Darum sind CFOs die besseren Aufsichtsräte

Bei der Frage, ob sie die operative Arbeit als Finanzchefin vermisse, muss Simone Menne nicht lange überlegen: „Nein, alles hat seine Zeit“, erklärt sie leise lächelnd im Gespräch mit FINANCE. Dass es in ihrem Fall bereits im Dezember 2017 Zeit für das Ende ihrer CFO-Laufbahn sein würde, hatte damals viele Kenner überrascht. Mit gerade einmal 57 Jahren kehrte Menne dem Finanzressort den Rücken – in einem Alter, in dem die allermeisten Top-Manager noch nicht genug vom aktiven Tagesgeschäft haben. Doch Menne, die 2012 von Lufthansa als erste Frau überhaupt zur Finanzchefin eines Dax-Konzerns berufen wurde, hat ihren Entschluss von damals nicht bereut: „Als Vorständin ist man letztlich massiv fremdbestimmt.“ In ihrer neuen Rolle als „Multiaufsichtsrätin“ – momentan hat sie vier Kontrollmandate inne – könne sie deutlich unabhängiger agieren. Auf der anderen Seite sei der Einfluss nun natürlich merklich geringer: „Wir kontrollieren und beraten den Vorstand“, so die gebürtige Kielerin. Anders als etwa im One-Tier-System der USA seien die Aufsichtsräte in Deutschland aber definitiv keine „Macher“. Info Simone Menne Vor ihrer Aufsichtsratskarriere war Simone Menne eine der ersten Top-Managerinnen in Deutschland. Von 2012 bis 2016 fungierte sie als erste CFO der Lufthansa. Zu ihren Mandaten als Aufsichtsrätin zählen bislang unter anderem BMW, DHL und Henkel. Seit 2018 betreibt sie zudem ihre eigene Kunstgalerie in Kiel. Foto: Simone Menne Zahlreiche CFOs schlagen Karriere als Aufsichtsrat ein Simone Mennes Werdegang steht stellvertretend für einen größeren Trend. So haben in den vergangenen Jahren mit Werner Brandt (ehemals SAP), Rachel Empey (ehemals Fresenius) oder Marion Helmes (ehemals Celesio) zahlreiche Finanzmanager ebenfalls eine professionelle Aufsichtsratskarriere eingeschlagen. Auch Ex-Evonik-CFO Ute Wolf und jüngst Anna Sedgley (Bauer Media Group) haben angekündigt, sich in diese Richtung orientieren zu wollen. Hinzu kommen unzählige noch aktive Finanzvorstände, die parallel zu ihrer operativen Tätigkeit in einem oder mehreren Kontrollgremien tätig sind. Mehr zum Thema Ute Wolfs letzte Tage bei Evonik CFO Ute Wolf war 17 Jahre für Evonik aktiv. Im Gespräch mit FINANCE hat sie ihre Zeit beim Spezialchemiekonzern Revue passieren lassen – und begründet ihren Abschied. Mehr lesen Allein im Dax40 ist der Finanzer-Einfluss enorm, wie eine exklusive Analyse des langjährigen Aufsichtsratsexperten Thomas Tomkos von Russell Reynolds für FINANCE aus dem Herbst 2023 zeigt. Demnach wurden zu diesem Zeitpunkt 64 der insgesamt 336 Dax-Aufsichtsratsposten von aktiven oder ehemaligen Finanzchefs bekleidet. Das entspricht einem stattlichen Anteil von knapp 20 Prozent. Hohe CFO-Dichte in den Dax40-Aufsichtsräten Für noch bemerkenswerter hält Tomkos die hohe CFO-Dichte bei den Dax-40-Prüfungsausschüssen – neben dem Präsidium die wohl wichtigsten Aufsichtsratsgremien: Hier waren Stand Ende September vergangenen Jahres 21 der 40 Vorsitze mit (ehemaligen) CFOs bestückt. Insgesamt sind laut Tomkos Auswertung mehr als zwei Drittel der 64 Finanzchefs als Mitglied in einem Prüfungsausschuss aktiv. Info Prüfungsausschuss Das Gesetz zur Stärkung der Finanzmarktintegrität (FISG) verpflichtet Aufsichtsräte aller Unternehmen von öffentlichem Interesse dazu, einen Prüfungsausschuss einzurichten. Er beschäftigt sich typischerweise mit den Themen Rechnungslegung, Risikomanagement, Compliance und Abschlussprüfung. Überraschend komme der hohe Finanzer-Anteil letztlich nicht, so Tomkos: „Die Biografie eines CFO bietet ziemlich gute Voraussetzungen für eine zusätzliche Karriere als Aufsichtsrat.