Wann sich ein Independent Business Review lohnt

Krisenzeiten verlangen eine Strategie und klare Antworten, die dabei helfen, den Turnaround zu schaffen. Der kriselnde Wohnmobilanbieter Knaus Tabbert wollte seine Antworten in einem sogenannten Independent Business Review (IBR) suchen. Nach nur wenigen Tagen stellte sich heraus, dass dieses Instrument die Bayern nicht mehr aus der Krise hieven kann. Stattdessen sollen die Banken einen umfassenden Sanierungsplan nach IDW S6 verlangen, wie FINANCE aus Insiderkreisen erfahren hat. Diese Wendung wirft eine zentrale Frage auf: Wann ist der richtige Zeitpunkt für ein IBR? Ein Independent Business Review verschafft Überblick Was ist ein Independent Business Review überhaupt? „Ein IBR ist eine unabhängige Unternehmensbeurteilung, die sowohl Banken als auch Finanzentscheidern Transparenz über die aktuelle und zukünftige Geschäftsentwicklung verschafft“, erklärt Kristin Kriemann, Sanierungsexpertin bei KPMG. In der aktuellen wirtschaftlich turbulenten Zeit wird der IBR zunehmend an Bedeutung gewinnen, denkt die Expertin. Das zeigen auch FINANCE-Recherchen. Die Methodik ist folgende: Es werden eine detaillierte Planungsrechnung vorgenommen und verschiedene Geschäftsbereiche analysiert. Dabei müssen aktuelle Branchengegebenheiten, Wettbewerber, Vermögenswerte sowie die Ertragslage berücksichtigt werden. „Auch saisonale Gegebenheiten spielen eine wichtige Rolle. Beispielsweise sind die Wintermonate in der Baubranche oft schwach. Das muss zwingend in der Planung berücksichtigt werden“, erklärt die Senior Managerin im Bereich Performance & Strategy. Kristin Kriemann ist Senior Managerin im Bereich Performance & Strategy bei KPMG in Berlin. Foto: KPMG Diese Ergebnisse werden anschließend in Zahlen übersetzt, die aufzeigen, welche Maßnahmen ergriffen werden müssen, um das Unternehmen wieder auf den richtigen Kurs zu bringen. Der nächste Schritt ist es, Szenarien in der Planungsrechnung, wie zum Beispiel den Base Case, Best Case und Worst Case aufzustellen, so Kriemann. Doch im Kern geht es um die Einschätzung, ob ein Geschäftsmodell zukünftig tragfähig ist, schildert die Big-Four-Beraterin. In Auftrag wird der IBR in der Regel vom Unternehmen selbst gegeben, aber auch von Banken angeraten. Die Analyse dauert laut der Expertin zwischen drei und vier Wochen. Die Kosten sind abhängig von der Unternehmensstruktur und belaufen sich nach FINANCE-Recherchen für kleinere Unternehmen auf einen mittleren bis höheren fünfstelligen Bereich. Auch die Banken schätzen IBRs Ein IBR hilft Unternehmen vor allem bei der Verhandlung von (Re-)Finanzierungen. Gerade bei gewissen Branchen verlangen die Banken derzeit mehr Einblicke ins Unternehmen. „Im Gegensatz zu internen Planungsrechnungen schätzen die Finanziers die unabhängige Beurteilung mehr“, so Kriemann. Das bestätigt Carsten Angerer, Head of Workout & Recovery Management Germany der Deutschen Bank: „Ein IBR hat den Vorteil, dass gezielte Themen intensiver und unabhängig von einem sachkundigen Dritten beleuchtet werden können, man benötigt keine allumfassende Begutachtung und vor allem nicht die umfassenden rechtlichen Rahmenbedingungen wie bei Sanierungsgutachten.“ Es sei ein gutes Instrument, um einen schnellen Überblick zu erhalten. Dabei bietet der IBR einen großen Vorteil bei Haftungsfragen. „Er zeigt Handlungsoptionen und -spielräume, insbesondere in der Liquidität, proaktiv auf und schafft so Transparenz für alle Beteiligten“, so Kriemann. Auch wenn das Ergebnis nicht immer positiv ausfällt, schafft der IBR Transparenz – ein entscheidender Faktor, um das Vertrauen von Banken und Investoren aufrechtzuerhalten. Dem stimmt auch der Deutschbanker Angerer zu: „Wenn ein Unternehmen selbst erkennt, dass es bestimmte Bereiche intensiver prüfen muss, und dies transparent gegenüber der Bank kommuniziert, ist das ein großer Vorteil und schafft Vertrauen.“ „Deutet sich eine fortgeschrittene Krise an, muss meist ein Sanierungsgutachten her.“ Kristin Kriemann, KPMG Wann ist ein IBR der richtige Schritt? Doch damit die Banken den IBR für ihre Entscheidung hinzuziehen, ist der richtige Zeitpunkt entscheidend. „Typische Auslöser für einen IBR sind signifikante Marktveränderungen oder Zinsänderungen“, erläutert Kriemann. Banken empfehlen einen IBR oft dann, wenn noch kein Covenant-Bruch stattgefunden hat. Sowohl Kriemann als auch Angerer merken an, dass ein IBR in einer Liquiditätskrise zu spät ist. „Frühzeitiges Handeln schafft eben Handlungsspielräume, die bei fortgeschrittener Krise sonst oft fehlen“, so die Restrukturierungsberaterin Kriemann. Doch hier liegt eine häufige Herausforderung: „Unternehmen neigen dazu, ihre finanzielle Lage optimistischer einzuschätzen als Banken und Berater“, so Kriemann. Wie die KPMG-Beraterin betont, fehlt vielen Unternehmen die Sensibilität für sich abzeichnende Risiken, sei es durch steigende Zinsen oder Veränderungen im Geschäftsmodell. Ein IBR sei, abhängig von der Verfassung des Unternehmens, oft ausreichend und belaste den Kunden weniger. „Wenn das Management der Situation zum Beispiel mangels Krisenerfahrung nicht gewachsen ist oder kein Vertrauen besteht, dann empfehlen wir einen IBR“, so Angerer. FINANCE-TV Restrukturierer Lutz Jäde: „Oft fehlt das strategische Zielbild“ Viele Restrukturierungen werden zu kurzfristig und finanzgetrieben angegangen, meint Lutz Jäde von Oliver Wyman. Wie es besser geht, berichtet der Partner bei FINANCE-TV. Mehr lesen IBR versus Sanierungsgutachten Deutet sich eine fortgeschrittene Krise an, muss meist ein Sanierungsgutachten her. Hier ist der klare Unterschied, dass im Gegensatz zu solch einem Sanierungsgutachten nach IDW S6 der IBR weder gesetzlich geregelt noch standardisiert ist und somit flexibel auf unterschiedliche Unternehmenssituationen angepasst werden kann, weiß Kriemann. Zudem ist laut Carsten Angerer von der Deutschen Bank ein IBR eine kostengünstigere und schnellere Alternative als das Sanierungsgutachten. „Wir fordern Sanierungsgutachten nur dann an, wenn es rechtlich erforderlich ist und es die Situation erfordert, da solche Gutachten aufwändig und teuer sind.“ Der Preis spielt im Markt durchaus eine entscheidende Rolle. Kritiker merken an, dass Unternehmen häufig einen IBR wählen, um nicht das teure Sanierungsgutachten zahlen zu müssen. Oft sei es allerdings der Fall, dass der IBR schlussendlich doch in ein Sanierungsgutachten mündet. Entscheidend, in welche Richtung die Analyse läuft, bleibt der Zeitpunkt, zu welchem ein Unternehmen externe Berater hinzuzieht.

