Die Onlinebank N26 baut ihr Managementteam mit einem echten Hochkaräter aus: In der zweiten Jahreshälfte wird Jan Kemper bei dem Berliner Fintech als neuer CFO antreten. Maximilian Tayenthal, Mitgründer und bisheriger Finanzchef, wird in diesem Zuge zum Co-CEO neben Valentin Stalf.
Der 40-jährige Kemper kennt sich aus in der Berliner Startup-Szene: Vor zehn Jahren stieg er beim Online-Versandhändler Zalando ein und verantwortete als führender Kopf der Finanzabteilung den Börsengang mit einem Volumen in Höhe von 526 Millionen Euro.
Kemper schnupperte Dax-Luft bei Prosiebensat.1
Von 2017 bis 2019 hieß es dann für ihn: Tschüss hippes Startup in Berlin, Servus Dax-Konzern in München. Mit 36 Jahren übernahm er die Finanzgeschicke des Medienkonzerns Prosiebensat.1 und verhandelte zum Beispiel die Veräußerung der konzerneigenen Reiseportale. Größter Deal: der Verkauf von Etraveli mit einer Bewertung von 508 Millionen Euro.
Nach Konflikten mit dem neuen Konzernchef Max Conze verließ er Anfang 2019 den Fernsehsender und kehrte zurück in die Startup-Szene der Hauptstadt. Seit April 2019 ist er CFO der Online-Reiseplattform Omio.
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Seine Pläne bei dieser neuen Karrierestation vereitelte der Ausbruch der Pandemie. Statt eines eigentlich angedachten Börsengangs und einer starken Skalierung der Omio-Plattform ging es plötzlich um Krisenfinanzierungen und die Abfederung des Geschäftseinbruchs. „Innerhalb von zwei Wochen fielen unsere Umsätze auf Null“, sagte Kemper zu dieser Erfahrung vor wenigen Monaten in einem langen FINANCE-Interview.
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Bei N26 gibt es Wachstum für Jan Kemper
Omio ist inzwischen finanziell stabilisiert und rüstet sich dafür, das Geschäft wieder hochzufahren, sobald die Reisemöglichkeiten der Menschen wieder zunehmen. Kemper wird diese zweite Phase des Turnarounds nicht mehr begleiten.
Stattdessen widmet er sich mit dem Wechsel zu N26 wieder der Wachstumsfinanzierung. Eigentlich hat Firmengründer Stalf IPO-Pläne offiziell weit in die Zukunft verschoben, vor 2023 rechnete er bislang nicht mit diesem Schritt. Doch Kemper sieht das anders, wie er gegenüber dem „Handelsblatt“ verriet: „Von außen betrachtet halte ich es für plausibel, dass N26 noch mindestens eine Finanzierungsrunde im privaten Umfeld durchführt. Aber anders als noch vor zwölf Monaten sind die derzeitigen Bewertungen und Finanzierungsmöglichkeiten an der Börse im privaten Umfeld nur noch schwer zu erzielen.“
Weil N26 gerade weltweit expandiert, halten die hohen Marketing- und Wachstumsaufwendungen das Fintech nach wie vor in der Verlustzone. Daraus ergibt sich Kapitalbedarf. Doch die Finanzierungsmöglichkeiten sind gut: Mit einem Wert von 3,75 Milliarden Euro gilt N26 als das derzeit wertvollste deutsche Fintech. Mit jeder weiteren Finanzierungsrunde ließen sich auf dieser Basis ohne weiteres dreistellige Millionenbeträge einsammeln – gleichgültig, ob über einen IPO oder eine Privatplatzierung.