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Hapag-Lloyd-CFO kehrt nach Chile zurück

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Er hat die vergangenen viereinhalb Jahre der Hamburger Reederei Hapag-Lloyd maßgeblich mitbestimmt, kommenden Februar wird aber Schluss sein: Nicolás Burr kehrt in seine Heimat Chile zurück.
Georg Wendt

Nach rund fünf Jahren wird es bald wieder einen Wechsel an der Spitze des Finanzressorts von Hapag-Lloyd geben: Nicolás Burr wird spätestens am 29. Februar 2020 seinen Stuhl räumen. Wie das Unternehmen mitteilt, wird Burr nach Auslaufen seines Vertrags bei der Containerreederei in seine Heimat Chile zurückkehren und sich dort nicht näher genannten neuen Projekten widmen. Über seine Nachfolge wollen die Norddeutschen „zu gegebener Zeit“ informieren.

In einer auffallend kurz gehaltenen Pressemitteilung bedankte sich Aufsichtsratsvorsitzender Michael Behrendt im Namen des Aufsichtsrats bei Burr „für seinen Einsatz in den letzten Jahren sehr herzlich“. Behrendt betont dabei besonders Burrs Verdienste „im Rahmen der zwei jüngsten Unternehmenszusammenschlüsse und des im Jahr 2015 vollzogenen Börsengangs. Für seine Zukunft wünschen wir Nicolás Burr alles Gute.“

Burr und Hapag-Lloyd – eine Geschichte voller Fusionen

Der in Spanien geborene Chilene hat in seiner Zeit bei Hapag-Lloyd stürmische Phasen erlebt: 2015 war er maßgeblich am Zusammenschluss von Hapag-Lloyd mit der chilenischen Reederei CSAV beteiligt, deren CFO er bis Februar 2015 war. Er gilt als Vertrauter der chilenischen Unternehmerfamilie Luksic, die seit der Fusion mit 25,8 Prozent größter Anteilseigner von Hapag-Lloyd ist, noch vor dem Hamburger Unternehmer Klaus-Michael Kühne. Die Luksic-Familie platzierte Burr nach Abschluss des Mergers auf dem Konzern-CFO-Posten, von wo aus dieser großen Einfluss auf die Post-Merger-Integration nahm, die letztlich zu einem Erfolg wurde.

Doch die Post-Merger-Integration war nicht die einzige Aufgabe, die dem MIT-Absolventen in seiner Anfangszeit zufiel: Etwa ein dreiviertel Jahr nach dem Zusammenschluss steuerte er das fusionierte Unternehmen an die Börse, was rund 300 Millionen Euro frisches Kapital in die Kassen der Hamburger spülte.

FINANCE-Köpfe

Nicolás Burr, Hapag-Lloyd AG

Nach seinem Studium an der US-amerikanischen Cambridge-Universität ist Nicolás Burr von 2005 an in Management-Positionen für verschiedene Unternehmen in Santiago de Chile, Buenos Aires und Wilmington (USA) tätig. 2012 wird er Finanzvorstand der chilenischen Linienreederei CSAV mit Sitz in Santiago de Chile.

Im März 2015 übernimmt er die Verantwortung für die Finanzen des Hamburger Reedereikonzerns Hapag-Lloyd, nachdem die beiden Konzerne sich zuvor zusammengeschlossen hatten. Im Juni 2019 wird bekannt, dass sich Burr nach Ablauf seines Vertrages zum 29. Februar 2020 neuen Projekten in Chile widmen will und Hapag-Lloyd in diesem Zuge verlassen wird.

zum Profil

Auch bei weiteren Gelegenheiten zeichnete sich der vierfache Familienvater als routinierter Geldbeschaffer aus: Nicht nur bei der chilenischen CSAV organisierte er im Vorfeld der Hapag-Lloyd-Fusion mehrere Kapitalerhöhungen, die sich damals auf fast 1 Milliarde Dollar summierten. Auch später bei den Hamburgern gelang es ihm Anfang bis Mitte 2017, drei auslaufende High-Yield-Bonds mit zwei neuen Anleihen über zusammen 900 Millionen Euro zu refinanzieren.

Burr kämpft mit dem hohen Leverage von Hapag-Lloyd

Doch die Norddeutschen mussten währenddessen schon die nächste große Akquisition angehen, um im harten Ausleseprozess der Containerreedereien nicht den Anschluss zu verlieren. So arrangierte der 43-jährig 2016 die Übernahme der arabischen Reederei United Arab Shipping Company (UASC) und fädelte gleichzeitig mit „The Alliance“ ein Bündnis aus verschiedenen Reedereien ein, die gemeinsam mit über 600 Schiffen rund 20 Prozent der weltweiten Flotte an Containerschiffen steuert. Mit dem UASC-Deal konnten die Hamburger im Weltmarkt wieder in die Top 5 aufsteigen.

Allerdings hatte die Übernahme von UASC auch Folgen, an denen die Hamburger bis heute nagen: Der Leverage von Hapag-Lloyd stieg 2017 auf 6,7x Ebitda. Mit dem Abbau dieser hohen Finanzschulden werden die Hamburger noch auf Jahre hinaus beschäftigt sein. Einen ersten Schritt auf diesem Weg bewältigte Burr 2018, als eine Kombination aus Sparkurs und Investitionsstopp dabei half, den Leverage auf 4,6x Ebitda zu senken. In einer anfälligen Branche wie der Containerschiffahrt ist das aber immer noch gefährlich hoch. Burrs Nachfolger wird an dessen Entschuldungskurs festhalten müssen.

Burr war bei Hapag-Lloyd nicht unumstritten

Auch wenn CFO Burr Hapag-Lloyd in komplizierten Zeiten neu formierte und an der Weltspitze der Reedereien hielt – innerhalb des  Unternehmens war er nicht unumstritten. Laut Medienberichten soll es zwischen CFO Burr und CEO Rolf Habben Jensen, aber auch zwischen dem Finanzchef und einzelnen Mitarbeitern Spannungen gegeben haben. Im Januar diesen Jahres hatte das „Manager Magazin“ bereits berichtet, dass Burrs Zeit ablaufe und der Aufsichtsrat einen Nachfolger suche.

dominik.ploner[at]finance-magazin.de

Info

Mehr zur ungewöhnlichen Vita des scheidenden Hapag-Lloyd-CFOs finden Sie im FINANCE-Köpfe-Profil von Nicolás Burr.