“ Er spricht von einer Art „Sogwirkung“, die sich im Wesentlichen aus zwei Faktoren speise. Zum einen sei da die fachliche Ebene: „Das Rollenverständnis von Finanzchefs hat sich in den vergangenen Jahren stark gewandelt: weg vom bloßen Chefbuchhalter beziehungsweise Zahlenjongleur hin zum strategischen Entscheider eng an der Seite des CEO“, erklärt Tomkos. „Die Biografie eines CFO bietet ziemlich gute Voraussetzungen für eine zusätzliche Karriere als Aufsichtsrat.“ Thomas Tomkos, Russell Reynolds Strategie-Know-how und Regulatorik begünstigen CFO-Trend Entsprechend hoch würden daher mittlerweile die strategischen Fähigkeiten von CFOs eingeschätzt. Paradebeispiele seien etwa die Karrieren von Finanzern wie Joe Kaeser oder Tim Höttges, die schließlich zu CEOs befördert wurden. Beide sind längst auch emsige Aufsichtsräte: Während Höttges derzeit ein Mandat bei Mercedes-Benz hält, ist Kaeser Aufsichtsratschef von Siemens Energy und Daimler Truck. Zum anderen werde der steigende Einfluss von CFOs in den Kontrollgremien von regulatorischer Seite begünstigt: Vor allem die Einführung des Gesetzes zur Stärkung der Finanzmarktintegrität (FISG) als Folge des Wirecard-Skandals vor gut zwei Jahren hat laut Tomkos die Notwendigkeit finanzieller Expertise in Aufsichtsräten nochmal erhöht. So muss seitdem mindestens ein Mitglied über Sachverstand auf dem Gebiet der Rechnungslegung und mindestens ein weiteres Mitglied über Sachverstand auf dem Gebiet der Abschlussprüfung verfügen. „Diese Anforderungen erfüllen CFOs natürlich nicht exklusiv, aber es hat definitiv nochmal für erhöhte Aufmerksamkeit gesorgt“, so Tomkos. Geschlechterquote in Führungspositionen wirkt Ein weiteres Gesetz, auf das der verstärkte Einzug von CFOs in Aufsichtsräten zurückzuführen sein dürfte, ist das seit Mai 2015 geltende Erste Führungspositionen-Gesetz (Füpog I). Ziel dieses Gesetzes, das 2021 in einer zweiten Edition weiterentwickelt wurde, ist die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst. Die hiesigen Aufsichtsräte sind seitdem erheblich weiblicher: Laut dem Women-on-Board-Index, der die 160 Unternehmen der Dax-Familie untersucht, liegt der Anteil weiblicher Aufsichtsräte aktuell bei rund 36,5 Prozent. „Da hat sich in den vergangenen Jahren wirklich viel getan, auf Vorstandsebene sind wir von solchen Zahlen allerdings noch weit entfernt“, erklärt Michael Wolff, Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Georg-August-Universität Göttingen. Genaue Untersuchungen, wie weibliche Finanzvorstände von dem Gesetz profitieren, gibt es zwar nicht. Dass sie es unter dem Strich tun, gilt unter Experten jedoch als weitgehend gesichert. So werden Michael Wolff zufolge hierzulande die beiden Vorstandsressorts Personal und Finanzen überproportional oft von Frauen bekleidet. „Daher dürften weibliche Personal- und Finanzvorstände in den vergangenen Jahren entsprechend öfter in den Fokus bei der Neuvergabe von Aufsichtsratsmandaten gerückt sein.“ Professionalisierter Auswahlprozess von Aufsichtsräten Simone Menne hält die viel diskutierte und kritisierte Geschlechterquote letztlich für ein notwendiges Übel: „Ich bin eine große Befürworterin der Regel. Es ist traurig, aber offensichtlich braucht es diesen Zwang, um die dringend benötigte Diversität herzustellen.“ Wolff ergänzt, dass die Quote einen oft übersehenen Qualitätsschub mit sich gebracht habe: „Der Besetzungsprozess ist dadurch deutlich professioneller geworden.