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BVB gegen Schalke: Das Finanzduell

Am Sonntag ist es wieder soweit: Das Revier-Derby steht an. In der Liga hat der BvB derzeit die Nase klar vor dem Nachbarn aus Gelsenkirchen. Doch wie sieht es bei den Finanzen aus? FINANCE macht den Check.
picture alliance / Pressefoto ULMER / Bjoern Hake

Anders als in der vergangenen Saison stehen sich am Sonntag Nachmittag beim Revierderby im Dortmunder Signal Iduna Park zwei Spitzenteams gegenüber. Und das gilt nicht nur sportlich, sondern auch finanziell. Zwar ist Bayern München sowohl Borussia Dortmund als auch Schalke 04 weit enteilt.

Aber bei beiden Revierklubs hat ihr sportliches Seuchenjahr wirtschaftlich kaum Spuren hinterlassen. Und so kämpfen sie nicht nur auf dem Platz, sondern auch in Sachen Finanzkraft um die Position als Bayern-Verfolger Nummer Eins – vor allem jetzt, da VW nicht nur die Leistung der werkseigenen Dieselmotoren herunterregeln muss, sondern vermutlich auch das Festgeldkonto des Werksklubs VfL Wolfsburg. Aber wer bringt mehr Finanzkraft auf die Waage – Schalke oder der BVB?

Auf den ersten Blick sieht es so aus, als würde Schalke aufschließen. Die Knappen erwarten für das laufende Jahr einen Umsatzsprung von 215 auf rund 260 Millionen Euro. Das wäre nicht viel weniger als der BVB, der in Spielzeiten statt in Kalenderjahren bilanziert,  in der abgelaufenen Saison erwirtschaftet hat – 276 Millionen Euro.

Ohne Transfergewinne hinkt Schalke dem BVB hinterher

Aber die Aufholjagd verdanken die Knappen fast ausschließlich den Transfereinnahmen von über 50 Millionen Euro aus den Verkäufen von Draxler, Farfan und Papadopoulos. Der BVB hingegen hat 2014/15 am Transfermarkt nur 12,4 Millionen Euro eingenommen. Transfer- und Champions-League-Einnahmen herausgerechnet, erwirtschaftet Schalke derzeit nur knapp 200 Millionen Euro im Jahr, während der BVB auf rund 250 Millionen Euro kommt.

Auch die Ziele sind andere: Während BVB-Chef Hans-Joachim Watzke klar die Devise ausgegeben hat, den BVB-Umsatz ohne Transfers auf 300 Millionen Euro im Jahr zu hieven, geben sie sich bei Schalke derzeit noch mit der Aussicht auf „über 200 Millionen Euro“ zufrieden.

Nicht nur beim Umsatz, auch beim Ertrag hat der BVB die Nase vorn. In den vergangenen drei Geschäftsjahren erwirtschaftete die Borussia zusammengerechnet einen Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) von fast 100 Millionen Euro, Schalke nur knapp 42 Millionen Euro. Beim BVB ist in dieser Rechnung freilich das Rekordjahr 2012/13 enthalten, in dem die Borussen horrende Extragewinne aus dem Verkauf von Götze und Perisic einstrichen.

Dank der Transfergewinne wird Schalke dieses Jahr ordentlich einen draufpacken und in der Mehrjahresbetrachtung dem Erzrivalen näherkommen – aber nur, sofern der BVB im Saisonverlauf nicht auch noch einen großen Spieler verkauft. Denkbar ist das allemal, vor allem seitdem Ex-Trainer Jürgen Klopp beim finanzstarken FC Liverpool angeheuert hat. Holt der Pöhler ein, zwei alte Weggefährten an die Anfield Road, dürfte es ordentlich klingeln in der Kasse von BVB-Finanzchef Thomas Treß.

Schalke lässt sich den Kader genauso viel kosten wie der BVB

Bemerkenswert ist, dass sich die Schalker trotz der deutlich geringeren Einnahmen einen fast genauso teuren Kader leisten wie Schwarz-Gelb. 2014 verbuchte Schalke Personalkosten von 114,4 Millionen, der BVB kam in der Saison 2014/15 auf 117,9 Millionen Euro.

Ein Blick auf die Personalkostenquote zeigt, dass Borussia Dortmund im sportlichen Bereich effizienter wirtschaftet als der Revierrivale. Bei Schalke schwankte sie in den vergangenen Jahren um 50 Prozent vom Umsatz und erreichte im Jahr 2014 rund 53 Prozent. Beim BVB ist die Tendenz zwar steigend.  Aber mit 42,7 Prozent in der abgelaufenen Saison liegt die Borussia sogar unter dem Bundesligaschnitt, während Schalkes Personalkostenquote leicht darüber liegt.

Und trotz ähnlich hoher Gehaltskosten ist auch die Mannschaft des BVB eindeutig wertvoller als die von Schalke 04: Laut Schätzungen von Transfermarkt.de, die man freilich nicht für das Evangelium halten sollte, kommt der Borussen-Kader aktuell auf einen Marktwert von rund 290 Millionen Euro, die Knappen nur auf 175 Millionen Euro. Zieht man die in der Bilanz erfassten Anschaffungskosten der Spieler davon ab, schlummern im Spielerkader des BVB stille Reserven von 215 Millionen Euro. Schalke kommt auf 160 Millionen Euro.

