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Restrukturierer fürchten Kreditausfälle

Tasche leer? Besonders für 2021 rechnen Experten mit mehr Insolvenzen und Restrukturierungen.
sharpshutter22 - stock.adobe.com

Das vergangene halbe Jahr stand klar im Zeichen der Corona-Pandemie: beginnend bei den Hiobsbotschaften im Frühjahr mit dem temporären Lockdown der Wirtschaft in den Monaten März und April über die Hoffnungen auf einen V-förmigen Konjunkturverlauf im Sommer bis hin zu den aktuell besorgniserregenden Hinweisen auf eine zweite Welle im Infektionsgeschehen. Nimmt man das Herbstgutachten der führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute beim Wort, wird das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland in diesem Jahr um 5,4 Prozent gegenüber 2019 einbrechen.

Vor diesem Hintergrund sind die Einschläge in den Bankbilanzen bis dato erstaunlich moderat. Nach Einschätzung der Bundesbank hat die Coronavirus-Krise bisher kaum zu höheren Wertberichtigungen bei den Geldhäusern geführt. Die Zahl der Firmenpleiten ist überschaubar. Die Gründe dafür liegen vor allem im beherzten Eingreifen der Politik. Aktuell helfen staatliche Hilfsmaßnahmen, die Pleitewelle aufzuschieben.

Mit weniger Krisenfällen rechnet kein Befragter

Das dürfte sich aber ändern, wie die Einschätzungen der Restrukturierungsexperten zeigen, die FINANCE in Zusammenarbeit mit dem Beratungshaus Struktur Management Partner (SMP) im Rahmen des 17. Restrukturierungsbarometers befragt hat. Demnach gehen 88 Prozent der befragten Banker in den kommenden sechs Monaten von einer zunehmenden oder deutlich zunehmenden Zahl der Restrukturierungsfälle aus (Frühjahr 2020: 82 Prozent). Mit abnehmenden beziehungsweise deutlich abnehmenden Zahlen rechnet kein einziger Teilnehmer. Mit einer Insolvenzwelle rechnen 11 Prozent der Befragten bereits ab Oktober, 54 Prozent erwarten diese erst Anfang des kommenden Jahres.

So verwundert es nicht, dass lediglich 11 Prozent der Befragten glauben, die deutsche Wirtschaft habe das Schlimmste der Coronakrise bereits überstanden. 43 Prozent sind deutlich pessimistischer und erwarten weiteres Ungemach. Die Unsicherheit unter den Befragten ist jedoch hoch: 33 Prozent wollten sich bei dieser Frage nicht festlegen, da der weitere Pandemieverlauf kaum abschätzbar sei.

Corona bleibt größte exogene Gefahr

Auch bei den exogenen Gefahren, die die Experten für Restrukturierungen aktuell am problematischsten für die von ihnen betreuten Unternehmen einschätzen, rangieren die Auswirkungen der Coronakrise auf Platz eins (76 Prozent), gefolgt von der Digitalisierung und der Wachstumsschwäche der Eurozone (60 Prozent).

Noch allerdings ist der Einfluss der Pandemie auf die Kreditportfolien der Banken überschaubar: 56 Prozent der befragten Workout-Banker gaben an, dass die Coronakrise ihr Kreditportfolio nur schwach oder sehr schwach getroffen hat. Lediglich 32 Prozent stellten einen starken beziehungsweise sehr starken Einfluss fest.

In dieses Bild passt, dass der Trend bei der Zahl neuer Restrukturierungsfälle gekippt ist. 35 Prozent der Befragten gaben an, in den vergangenen sechs Monaten mehr Fälle zur Bearbeitung bekommen zu haben (Frühjahr 2020: 65 Prozent). 43 Prozent registrierten in etwa gleich viele Fälle (Frühjahr 2020: 26 Prozent) und 16 Prozent sogar weniger (Frühjahr 2020: 5 Prozent). „Für das nächste halbe Jahr könnte sich diese Momentaufnahme jedoch wieder umkehren“, prognostiziert Georgiy Michailov von Struktur Management Partner.

Liquidität bleibt weiter im Blick

Gleichwohl haben knapp 40 Prozent der Kreditinstitute ihre Risikovorsorge in den vergangenen Monaten um mindestens 50 Prozent erhöht – einzelne Institute sogar um mehr als 100 Prozent, was ein deutlicher Indikator für die Erwartungen der Finanziers ist.

Damit einhergehend wird typischen Krisenindikatoren wieder mehr Aufmerksamkeit zuteil. Die Entwicklung der Liquiditätsposition und des Auftragseingangs sind dabei die wichtigsten „Warnlampen“. 65 Prozent beziehungsweise 57 Prozent der Befragten achten zurzeit besonders auf diese beiden Positionen. Es folgen mögliche Ertragsrückgange (39 Prozent) und mögliche Umsatzrückgänge (35 Prozent).

Vier von fünf Befragten (81 Prozent) gaben zudem an, wegen zunehmender Krisenfälle – vor allem durch die Corona-Pandemie – neue Kreditengagements mindestens in Einzelfällen zurzeit kritischer zu prüfen. Das hat bei Neukrediten insbesondere deutlich höhere Dokumentations- und Reporting-Anforderungen (40 Prozent der Befragten), strengere Financial Covenants (31 Prozent) sowie höhere Margen (30 Prozent) zur Folge.

KfW-Kredite erweisen sich als hilfreich

Positiv kommen die KfW-Hilfskredite in der Umfrage weg. Mehr als drei Viertel (77 Prozent) der Befragten urteilen positiv über die von der staatlichen Förderbank vergebenen Corona-Darlehen. Sie könnten helfen, die Krise zu überwinden. Lediglich 9 Prozent äußerten sich negativ und führten als Begründung an, dass dadurch Probleme nur verschoben würden.

redaktion[at]finance-magazin.de

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