnen. Sie haben ein langfristiges Interesse an unserem einzigartigen Geschäftsmodell.“

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Westwing-IPO floppt
Muss Westwing Abstriche beim Erlös machen?
Wird die Mehrzuteilungsoption („Greenshoe“) vollständig platziert, würden Westwing 132 Millionen Euro zufließen, die CFO Florian Drabeck in die Rückzahlung von Schulden und die Finanzierung des weiteren Wachstums stecken will. Doch ob dies gelingt, ist mit dem schwachen Handelsstart ungewiss geworden. Ohne die Platzierung zusätzlicher Aktien flössen Westwing nur noch 114 Millionen Euro zu.
Der finale Börsenwert des Unternehmens dürfte je nach Umfang der Greenshoe-Platzierung zwischen 400 und 500 Millionen Euro betragen, der Streubesitz in etwa 25 Prozent. Westwing hatte seinen Umsatz im ersten Halbjahr um 20 Prozent auf 120 Millionen Euro gesteigert und eine Gewinnmarge vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) von 2 Prozent erwirtschaftet. Auf Jahressicht plant Westwing mit einem Umsatz von 250 Millionen Euro.
Kein guter Lauf für Rocket Internet
Mit dem schwachen Börsendebüt Westwings setzt sich der Negativlauf für den Westwing-Großaktionär Rocket Internet fort. Die Berliner Start-up-Schmiede hat im Zuge des Westwing-Börsengangs keine Anteile verkauft, lässt ihren Anteil von 32 Prozent allerdings verwässern.
FINANCE-Köpfe
Auch weitere große Rocket-Beteiligungen sind an der Börse in den vergangen Wochen zum Teil schwer unter die Räder gekommen: Delivery Hero büßte in den vergangenen vier Handelswochen mehr als 17 Prozent des Börsenwerts ein, die HelloFresh-Aktie befindet sich schon länger auf Talfahrt und weist für die zurückliegenden drei Monate ein Minus von 24 Prozent aus. Auch der zweite Online-Möbelhändler aus dem Rocket-Portfolio, Home24, hat seit dem Börsengang im Juni bereits Kursverluste von über 20 Prozent aufgetürmt.
Alle drei Unternehmen haben geschäftlich zum Teil stark unter dem warmen, trockenen Sommer gelitten. Im Sog der wichtigsten Beteiligungen büßte auch die Rocket-Internet-Aktie in den vergangenen vier Wochen rund 8 Prozent ein. Trotz des schwachen Westwing-Debüts konnte sich das Rocket-Papier heute Vormittag jedoch leicht erholen.
michael.hedtstueck[at]finance-magazin.de

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