Völlig unterschiedliche Finanzierungsstrategie

Das Thema stille Reserven ist wichtig. Denn vor allem damit versucht Schalkes Finanzchef Peter Peters immer wieder, die latenten Zweifel an der Finanzlage des hoch verschuldeten Traditionsklubs zu vertreiben. Auf Schalke lasten aktuell Finanzschulden von 154 Millionen Euro und Gesamtverbindlichkeiten von insgesamt knapp 200 Millionen Euro.

Das ist eine Menge Holz, vor allem im Vergleich mit dem BVB, der seit dem vergangenen Sommer nicht nur schuldenfrei ist, sondern inzwischen netto sogar mehr als 50 Millionen Euro auf der hohen Kante hat. Noch krasser hängt Borussia Dortmund die Schalker bei der Eigenkapitalausstattung ab: Auf 286,1 Millionen Euro sitzen die Borussen, während der Erzrivale aus Schalke mit minus 71,1 Millionen Euro sogar ein negatives Eigenkapital ausweist.

Doch dieser horrende Unterschied legt nicht etwa daran, dass die BVB-Manager so viel besser wirtschaften würden als ihre Kollegen in Gelsenkirchen. Es ist die Finanzierungsstrategie, die beide Klubs extrem voneinander unterscheidet. Der BVB setzt konsequent auf Eigenkapital von der Börse. Erst vergangenen Sommer hat sich die Borussia dort fast 140 Millionen Euro besorgt, um ein Feuerwerk am Transfermarkt abzubrennen und die letzten verbliebenen Schulden in Höhe von 41 Millionen Euro endgültig abzulösen, die noch auf dem Stadion lasteten.

Schalke hingegen setzt konsequent auf Fremdkapital, aktuell gerade wieder zu beobachten beim Bau des neuen Vereinsgeländes am Berger Feld. Die 25 Millionen Euro, die Schalke dort verbaut, will CFO Peters zu 90 Prozent fremdfinanzieren. So hat er es auch schon bei der Reparatur des ähnlich teuren Dachschadens an der Veltins Arena und beim Umbruch im Spielerkader gehalten.

Deshalb ist hier auch noch eine andere Zahl wichtig: Der Verein Schalke 04 ist im Besitz sämtlicher Vermögenswerte und Erlösströme des werthaltigen Profifußballgeschäfts. Der eingetragene Verein Borussia Dortmund hält hingegen nur noch 5,5 Prozent der ausstehenden BVB-Aktien. Würde der BVB e.V. dieses Paket verkaufen, bekäme er dafür nicht einmal 20 Millionen Euro. Der größte Teil des Vereinsschatzes, dessen Wert die Börse derzeit auf 400 Millionen Euro taxiert, gehört Aktionären wie Evonik, Puma, Signal Iduna und dem Unternehmer Bernd Geske.    

Achtung BVB, Schalke hat noch ein Ass im Ärmel

Aber so sehr die Schalker Finanzierungsstrategie die Traditionalisten im Verein begeistert: Die Entscheidung, keinerlei Anteile aus der Hand zu geben, schwächt natürlich auch die finanzielle Schlagkraft der Schalker für Neuverpflichtungen. Die Knappen können nur dann so viel wie in diesem Sommer in neue Spieler investieren (über 30 Millionen Euro), wenn den Investitionen ähnlich hohe Transfererlöse gegenüberstehen. Andernfalls müsste Finanzchef Peters wohl von seinem Versprechen abrücken, bis Ende 2019 den Schuldenstand von Schalke 04 unter 100 Millionen Euro zu drücken. Als Finanzchef eines kapitalmarktfinanzierten Unternehmens wird er dieses Risiko nicht leichtfertig eingehen.

Bei Borussia Dortmund hingegen regiert die große Freiheit. Klubboss Aki Watzke hat nach der Rückzahlung der letzten Altschulden grünes Licht gegeben, dass der BVB von nun an den kompletten Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) in neue Spielerverpflichtungen stecken kann. Das sind satte 50 Millionen Euro pro Saison – netto wohlgemerkt, also ohne anfallende Transfererlöse.

Investiert die Borussia diese immensen Mittel sinnvoller am Transfermarkt als voriges Jahr, dann wäre es eine große Überraschung, wenn sie sich in den nächsten Jahren sportlich nicht von Schalke 04 absetzen könnte. Aber Vorsicht: Schalke hat nicht nur die jüngere Mannschaft und derzeit mehr Talente in der Nähe der Stammelf als der BVB, sondern auch noch ein nicht zu unterschätzendes Ass im Ärmel. Sollten sich auch die Knappen eines Tages dazu entscheiden, im großen Stil Anteile an externe Investoren zu verkaufen, käme es auch auf dem Transfermarkt zu einem Kräftemessen auf Augenhöhe – und nicht nur am Sonntag auf dem Platz.   

Info

Risikokurs bei Eintracht Frankfurt, Finanzmisere beim 1.FC Nürnberg und erste Zeichen der Vernunft beim Hamburger SV: Mehr Beiträge finden Sie auf dem FINANCE-Blog „3. Halbzeit“. Folgen Sie der 3. Halbzeit auch auf Facebook und diskutieren Sie mit.

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