Bernhard Günther wird am 31. Dezember nicht nur das ungewöhnliche Jahr 2020 hinter sich lassen, sondern auch seine 22 Jahre andauernde Karriere bei den beiden Energiekonzernen RWE und Innogy. Der Abschied ist keine Überraschung: Dass er Innogy nach der Verschmelzung mit E.on verlassen würde, hatte er bereits vor einem Jahr in einem „Handelsblatt“-Interview angekündigt.
In seiner Laufbahn verantwortete er verschiedene Finanzbereiche bei dem Energieversorgungskonzern RWE – auch bei den Tochtergesellschaften RWE Power, dem Handelsgeschäft REWEST und RWE Gas Midstream. Darüber hinaus agierte er in Personalunion als Geschäftsführer sowie CFO bei RWE Trading und bei dem RWE-Spin-off Innogy.
Günther begleitete Innogy-Übernahme durch E.on
Als Finanzvorstand hat er zudem das Projekt der Aufspaltung von RWE verantwortet und im Jahr 2016 parallel den Börsengang der Tochter Innogy vorangetrieben. Im Rahmen der Ausgliederung hatte RWE Kapitalmarktschulden im Wert von 11 Milliarden Euro auf Innogy übertragen. Doch bereits zwei Jahre später stand fest, dass der Essener Stromerzeuger und Netzbetreiber keine eigenständige Zukunft haben wird und stattdessen zerschlagen werden soll.
Seit Mitte dieses Jahres ist die Verschmelzung von Innogy mit dem Energieriesen E.on abgeschlossen. Der Squeeze-out der verbleibenden Aktionäre war neben den Verhandlungen mit den Gewerkschaften über einen Sozialplan die Voraussetzung für die vollständige Verschmelzung der beiden Gesellschaften.
E.on-Vorstandsvorsitzender Johannes Teyssen lobte nun die Leistung Günthers bei der Übernahme: „Er hat einen wichtigen Beitrag zum Gelingen der komplexen und wegweisende Integration der Innogy geleistet.“ Dass der 53-Jährige aufgrund seines Pflichtgefühls gegenüber seinen Mitarbeitern und dem Unternehmen die Integration auch nach der Übernahme weiterhin als CFO begleitete, schätzt auch E.on-COO Leonhard Birnbaum. Während die anderen Innogy-Vorstände ihren Abschied verkündet hatten, blieb Finanzchef Bernhard Günther als Einziger aus dem alten Team an Bord. Damit hat er auf eine millionenschwere Abfindung verzichtet.
FINANCE-Köpfe
Günther zieht in mehrere Aufsichtsräte ein
Die Übernahme von Innogy durch E.on war auch mit einem Personalabbau verbunden. Mehrere Tausend Stellen sollten wegfallen und in diesem Zuge auch der Innogy-Vorstand verkleinert werden. Die bestehenden Vorstandspositionen wollte E.on aus den eigenen Reihen besetzen. Als sich das herauskristallisierte, kamen seiner Aussage zufolge Arbeitnehmervertreter auf Günther zu und baten ihn, das Personalressort zu übernehmen. „Das wird einem Finanzvorstand nicht oft angeboten“, zeigte sich Günther damals im „Handelsblatt“-Interview stolz.
Im selben Zuge äußerte er aber auch, dass er sich vielmehr Aufgaben wie Beratungstätigkeiten oder Aufsichtsratsmandate vorstellen könne. Im Thyssenkrupp- sowie Uniper-Aufsichtsrat ist er bereits seit diesem Jahr Mitglied. Wohin es Günther künftig verschlagen wird, ist noch nicht bekannt.
Schwere Zeiten für den CFO im Jahr 2018
Im Jahr und Monat der Nachricht „E.on übernimmt Innogy“ titelten die Medien leider auch „Säureanschlag auf Innogy-CFO Bernhard Günther“. Im März 2018 wurde er Opfer einer Säureattacke – die Täter sind bis heute nicht bekannt. Die Staatsanwaltschaft kritisierte er in dem Zeitungs-Interview scharf. Vor einem halben Jahr setzt Innogy erneut eine Belohnung von bis zu 100.000 Euro für Hinweise auf die Täter aus.
Günther selbst geht davon aus, dass die nach wie vor nicht aufgeklärte Tat ihren Ursprung in seinem beruflichen Umfeld hat. Der nun scheidende Finanzchef hat eine bestimmte Person im Verdacht, wie er in dem Interview bestätigte. Ein Tatverdächtiger wurde zwischenzeitlich aber wieder aus der Untersuchungshaft entlassen.
Info
Weitere Informationen zu den beruflichen Stationen sowie die Karriere-Highlights von Bernhard Günther finden Sie seinem FINANCE-Köpfe-Profil.
Und welche weiteren Deals, Finanzierungen oder Personalwechsel es beim Dax-Konzern gibt, halten wir für Sie auf der Themenseite zu E.on bereit.
