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Bundeskartellamt gibt Unicredit grünes Licht

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Unicredit darf weitere Commerzbank-Anteile erwerben. Foto: josefkubes - stock.adobe.com
Unicredit darf weitere Commerzbank-Anteile erwerben. Foto: josefkubes - stock.adobe.com

Rückschlag für die Commerzbank im Übernahme-Poker: Die italienische Großbank Unicredit darf 29,99 Prozent am deutschen Konkurrenten erwerben. Das Bundeskartellamt hat den Einstieg unter fusionsrechtlichen Gesichtspunkten freigegeben, teilte die Behörde am Montagvormittag mit.

Unicredit ist vergangenen September bei der Commerzbank einstiegen und hat den Anteil immer weiter erhöht. Aktuell hält sie 9,5 Prozent der Aktien und hat sich über Optionen und Derivate Zugriff auf weitere knapp 18,5 Prozent an der zweitgrößten deutschen Privatbank gesichert.

Schon durch den angemeldeten Minderheitserwerb komme es zu einer Stärkung der Marktposition der Unicredit im Privat- und Firmenkundengeschäft in Deutschland, schreibt das Bundeskartellamt. „Wir haben uns deshalb die besonders betroffenen Finanzdienstleistungen intensiv angesehen. In allen Bereichen sind weitere bedeutende Wettbewerber tätig, weshalb das Vorhaben freizugeben war“, erklärte Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, die Entscheidung.

Kartellamt sieht ausreichend Mitbewerber im Markt

Sowohl im regionalen Geschäft mit Privat- und Geschäftskunden mit Umsätzen bis etwa 10 Millionen Euro als auch im Firmenkundengeschäft mit dem gehobenen Mittelstand sei eine räumliche Abdeckung sowohl durch eigene Filialen wie auch von Mitbewerbern wie Raiffeisen- und Volksbanken sowie Sparkassen gegeben.

Das gelte besonders für die Finanzierung der Außenhandelsaktivitäten deutscher Unternehmen. Das Bundeskartellamt habe umfassende Ermittlungen bei bedeutenden Wettbewerbern wie Deutsche Bank, DZ Bank, Helaba, LBBW oder BayernLB durchgeführt, um die Anbieterstrukturen und die Wettbewerbsprozesse zu prüfen. 

„Belastbare Hinweise auf eine zusammenschlussbedingte erhebliche Behinderung wirksamen Wettbewerbs – der Eingriffsschwelle für die Untersagung eines Zusammenschlusses – haben sich hieraus nicht ergeben“, heißt es in der Mitteilung des Bundeskartellamts.

Ausweichmöglichkeiten in Trade Finance sind gegeben

Zwar habe die Commerzbank eine teils starke bis marktführende Stellung im Bereich der Handelsfinanzierungen, in dem auch die Unicredit tätig ist. Allerdings verfügten auch verschiedene Wettbewerber über eine bedeutende Marktposition oder hätten das Potential, ihre Marktposition auszubauen. Deshalb komme das Bundeskartellamt zu dem Schluss, dass auch nach einer möglichen Übernahme relevante Ausweichalternativen für die deutsche Wirtschaft bestehen würden.

Das gelte auch für das Segment der Konsortialkredite an mittelständische Unternehmen. Zwar würden Commerzbank und Hypovereinsbank – die deutsche Tochter der Unicredit – hier eine bedeutende Marktposition einnehmen, allerdings stünden genügend überregional tätige Institute als Alternative bereit.

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Außerdem stünden mit steigendem Kreditvolumen auch ausländische Banken zur Verfügung. Für einen Teil der Kreditnehmer des gehobenen Mittelstandes bestünden zudem – je nach konkretem Finanzierungsbedarf – alternative Finanzierungsmöglichkeiten wie zum Beispiel Schuldscheindarlehen oder Anleihen.

Unicredit will sich für nächste Schritte Zeit lassen

Die Commerzbank teilte auf FINANCE-Nachfrage mit, dass der Beschluss des Bundeskartellamts zur Kenntnis genommen worden sei. „Dieser Schritt ändert nichts an der grundsätzlichen Situation: Die Unicredit ist nach wie vor ein Aktionär der Commerzbank.“ In der Vergangenheit hatte der Commerzbank-Vorstand sich immer gegen eine Übernahme ausgesprochen und sich für die Eigenständigkeit der Bank ausgesprochen.

Unicredit teilt mit, dass sie sich weiterhin auf die Umsetzung der zweiten Phase
der Unicredit Unlocked-Strategie konzentrieren werde. Die Commerzbank bleibe ein Investment, dessen wirtschaftliche Risiken abgesichert sind. Unicredit werde die Transaktion nur durchführen, wenn die eigenen strengen finanziellen Vorgaben erfüllt würden und der vielversprechende Basisplan dadurch verbessert wird.

Unicredit-Chef Orcel hatte in der Vergangenheit immer wieder bekräftigt, dass die Bank ihre Beteiligung an der Commerzbank unverändert als ein finanzielles Investment betrachte. Weiterführende Entscheidungen werde man erst treffen, wenn die neue Bundesregierung in Berlin im Amt ist. Eine Entscheidung der Unicredit wird für das vierte Quartal erwartet.

In Deutschland muss ein Zusammenschluss bei einem Anteilserwerb von mindestens 25 Prozent oder dem Erwerb eines „wettbewerblich erheblichen Einflusses“ angemeldet werden. Ab einem Anteilsbesitz von 30 Prozent müsste Unicredit ein offizielles Übernahmeangebot abgeben.

Falk Sinß ist Redakteur bei FINANCE. Er hat Soziologie, Politologie und Neuere und Mittlere Geschichte in Frankfurt am Main sowie in Mainz Journalismus studiert, wo er auch einen Lehrauftrag inne hatte. Vor seiner Zeit bei FINANCE war Falk Sinß drei Jahre Redakteur der Zeitschrift Versicherungswirtschaft und zehn Jahre für verschiedene Medien des Universum Verlags tätig.