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Warum Argumente in Business-Verhandlungen nicht wirken

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Warum gleiten so viele Business-Verhandlungen ins Irrationale ab? Verhandlungsprofi Foad Forghani kennt die Antwort.
Pitiphat Kanjanamukda/Thinkstock/Getty Images

Das Bild, das wir im Allgemeinen mit dem Thema Verhandlungsführung assoziieren, ist der Moment, wenn zwei Verhandlungspartner mit ihren Verträgen am Tisch sitzen und Argumente austauschen. Gewiss gehört dieses Bild zur Verhandlungswelt. Aber das Verhandeln ist viel mehr als nur das Unterhandeln von Verträgen – und auch mehr als das Austauschen von Argumenten.

Jede Art von Tauziehen um Motive und Interessen stellt eine Verhandlung dar. Die Bestimmung des nächsten Urlaubsortes ist eine Verhandlung. Das erörternde Gespräch mit dem Kind, damit es um 8 Uhr abends ins Bett geht, ist eine Verhandlung. Natürlich ist es ebenso eine Verhandlung, wenn wir uns mit unseren Mitarbeitern auf eine neue Gehaltsstufe einigen, den Budgetplan des kommenden Jahres erarbeiten oder mit einem Partnerunternehmen eine Lösung finden, um neue Prozesse zu etablieren.

Das altbekannte Verhandlungsproblem

In all diesen Verhandlungssituationen sind wir stets bestrebt, die Entscheidungsfindung des Verhandlungspartners in unserem Sinne zu lenken. Wir versuchen dies vorrangig mit Argumenten. Unsere unbewusste Annahme ist: Wenn der Verhandlungspartner überredet ist, dann ist er auch überzeugt. Aber leider ist dies nur ganz selten der Fall.

Jeder erfahrene Manager, der regelmäßig verhandelt, kennt die Situation, in der er seine logisch-nachvollziehbaren Argumente kundtut, in der Hoffnung, dass der Verhandlungspartner ihm folgt. Anstatt ihm zu folgen, erwidert der Verhandlungspartner die Argumente aber mit unlogischen und abwegigen Äußerungen. In Folge entsteht eine hitzige, nicht endende Debatte um die Richtigkeit und Wahrhaftigkeit der Äußerungen.

Was im Kopf des Verhandlungspartners passiert

Es geht ausschließlich darum, wer die Verhandlung gewinnt, und nicht darum, wer im Recht ist.

Warum ist das so? Wenn der Verhandlungspartner mit unseren Argumenten konfrontiert wird, erwarten wir von ihm, dass er diese mit seinen logischen Werten vergleicht. Das ist aber nicht das, was in seinem Kopf passiert. Er vergleicht unsere Argumente nicht mit seinen logischen Werten, sondern mit seinem Interesse. Und wenn die Argumente dem Interesse nicht dienen, lehnt er sie ab und zahlt den Preis. Er klingt unvernünftig, aber das ist ihm egal, da er seine Interessen gefährdet sieht.

Dann passiert Folgendes: Wir geben uns auf der kommunikativen Ebene viel Mühe, um die Person zu überreden. Es entsteht ein Wortstreit um die Wahrheit: Wer hat Recht? Wer sagt die Wahrheit?

Warum argumentieren meistens keinen Sinn macht

Die Verhandlung findet aber nicht auf der kommunikativen Ebene statt, sondern auf der Ebene von Entscheidungen. Auf dieser Ebene geht es ausschließlich darum, wer die Verhandlung gewinnt, und nicht darum, wer im Recht ist.

Wenn man rhetorisch gewieft ist, kann man bei Bedarf und wenn die Rahmenbedingungen passen, eine Drohung oder eine Warnung aussprechen oder andeuten, dass die Interessen des Verhandlungspartners wahrgenommen werden können. Ebenso ist das Tauziehen auf der rhetorischen Ebene dazu dienlich, Informationen zu gewinnen. Aber wenn diese Ansätze alle abgeklopft wurden und keine Chance auf eine Einigung bieten, bleibt nur noch der Wechsel auf die Entscheidungsebene. Nun geht es nicht mehr darum, wer was sagt, sondern darum, wer was tut.

Es wäre denkbar – sofern die Verhandlungskonstellation dies zulässt – eine dritte unabhängige Partei mit hineinzubringen, die auch die Entscheidungsgewalt haben sollte, so wie ein Richter im Gerichtssaal. In diesem Fall ist es zweckmäßig, rhetorisch aktiv zu werden, da der „Richter“ selbst in seinen Interessen nicht von dem Fall betroffen ist und somit die Möglichkeit hat, die Argumente der Parteien tatsächlich mit ihren logischen Werten zu vergleichen. Wenn aber derjenige, der Ihre Argumente bewertet, zugleich der Verhandlungspartner ist, ergibt das Argumentieren oft nicht viel Sinn. Er wird diese zurückweisen, ohne sie logisch abzuwägen.

Foad Forghanis Tipps

Die wahren Motive müssen enthüllt werden

Interessanterweise sind die meisten Business-Verhandlungen so gestrickt, dass eine Vis-a-vis-Unterhandlung stattfindet. Selten ist bei solchen Verhandlungen eine dritte, richtende Instanz mit dabei.

In solchen Fällen dient das Gespräch vor allem dazu, Informationen zu gewinnen. Erst wenn die wahren Interessen und Ängste des Verhandlungspartners nachvollzogen wurden, kann man zum Argumentieren übergehen, um dessen Motive rhetorisch zu adressieren. Solange unser Verhandlungspartner aber die logisch nachvollziehbaren Argumente ablehnt, ist dies ein Beleg dafür, dass eine Diskrepanz zwischen Logik und Interesse existiert und somit seine wahren Motive noch nicht erkannt wurden.

Dann heißt es: zurück zur Anfangsposition. Es müssen weitere Informationen gewonnen werden, die Interessen und Ängste des Verhandlungspartners müssen besser durchleuchtet werden, um dann erneut zu versuchen, diese mit passenden Argumenten oder Entscheidungen zu adressieren. Welche Verhandlungsmaßnahmen als nächstes gewählt werden, ist ein lupenreiner Planungsprozess. Situatives Diskutieren hat mit einer professionellen Verhandlungsführung nichts zu tun.

redaktion[at]finance-magazin.de

Info

Mehr von Foad Forghani lesen Sie in seinem FINANCE-Blog „Reine Nervensache„.