Eine Woche nach der Ankündigung, für 785 Millionen Euro den spanischen Wettbewerber Acciona Windpower übernehmen zu wollen, gibt Nordex-CFO Bernard Schäferbarthold erstmals Einblick in seine Pläne zur Neuaufstellung der Finanzierungsstruktur des deutschen Windturbinenherstellers. Diese sind umfassend, wie Schäferbarthold gegenüber FINANCE durchblicken ließ: „Wir planen, den Kaufpreis direkt zusammen mit unserer im nächsten April auslaufenden Anleihe über 150 Millionen Euro zu refinanzieren.“ Ziel sei es, „unsere komfortable Cashposition zu erhalten“.
Damit deutet sich eine Finanzierung in einer Größenordnung an, wie sie Nordex am Kapitalmarkt bislang noch nie gestemmt hat. Zum Ende des zweiten Quartals verfügte Nordex über 430 Millionen Euro an Cash und Festgeldern und eine Netto-Cash-Position von mehr als 200 Millionen Euro. Die Cash-Komponente des Acciona-Kaufpreises beläuft sich auf 366 Millionen Euro.
Vor dem Hintergrund, dass Nordex durch die Übernahme seinen Umsatz von 2 auf knapp 4 Milliarden Euro verdoppeln wird, ist davon auszugehen, dass Schäferbarthold die Cash-Position nicht reduzieren wird. Tritt dies ein, beliefe sich das Refinanzierungsvolumen aus Bond und Kaufpreis auf über 500 Millionen Euro. „Ja, es ist davon auszugehen, dass wir in dieser Größenordnung in Kürze ein Finanzierungspaket schnüren werden“, bestätigte Schäferbarthold gegenüber FINANCE.
Der Schuldscheinmarkt stünde Nordex offen
Bei der Wahl des Finanzierungsinstruments deutet sich ein Kurswechsel bei Nordex an. Die Tendenz geht offenbar weg von der Neuauflage des Unrated Bonds, der im nächsten Frühjahr ausläuft. „Wir denken eher über einen Schuldschein nach, aber auch ein Term-Loan-Kredit ist noch eine Option“, berichtet der Nordex-Finanzchef, der diese Funktion auch nach Abschluss der Acciona-Übernahme behalten wird.
Der Schuldscheinmarkt ist heiß und steht kurz davor, in diesem Jahr ein Rekordvolumen zu erreichen. Und die Investoren gieren nach großen Deals. Das hatte sich zuletzt unter anderem die Klinikkette Asklepios zu Nutze gemacht: Wegen der außergewöhnlich hohen Nachfrage stockte Asklepios-CFO Stephan Leonhard das Volumen des Schuldscheins kurzerhand von 200 auf 580 Millionen Euro auf. Der Roboterhersteller Kuka gab heute Morgen die erfolgreiche Platzierung eines Schuldscheins über 250 Millionen Euro bekannt.
Nordex agiert zwar in einem zyklischeren und margenschwächeren Markt als Asklepios und Kuka, aber die Börsennotierung, die stabile Bilanz und der gute Track Record des Managements sollten es auch Schäferbarthold möglich machen, einen Schuldschein dieser Größenordnung platzieren zu können.
Nordex-CFO Schäferbarthold will Leverage unter 2x Ebitda halten
Obwohl mehr als die Hälfte des Kaufpreises fremdfinanziert wird, will Nordex die Bilanzstruktur auch nach der Übernahme nicht zu aggressiv werden lassen. „All unsere Planungen und Berechnungen fußen auf der Prämisse, dass unser Leverage nach dem Closing nicht über 2x Ebitda ansteigen wird“, erklärt CFO Schäferbarthold. Zudem verspricht der Finanzchef, genügend Headroom einzuplanen, so dass die Leverage-Grenze auch im Fall einer Verschlechterung des Cashflows nicht überschritten wird. „Gemäß unserer aktuellen Planung würden wir auch dann unter 2x Ebitda Leverage bleiben, wenn unsere Working-Capital-Quote wieder auf 5 Prozent vom Umsatz steigt.“
Schäferbarthold hält diesen Fall jedoch für sehr unwahrscheinlich und verweist zur Begründung auf die Entwicklung der vergangenen Jahre. „Seit zehn Quartalen liegt unsere Working-Capital-Quote unter 5 Prozent, in der letzten Zeit war das Working Capital von Nordex meistens sogar negativ.“
Seitdem das Unternehmen vor einigen Jahren nach dem Wegbrechen des US-Marktes in schwere Bedrängnis geriet, führt Schäferbarthold ein strenges Working-Capital-Regime. Als die Finanzierung von Nordex vor fünf Jahren auf des Messers Schneide stand, setzte er mehrere hundert Millionen Euro aus dem Nettoumlaufvermögen frei, was dem Unternehmen den nötigen Spielraum gab, um die Durststrecke und die Restrukturierung durchzustehen.
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Nordex-Management hat Aktionärswechsel forciert
Die erfolgreiche Refinanzierung und Integration der Übernahme von Acciona Windpower ist für Nordex von überragender Bedeutung. Zum einen erschließt sich Nordex durch die Übernahme einen neuen Absatzkanal: Der spanische Baukonzern Acciona ist einer der größten Windpark-Betreiber der Welt und errichtet laufend neue Projekte. Acciona Windpower ist der bevorzugte Lieferant der Spanier. Schäferbarthold hofft, dass auch Nordex von dieser starken Kundenbeziehung profitieren kann.
Als noch wichtiger aber bezeichnet Schäferbarthold die Veränderungen in der Aktionärsstruktur, die der Deal gebracht hat. Acciona ist nun mit 29,9 Prozent größter Nordex-Aktionär. Die Unternehmerfamilie Klatten hingegen hat sich weitgehend zurückgezogen und einen Großteil ihres bisherigen Nordex-Anteils von 23 Prozent an Acciona verkauft – mit einem schönen Gewinn.
Das Management hat die Neuordnung der Aktionärsstruktur aktiv vorangetrieben, erzählt Schäferbarthold: „Wir wollten schon lange einen industriellen strategischen Partner. Bei Acciona haben wir diese Möglichkeit gesehen. Wir sind sehr zufrieden damit, wie konstruktiv die Klatten-Familie diesen Prozess begleitet hat.“
Nordex hat den Acciona-Kauf ohne Investmentbank durchgezogen
Auch die Übernahme selbst wurde in Hamburg angebahnt: „Die Initiative für den Merger ging von Nordex aus, wir waren der aktive Part in der Transaktion“, berichtet der Finanzchef. Schnell sei Nordex mit Acciona ins Gespräch gekommen, eine Investmentbank brauchte der Windturbinenhersteller dafür nicht. „Wir hatten nur wenige Berater: Freshfields für die Rechtsthemen, und für die Bewertung Warth & Klein Grant Thornton.“
Mit dem Closing der Übernahme rechnet Schäferbarthold im Februar oder März kommenden Jahres. Dann soll auch direkt der Integrationsprozess beginnen. „Das Integrationsteam stellen wir gerade auf“, so der Nordex-CFO.
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