So können CFOs bis zu 80 Prozent in der Rechtsabteilung einsparen

CFO Ladurner rüstet Hensoldt für weiteres Wachstum

M&A-Deals: Merck, Axel Springer, Accountable

Hornbach findet Nachfolgerin für CFO Karin Dohm

Wann sich ein Independent Business Review lohnt

Aktuelle Artikel

So können CFOs bis zu 80 Prozent in der Rechtsabteilung einsparen

CFO Ladurner rüstet Hensoldt für weiteres Wachstum

FINANCE Daily

Weitere Inhalte zum Thema

Die Rolle der Banken in der Immobilienkrise

Varta-CRO: „Die herausforderndste Restrukturierung meiner Karriere“

Restrukturierer Lutz Jäde: „Oft fehlt das strategische Zielbild“

Aktuelle FINANCE Multiples

Software-Firmen: Mit starken Fundamentaldaten und richtiger Spezialisierung auftrumpfen

Beratende Dienstleistungen ist ein Feld für Strategen

Infrastruktur lockt Private Equity

Nachrichten

Themen

Unternehmen

FINANCE TV

FINANCE Köpfe

FINANCE Podcast

FINANCE Magazin

Research

Multiples

Events

Newsletter

Abonnements

Mediadaten

Redaktion

Stellenmarkt

Partner

Kontakt