“ So werde bei der Kandidatensuche inzwischen in aller Regel auf spezialisierte Headhunter zurückgegriffen – vor nicht allzu langer Zeit seien die Posten oft noch aus „Family & Friends“ rekrutiert worden. Gleichwohl gilt: Betrachtet man Wolffs jährlich erscheinende Studie zu den einflussreichsten Aufsichtsräten Deutschlands, so wird schnell deutlich, dass zumindest an der Spitze noch ein weiter Weg bis zur Parität zu gehen ist: So listet die aktuelle Ausgabe gleich neun Männer in den Top 10 auf, die im Mittel über 68 Jahre alt sind. Auf den ersten vier Rängen landen vier Vertreter der mächtigen Autoclans Piëch und Porsche, mit Ex-CFO Hans Dieter Pötsch (unter anderem VW und Porsche Holding) auf Platz 1. Zu verdanken hat er dies seiner Funktion als Chefkontrolleur von VW und Traton sowie einem weiteren Mandat bei der Porsche AG. Darüber hinaus fungiert der 72-jährige Österreicher als Vorstandsvorsitzender der Porsche Holding, die wiederum Beteiligungen an Volkswagen und der Porsche AG hält. Mächtige Großaktionäre dominieren Dax-Aufsichtsräte Die anhaltend hohe Konzentration älterer Männer in dem Ranking hält Michael Wolff nicht per se für verwerflich: „Das sind eben oftmals die Vertreter der jeweiligen Großaktionäre, die einen berechtigten Anspruch auf Präsenz in den Kontrollgremien haben.“ Was man aber kritisch sehen könne, sei die sich hier eindrücklich widerspiegelnde Industrielastigkeit der deutschen Wirtschaft: „Vor allem im Vergleich mit den USA, etwa dem S&P 500, kommen bei uns im Dax Zukunftsindustrien noch immer viel zu kurz. Diese schleppend verlaufende Transformation könnte sich perspektivisch als gefährlich erweisen“, warnt Wolff. „Im Dax kommen Zukunftsindustrien noch immer viel zu kurz.“ Michael Wolff, Universität Göttingen Und gerade den Aufsichtsräten komme an dieser Stelle eine Schlüsselrolle zu, findet Menne, weshalb sich das Thema Diversität nicht nur auf das Geschlecht beschränken dürfe: „Ein gutes Aufsichtsratsgremium braucht Vielfalt auf allen Ebenen – sei es mit Blick auf das Geschlecht, die Herkunft, das Alter oder den fachlichen Background seiner Mitglieder.“ Sie selbst hat im Übrigen ebenfalls keine grundsätzlichen Einwände gegen starke Ankeraktionäre im Aufsichtsrat: „Zu meiner Zeit als Lufthansa-CFO hätte mir Klaus-Michael Kühne als starker Aufsichtsrat sogar durchaus die Arbeit erleichtert.“ Stattdessen sei das Lufthansa-Kontrollgremium damals ein enorm fragmentiertes Gebilde gewesen, unter anderem besetzt mit Vertretern von Hedgefonds und Pensionsfonds, erinnert sich Menne: „Die vielen unterschiedlichen Interessen machen es natürlich schwieriger, gemeinsame Nenner zu finden, gerade bei Strategiefragen.“ Strategiefragen erhöhen Aufwand für CFOs in Aufsichtsräten Sich an Letzteren konstruktiv zu beteiligen, zähle neben einer gewissenhaften Überwachung inzwischen zum Standardrepertoire eines guten Aufsichtsrats: „Anspruch muss es sein, bei Megatrends wie ESG, Künstlicher Intelligenz, aber auch geopolitischen Fragen, etwa der nach künftigen Investitionen in China, tragfähige Handlungsempfehlungen zu erarbeiten“, sagt die 63-Jährige. Nicht zuletzt deshalb sei der Aufwand in den vergangenen Jahren erheblich gestiegen: „Allein vor einer Aufsichtsratssitzung müssen rund 300 Seiten gelesen und dabei auch wirklich durchdrungen werden“, berichtet Menne. Hinzu kämen die Notwendigkeit und die Bereitschaft, sich fortlaufend weiterzubilden, gerade wenn man wie sie als Finanzexpertin an Bord geholt werde: „Die Finanzwelt wird immer komplexer, denken Sie nur an die ESG-Berichterstattung.“ Besonders am Herzen liegt ihr als Aufsichtsrätin die Weiterentwicklung der Kontroll- und Risikosysteme: „Da will ich CFOs und CEOs mit präzisen Benchmarks und Vorschlägen zur Verfahrensverbesserung unterstützen“, sagt Menne. Darüber hinaus profitierten die Unternehmen natürlich auch von ihrem über die Jahre stetig ausgebauten Netzwerk: „Ich verknüpfe gern Menschen miteinander. Jüngst etwa habe ich zwei CIOs zum Thema Cybersecurity zusammengebracht, ich hoffe, es war ein fruchtbarer Austausch.