Am Mittwoch hatte eine rätselhafte Ad-hoc-Meldung des Modeunternehmens Gerry Weber für Aufsehen gesorgt. Der Aufsichtsrat wolle kurzfristig über ein Ausscheiden des Finanzchefs David Frink entscheiden, hieß es. Nun ist die Entscheidung gefallen: Frink wird sein Amt tatsächlich abgeben, das Unternehmen spricht von einer „einvernehmlichen Beendigung der Vorstandstätigkeit“.
Gründe für Frinks Abgang nannte das Modehaus nicht. Der Aufsichtsrat machte aber deutlich, woran es angeblich nicht gelegen hat: „Das Ausscheiden von David Frink steht nicht in Verbindung mit der Geschäftsentwicklung der Gesellschaft oder eines Tochterunternehmens.“
Analysten fürchten Gewinnwarnung von Gerry Weber
Diese Einordnung hat einen triftigen Grund. Nachdem Gerry Weber den CFO-Abgang in den Raum gestellt, aber noch nicht beschlossen hatte, stürzte die Aktie des börsennotierten Familienunternehmens ab: Sie durchbrach die charttechnische Unterstützung bei 10 Euro, die fast zwei Jahre lang gehalten hatte. In den vergangenen zwei Tagen büßte das Papier fast 15 Prozent ein und fällt auch heute weiter bis auf 8,50 Euro.
Gerry-Weber-Aktie durchbricht die wichtige 10-Euro-Marke
Verschiedene Analysten hatten gemutmaßt, dass der Abgang des seit 2009 amtierenden Finanzchefs Vorbote einer erneuten Gewinnwarnung sein könnte. Andere äußerten die Erwartung, dass ein neuer Finanzchef zusätzliche Investitionen in IT, Logistik und Kostensenkungsprogramme aufrufen könnte, um Gerry Weber endlich wirkungsvoll zu sanieren. Im Gegensatz zu anderen Modeketten wie etwa Tom Tailor oder Adler zeichnet sich bei Gerry Weber noch kein Turnaround ab. Der Kursverlust auf Sicht von drei Jahren summiert sich inzwischen auf 70 Prozent auf.
Jörg Stüber übernimmt CFO-Amt auf Interimsbasis
FINANCE-Köpfe
Frink hatte eine wichtige Rolle bei Gerry Weber inne. Er war nicht nur CFO, sondern auch COO und dabei vor allem für IT, Einkauf und Logistik verantwortlich. Kurzzeitig agierte er auch als Interims-Chef. Nachdem im Juni schon Retailvorstand Norbert Steinke Gerry Weber verlassen hatte, war Frink der einzige Vorstand neben CEO Ralf Weber, dem Sohn des Firmengründers Gerry Weber.
Frinks Nachfolge hat Gerry Weber übergangsweise intern geregelt: Interimistisch übernimmt Jörg Stüber die Vorstandsressorts Finanzen, IR, Zentraleinkauf, Compliance und IT. Die Ressorts Beschaffung, HR und Logistik übernimmt CEO Ralf Weber. Die Bestellung eines interimistischen Vorstands ist nötig, da Weber sonst als alleiniger Vorstand dagestanden hätte. Dies ist rechtlich verboten. Vorstandsverstärkung ist jedoch bereits in Sicht: Spätestens im September 2018 soll Johannes Ehling als Chief Sales Officer und Chief Digital Officer kommen. Mit der Berufung eines neuen CFOs ist indes schon wesentlich früher zu rechnen.
Jörg Stüber ist seit Juli Bereichsvorstand von Gerry Weber
Der interimistische CFO Stüber ist seit 2011 Leiter Finanzen des westfälischen Modeunternehmens. Seit Juli dieses Jahres ist er Bereichsvorstand der Shared-Service-Einheiten Finanzen, IR, Zentraleinkauf, Compliance und IT. Stüber war in der Vergangenheit auch schon als Leiter Rechnungswesen und Finanzen für die Vertriebsgesellschaften sowie als Leiter Rechnungswesen und Steuern für die Kraftwerks- und Erzeugungsgesellschaften bei dem Energieversorger EnBW tätig.
Stübers Aufstieg zum Bereichsvorstand geht auf eine im Juli vorgenommene Neuaufstellung von Gerry Weber zurück: Neben dem Konzernvorstand wurden drei Geschäftseinheiten für die Markengruppen Gerry Weber, Taifun und Hallhuber implementiert, die jeweils von zwei Bereichsvorständen gelenkt werden. Ergänzt werden die Markeneinheiten durch zwei Bereichsvorstände für die Shared Services der Holding wie Beschaffung, Logistik, Finanzen, IT und Personalwesen, die von allen drei Geschäftseinheiten genutzt werden.
Kostenprogramm „Fit 4 Growth“ wirkt noch nicht
Diese Strukturreform ist Teil des Restrukturierungsprogramms „Fit 4 Growth“, das Gerry Weber durchläuft. Es soll die Personal- und Sachaufwendungen um 20 bis 25 Millionen Euro im Jahr senken soll. Dieses Ziel ist nahezu erreicht, dennoch lag das Ergebnis vor Abschreibungen, Zinsen und Steuern (Ebitda) im Konzern nach neun Monaten des Geschäftsjahres 2016/17 mit 35,1 Millionen Euro unter dem Vorjahresniveau (40,7 Millionen Euro).
Der Konzernumsatz lag nach neun Monaten des Geschäftsjahres 2016/17 bei 620 Millionen Euro, ein Minus von knapp 3 Prozent. Die Tochtergesellschaft Hallhuber wuchs dagegen um gut 5 Prozent und steuerte 141 Millionen Euro zum Umsatz bei. Für das gesamte Geschäftsjahr 2016/17 will der Vorstand einen Konzernumsatz erzielen, der 2 bis 4 Prozent unterhalb des Vorjahresniveaus von 900,8 Millionen Euro liegen soll.
Info
Mehr Infos zu Ausbildung, Karriere und Persönlichem von David Frink finden Sie in Frinks FINANCE-Köpfe-Profil.
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