Es stand seit Wochen im Raum, nun ist es offiziell: Der Modehändler muss zum zweiten Mal in die Insolvenz. Nachdem bereits erste europäische Tochterunternehmen des Labels, darunter die Unternehmen in der Schweiz und Belgien, Insolvenz anmelden mussten, hatte der europäische Mutterkonzern Esprit Europe Holding zunächst noch auf einen Retter in der Krise gehofft.
Doch diese Hoffnung ist nun zerplatzt. Esprit hat am heutigen Mittwoch Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung beim Amtsgericht in Düsseldorf eingereicht. Davon betroffen sind neben der Europa-Holding auch sechs weitere Gruppengesellschaften in Deutschland, wie das Modeunternehmen mitteilte.
In dem neuen Insolvenzverfahren wolle sich der europäische Arm von Esprit restrukturieren und neu aufstellen, heißt es weiter. Die Münchener Kanzlei Gerloff Liebler Rechtsanwälte wird das Unternehmen durch die Restrukturierung begleiten. Dafür wurden Christian Gerloff und Christian Stoffler für alle deutschen Gesellschaften zu Geschäftsführern berufen. Gerloff begleitete bereits andere kriselnde Modekonzerne, wie Gerry Weber und Hallhuber, durch die Insolvenz. Benedikt Gatt fungiert künftig als Generalbevollmächtigter.
Esprit: Hoffnung auf neuen Investor
Während die Führung der Esprit-Gesellschaften in die Hände der Restrukturierer gelegt wird, werde die bisherige Geschäftsführerin Man Yi Yip Esprit verlassen. Der Geschäftsbetrieb soll „bis auf Weiteres“ fortgeführt werden. Von der Insolvenz betroffen sind rund 1.500 Mitarbeiter.
Esprits Insolvenzantrag kommt nicht überraschend: So hatte das Unternehmen im jüngsten Geschäftsbericht bereits angedeutet, dass es „erhebliche Zweifel an der Fähigkeit der Gruppe zur Fortführung des Unternehmens“ gebe. Ursache dafür ist unter anderem ein massiver Einbruch des Umsatzes im vergangenen Jahr, der um 16 Prozent auf umgerechnet knapp 700 Millionen Euro zurückging. Der Nettoverlust lag 2023 bei umgerechnet 276 Millionen Euro.
Eigenen Angaben zufolge habe Esprit zuletzt über ein ausreichendes Working Capital verfügt, um aus eigener Kraft die finanziellen Verpflichtungen im laufenden Geschäftsjahr 2024 decken. Allerdings belief sich das Net Working Capital zum Jahresende 2023 auf rund 12 Millionen Euro, dem gegenüber standen jedoch kurzfristige Schulden in Höhe von rund 300 Millionen Euro. Ein neuer Investor, so die Hoffnung, sollte das Ruder noch herumreißen und das europäische Geschäft übernehmen und sanieren. Diesen hat Esprit bislang noch nicht gefunden.
Zweite Insolvenz für Esprit
Für den Modekonzern ist es bereits die zweite Insolvenz. Seit dem ersten Insolvenzverfahren im Jahr 2020 ist das börsennotierte Unternehmen in chinesischer Hand, das Family Office der Hongkonger Milliardärin Karen Lo hatte Esprit seinerzeit übernommen.
Esprit gesellt sich damit zu einer Reihe von anderen insolventen Modeunternehmen. Die Zahl der Pleiten in der Branche ist zuletzt weiter gestiegen. Vor allem die Corona-Pandemie wirkt bei vielen Modekonzernen noch nach. Dazu kommen strukturelle Probleme wie der Ausbau des E-Commerce-Geschäfts sowie fällige Investitionen in die stationären Läden.
Jasmin Rehne ist Redakteurin bei FINANCE und verfolgt schwerpunktmäßig die Themen Controlling, Gehalt und Personal. Sie hat in Marburg Sprache und Kommunikation studiert. Neben ihrem Studium arbeitete Jasmin Rehne bereits als studentische Hilfskraft bei FINANCE.