Abschied von jetzt auf gleich: Lufthansa-CFO Ulrik Svensson hat am Wochenende völlig überraschend seinen sofortigen Rücktritt erklärt. Laut Unternehmensmitteilung vom Samstag habe Ulrik Svensson den Vorsitzenden des Aufsichtsrats darüber informiert, dass er aufgrund gesundheitlicher Gründe gezwungen sei, sein Mandat am heutigen Montag niederzulegen. Nun arbeitet die Lufthansa mit Hochdruck an einer Nachfolgelösung.
„Svensson ist keiner, der so einfach hinwirft, erst recht nicht in einer Krise wie der aktuellen. Aber es geht ihm wirklich nicht gut“, zitiert das „Handelsblatt“ eine nicht namentlich genannte Quelle aus dem Umfeld des Schweden.
Der CFO hatte erst im vergangenen Jahr seinen Vertrag bis Ende 2022 verlängert. Allerdings gab es im Umfeld dieser Entscheidung bereits Gerüchte, dass Svensson eigentlich in seine Heimat zurückkehren möchte und dies eventuell schon Ende 2020 tun könnte.
Ulrik Svensson war seit drei Jahren Lufthansa-CFO
Den Posten als Lufthansa-CFO übernahm Svensson Anfang 2017 und entlastete damals Lufthansa-Chef Carsten Spohr, der nach dem Abgang der langjährigen Finanzchefin Simone Menne für einige Monate das Finanzressort mit übernommen hatte.
Die Lufthansa warb Svensson damals von dem schwedischen Finanzinvestor Melker Schörling ab, den der Manager elf Jahre lang als Vorstandschef geleitet hatte. Für die Fluggesellschaft war er kein Unbekannter: Vor seiner Zeit bei dem börsennotierten Finanzinvestor war Svensson CFO bei der Airline Swiss. In dieser Funktion sanierte er das Schweizer Unternehmen und bereitete es für den späteren Verkauf an die Lufthansa vor.
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Auch bei der Lufthansa wollte man von Svenssons Branchenexpertise sowie seinen Sanierungs- und Optimierungsfähigkeiten profitieren. Zumindest an der Börse verhalf der Schwede dem Unternehmen zeitweise zu einem Höhenflug. Doch das Coronavirus beendete den Aufschwung. Inzwischen hat die Lufthansa nahezu ihre gesamte Flotte stillgelegt und rund zwei Drittel der weltweit 135.000 Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt. Trotzdem fließen enorme Mengen an Liquidität aus dem Unternehmen. Das „Handelsblatt“ spekuliert, dass die Lufthansa bis Jahresende 9 bis 10 Milliarden Euro an Cash durchgebracht haben könnte.
Der tiefe Fall der Lufthansa-Aktie (Kurschart auf Jahressicht)
Lufthansa verhandelt über Staatshilfe
Dies wäre mehr als doppelt so viel wie die verfügbare Liquidität, die Svensson zu Beginn der Coronakrise inklusive Kreditlinien auf 5,1 Milliarden Euro bezifferte. Um die Liquidität zu erhöhen, hatte der dreifache Familienvater kurz darauf neue Kredite in Höhe von 600 Millionen Euro abgeschlossen. Svensson zeigte sich überzeugt, dass „die Lufthansa auch nach Corona noch fliegen und als Gewinner aus der Krise hervorgehen wird“.
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Doch nur zwei Tage später senkte de Ratingagentur Moody’s ihr Rating für den Dax-Konzern von Baa3 auf Ba1 und entzog der Lufthansa damit ihr Investmentgrade-Rating. Und der Ratingausblick ist nach wie vor negativ. Aktuell verhandelt der Konzern mit Hochdruck über Staatshilfe, die neben Krediten selbst einen Direkteinstieg des Staates beinhalten könnte. Auch über eine milliardenschwere stille Beteiligung wird spekuliert. Auch mit den Regierungen der ausländischen Töchter in Österreich, Schweiz und Belgien wird verhandelt.
Einen neuen Großaktionär hat die Lufthansa schon gewonnen: Milliardär Heinz Hermann Thiele nutzte den Kurseinbruch und hat inzwischen eine Beteiligung von über 10 Prozent aufgebaut. Weil die Aktienmärkte heute auf Erholungskurs sind, macht auch die Lufthansa-Aktie trotz der beunruhigenden Personalmeldung einen Sprung nach oben. Am späten Vormittag liegt das Tagesplus bei über 5 Prozent, was die Aktie wieder über 8 Euro steigen lässt. Vor einem Jahr waren es noch über 22 Euro.
Info
Mehr über die Karriere des ausgeschiedenen Lufthansa-CFO lesen Sie auf dem FINANCE-Köpfe-Profil von Ulrik Svensson.
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Gewinnwarnungen, ein Streik nach dem nächsten, ein groß angelegter Konzernumbau – und jetzt auch noch das Coronavirus: Die Lufthansa ist im Krisenmodus. Wie die größte deutsche Airline um die Wende ringt, lesen Sie auf unserer Themenseite zur Lufthansa.