“ Ex-CFO Simone Menne plädiert für maximal fünf AR-Mandate Angesichts der Fülle an Arbeit hält Simone Menne – ganz im Einklang mit dem Deutschen Corporate Governance Kodex – maximal fünf Mandate für vertret- und leistbar: „Mehr geht einfach nicht.“ Als essentiell erachtet sie zudem eine zeitliche Begrenzung der Mandate: „Eine Person sollte nicht länger als zehn Jahre im Aufsichtsrat eines Unternehmens sitzen. Nach so langer Zeit ist man schlicht befangen und stellt Dinge nicht mehr kritisch genug in Frage.“ Sich die nötige Unabhängigkeit und kritische Distanz zum Vorstand zu wahren, ist auch in den Augen von Michael Wolff ein Kernmerkmal eines guten Aufsichtsrats. Mahnmal dafür sei etwa die letztlich wohl zu enge und lang andauernde Verbindung zwischen Wulf Matthias und Markus Braun bei Wirecard. Hier fand offensichtlich kaum Kontrolle statt, der Zahlungsdienstleister taumelte 2020 in die Pleite. „Erfreulicherweise haben das inzwischen auch die meisten Kontrollgremien für das eigene Wohlergehen erkannt und entsprechende Vorkehrungen getroffen“, betont Wissenschaftler Wolff. Info Deutscher Corporate Governance Kodex Der Deutsche Corporate Governance Kodex (DCGK) enthält Empfehlungen und Anregungen zur guten Unternehmensführung. Mit Blick auf die Arbeit von Aufsichtsräten plädiert er unter anderem für die Erarbeitung einer frei zugänglichen Geschäftsordnung, für eine enge Zusammenarbeit mit dem Abschlussprüfer sowie für die eigenverantwortliche Wahrnehmung erforderlicher Ausund Fortbildungsmaßnahmen. Investoren und Stimmrechtsberater fordern Standards ein Überhaupt ginge es in den Aufsichtsräten so professionell wie noch nie zu, sagt Wolff: „Es gab früher dieses Bonmot, wonach der am besten vorbereitete Aufsichtsrat derjenige mit der längsten Bahnanreise sei. Das hat sich dramatisch geändert und ist nicht zuletzt der Verdienst von Investoren und Stimmrechtsberatern, die seit einigen Jahren mit viel Druck hohe Kontrollstandards einfordern.“ Und doch bleibt festzuhalten, dass bei allem Fortschritt Unternehmensskandale, bei denen Aufsichtsräte eine schlechte Figur abgeben, wohl niemals gänzlich zu vermeiden sein werden. Beispiele dafür sind unter anderem die Immobilienkonzerne Adler und Signa. Sollte der Gesetzgeber daher weiter nachschärfen? Wolff ist diesbezüglich äußerst skeptisch: „Wenn – wie es bei Wirecard offensichtlich der Fall gewesen ist – eine scheinbar hohe kriminelle Energie im Vorstand auf eine völlig orientierungslose Bafin trifft und zudem der Wirtschaftsprüfer die Bankkonten scheinbar nicht richtig prüft, nützen alle Kontrollinstrumente der Welt nichts. Insofern sei vor regulatorischem Aktionismus dringend gewarnt.“ Mehr zum Thema Aktionärin Deka schießt gegen Siemens-Energy-CFO Ferraro Noch vor der Hauptversammlung von Siemens Energy hat Aktionärin Deka Investment angekündigt, dass sie deren Vorstand nicht entlasten will. Das bringt auch die Finanzchefin in Bedrängnis. Mehr lesen Wirecard legt Verbesserungspotential in Aufsichtsräten offen Thomas Tomkos sieht es ähnlich: „Wirecard war natürlich ein skandalträchtiger Fall, der nicht zuletzt in der Arbeit von Aufsichtsräten Verbesserungspotential offengelegt hat. Daraus wurden wichtige Lehren gezogen, unter anderem die Notwendigkeit zur Etablierung des Prüfungsausschusses, der definitiv die Kompetenz zur Überwachung des Managements stärkt.