Newsletter

Abonnements

Als externer CFO im Familienunternehmen

Artikel anhören
Artikel zusammenfassen
Teilen auf LinkedIn
Teilen per Mail
URL kopieren
Drucken
Als externer CFO zu einem Familienunternehmen zu kommen, ist nicht immer leicht. Foto: MH - stock.adobe.com
Als externer CFO zu einem Familienunternehmen zu kommen, ist nicht immer leicht. Foto: MH - stock.adobe.com

Der Neue in der Familie: Als erster externer CFO zu einem Familienunternehmen zu stoßen, ist vor allem mit einem intensiven Vorauswahlprozess verbunden. „Ein gemeinsames Werteverständnis ist wichtig, wenn man zu einem Familienunternehmen stößt“, erklärt Michael Löbig, der bei Hima der erste Finanzchef ist, der nicht aus der Gründerfamilie kommt.

Der Weg dahin war nicht einfach. Insgesamt habe der Auswahlprozess ganze neun Monate gedauert, sagt Löbig. Im Recruiting-Prozess sei er auf Herz und Nieren geprüft worden. „Es war wichtig, dass eine Vertrauensstellung mit der Eigentümerfamilie hergestellt werden kann. Ich musste offen und ehrlich sagen, wofür ich stehe.“

CFO Löbig auf dem Prüfstand

Während des Prozesses stellte Löbig dem Hima-Gesellschafter Steffen Philipp auch seine Familie vor. „Es war ein sehr starkes und ehrliches Interesse an mir als Person spürbar, gerade auch jenseits der Fachlichkeit und einschließlich meiner Familie“, sagt er.

Zur gleichen Zeit wie Löbig wurde der neue CEO, Jörg de la Motte, gecastet. Auch er kam als externer Kandidat, zuvor war er für Bosch Rexroth tätig gewesen. Dem Gesellschafter Philipp sei wichtig gewesen, dass zwischen CEO und CFO die Chemie stimme, erklärt Löbig. „Wir haben uns an einem Wochenende im Spessart getroffen.“

Beide Führungskräfte übernahmen zum 1. Juli 2021 die Geschäftsführung. Der Anbieter für Sicherheitstechnologie Hima wird bereits in vierter Generation geführt. Die Philipps wollen das Unternehmen auch künftig in Familienhand halten. „Die fünfte Generation steht schon in den Startlöchern“, erläutert der CFO.

Löbig kam von Heidelberger Druckmaschinen

Finanzchef Löbig kam von Heidelberger Druckmaschinen, wo er Leiter Accounting and Reporting war. Für ihn waren die Werte des Konzerns ausschlaggebend dafür, zu dem Familienunternehmen zu wechseln. „Bei Hima wird nicht auf Kosten des Staates oder der Mitarbeiter gewirtschaftet“, sagt er. „Viele Unternehmen machen zwischen Geld vom Staat durch Kurzarbeit und Geld vom Kunden keinen Unterschied.“ Statt kurzfristiger Profitmaximierung, stehe ein langfristiger dynastischer Gedanken im Vordergrund.

Ihn hätte zudem die Gesamtverantwortung gereizt: „In meinem vorherigen Job ging es darum, möglichst fehlerfrei nach Noten zu spielen. Jetzt muss ich die gesamte Orgel spielen, aber es sind Fehler erlaubt, solange der Konzertsaal gut gefüllt und das Publikum begeistert ist.“

Unterschied Konzern zu Familienunternehmen

Auch bei den zentralen Steuerungszahlen habe es eine Änderung gegeben. In der Vergangenheit seien bei dem Familienunternehmen beispielsweise die Liquidität und das Ergebnis nach Steuern wesentliche Steuerungskennzahlen gewesen. Heute seien Order Intake, Umsatz, das bereinigte Ebit und Days Working Capital die relevanten Kennzahlen, berichtet Löbig. „Liquidität ist eine wichtige Nebenbedingung, und sie ist verständlicherweise auch eine wichtige Komponente für die Gesellschafter, aber im Steuerungskonzept des operativen Geschäftes ist sie keine wesentliche Steuerungskennzahl.“

Bei Zukäufen komme die Komponente Familienunternehmen ebenfalls zum Tragen. „Das Geld kommt von der Eigentümerfamilie und nicht von anonymen Aktionären.“ Dementsprechend sei auch die erste Akquisition in der Unternehmensgeschichte in diesem Jahr aufwendig gewesen. Der gesamte Prozess laufe „sorgfältiger, kritischer und in enger Abstimmung mit den Gesellschaftern ab, da die Geschäftsführung nicht nur aus Unternehmensinteresse, sondern auch als Vertraute der Eigentümerfamilie handelt“. Hima hat im Februar das britische Unternehmen Sella Controls gekauft.

Governance als Herausforderung

Besonders beim Thema Governance sei erwartet worden, dass auf Basis des langjährigen Konzernhintergrundes beider Geschäftsführer neue Standards gesetzt werden, berichtet Löbig. „Als wir kamen, war beispielsweise die Führung und Kontrolle der Tochtergesellschaften verbesserungswürdig. Eine standardisierte Geschäftsordnung für die Geschäftsführung der Tochtergesellschaften, die zustimmungspflichtige Geschäfte wie beispielsweise die Aufnahme von Krediten regelt, existierte nicht. Wir haben durchgängig das Vier-Augen-Prinzip und Corporate Guidelines eingeführt.“

Zudem gab es viele Direct Reports an den Finanzchef und seinen Geschäftsführungskollegen. „Nach und nach haben wir eine gesunde Reporting-Struktur eingeführt, was durchaus Kraft gekostet hat.“ Zusätzlich haben die neuen Geschäftsführer ein Risikomanagementsystem eingeführt. Trotz der ein oder anderen Widrigkeit würde sich CFO Löbig wieder für ein Familienunternehmen entscheiden.

Eva Brendel ist Redakteurin bei FINANCE und DerTreasurer. Sie hat Kommunikationswissenschaft, VWL und Politik in Bamberg und Jena studiert. Neben dem Studium arbeitete Eva Brendel als freie Nachrichtenmoderatorin bei einem Lokalsender und moderierte eine eigene Podcast-Reihe.