“ Am Ende, da sind sich alle drei Gesprächspartner von FINANCE einig, liege die wohl beste Prävention in der möglichst genau auf die Unternehmensbedürfnisse abgestimmten Zusammensetzung des Aufsichtsrates. „Ein Autounternehmen hat anders gelagerte Anforderungen als ein Pharmakonzern, und das sollte bei der Berufung von Aufsichtsräten Berücksichtigung finden“, sagt Wolff. Als Positivbeispiele verweist der Wirtschaftswissenschaftler an dieser Stelle auf die Arbeit der beiden Dax-Chefkontrolleure Martin Jetter (Deutsche Börse, ehemals IBM-Deutschlandchef) und den ehemaligen Deutschlandchef vom Big-Four-Haus PwC, Norbert Winkeljohann, der kurz nach der Monsanto-Übernahme 2018 bei Bayer anheuerte. Die in Geschäftsberichten mittlerweile oft anzutreffende Qualifikationsmatrix für Aufsichtsräte sei im Übrigen eine gute Orientierungshilfe, wenn auch nicht der Weisheit letzter Schluss, gibt Wolff zu Bedenken. „Glaubt man diesen Matrizen, dann gehen plötzlich sehr viele Aufsichtsräte als ESG- und Digitalisierungsexperten durch – da müssen sich so manche Unternehmen schon noch ehrlicher machen.“ CFO-Know-how wird in Kontrollgremien gefragt bleiben Definitiv gefragt bleiben wird tiefgründiges Finanz-Know-how, wie aktuell etwa der Fall Siemens Energy zeigt: Als Nachfolgerin für Siemens-CFO Ralf Thomas wurde Simone Menne in den Aufsichtsrat des dauerkriselnden Konzerns bestellt. Es ist ihr bislang vielleicht anspruchsvollstes Mandat: „Es sind aufregende Zeiten für Siemens Energy, keine Frage, und es wird nicht einfach, den Turnaround zu schaffen“, gibt sie zu. „Es sind aufregende Zeiten für Siemens Energy, keine Frage, und es wird nicht einfach, den Turnaround zu schaffen.“ Simone Menne, Aufsichtsrätin Auf der virtuell abgehaltenen Hauptversammlung Ende Februar stimmten 96,56 Prozent der Siemens-Energy-Anteilseigner für Simone Menne, die damit weitaus mehr Rückhalt als die parallel in das Gremium einziehende Top-Ökonomin und Wirtschaftsweise Veronika Grimm (76,4 Prozent) erhielt. Hintergrund ist Grimms Mitgliedschaft im Sachverständigenrat („fünf Wirtschaftsweise“), der die Bundesregierung traditionell in Wirtschaftsfragen berät. Da Siemens Energy jüngst eine Staatsbürgschaft in Höhe von 7,5 Milliarden Euro in Anspruch genommen hat und zudem auf lukrative Aufträge im Rahmen der Kraftwerksstrategie der Bundesregierung hofft, wurde Grimm von verschiedenen Seiten ein Interessenkonflikt vorgeworfen – nicht zuletzt von ihren eigenen Kollegen im Sachverständigenrat. Siemens Energy: Grimm-Nominierung endet im Eklat Grimm lehnte einen Verzicht auf das Mandat dennoch ab, auf der Hauptversammlung stimmte der einstige Mutterkonzern und Siemens-Energy-Großaktionär Siemens gegen ihre Berufung, wodurch sie lediglich auf besagte 76,4 Prozent Zustimmung kam. Ganz frei von Kritik war derweil aber auch die Berufung von Simone Menne in das Siemens-Energie-Kontrollgremium nicht: „Sie müssen aufpassen, dass Sie nicht ‚overboarden’“, gab ihr Daniela Bergdolt, Vize-Präsidentin von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), mit auf den Weg. Bergdolt kann beruhigt sein: Unabhängig von ihrer Anmerkung, die auf eine übermäßige Häufung von Mandaten anspielt, hatte Menne bereits beschlossen, eines ihrer vier bisherigen Aufsichtsratsmandate zeitnah niederzulegen: Es handelt sich um das bei der Deutschen Post DHL, wie sie FINANCE verriet. Profi durch und durch eben. Info Siemens Energy Ihr holpriger Einzug in den Siemens-Energy-Aufsichtsrat brachte Veronika Grimm reichlich Kritik ein. Der Vorgang warf allerdings auch kein gutes Licht auf Siemens-CEO Roland Busch und Siemens-Energy-Chefaufseher Joe Kaeser. So wurde Grimm bereits im Dezember 2023 für den Aufsichtsratsposten nominiert. Die Bedenken von Siemens gegen Grimms Nominierung kamen dabei aber offensichtlich nicht zur Sprache, geschweige denn wurden sie ausgeräumt.

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