Der britische Private-Equity-Investor Hg – mit einem Büro auch in München vertreten – schlägt ein weiteres Mal in der deutschen Softwareindustrie zu und übernimmt die Mehrheit an Serrala. Das Hamburger Treasury-Systemhaus war früher unter dem Namen „Hanse Orga“ bekannt. 2016 verkaufte die Gründerfamilie Lindemann die Hälfte der Anteile an den niederländischen PE-Investor Waterland. Beide Parteien reduzieren nun ihre Anteile, damit Hg eine Mehrheitsposition erlangt.
Die Bewertung des Deals dürfte eine der höchsten sein, die 2021 im deutschen Private-Equity-Markt realisiert worden sind, sowohl absolut als auch relativ. Schon im Mai wurde publik, dass sich Hg für Serrala interessiert. Damals kursierten Marktspekulationen, Serrala könne bei einem Verkauf mit „signifikant mehr“ als 1 Milliarde Euro bewertet werden. Dabei erzielt das Softwarehaus kaum mehr als 100 Millionen Euro Umsatz. Daraus errechnet sich ein Umsatz-Multiple von rund 10x.
Hg kaufte auch P&I, F24 und Auvesy
Hg ist jedoch kein Neuling, der zum ersten Mal einen Deal in der hoch bewerteten Softwarebranche macht – im Gegenteil. Der einst breit aufgestellte Finanzinvestor hat sich in den vergangenen Jahren immer stärker auf Software-Deals spezialisiert und dabei auch schon mehrfach in Deutschland zugeschlagen – mitunter auf kuriose Art und Weis.
So nahmen die Briten 2013 den HR-Softwareentwickler P&I von der Börse. 2016 verkauften sie die Mehrheit an den Branchennachbarn Permira, blieben aber mit einer Minderheit engagiert. Ende 2019 kauften sie P&I schließlich wieder zurück.
Zum Portfolio gehört auch F24, ein Spezialist für Notfall-Management-Software, den Hg im Jahr 2020 dem Finanzinvestor Armira und Co-Gründer Ralf Meister abgekauft hatte. Im April dieses Jahres übernahm Hg von dem Tech-Investor Brockhaus die Firma Auvesy, einen Spezialisten für Automatisierungssoftware. Seit 2018 gehört auch die „Mein Auto“-Gruppe zu Hg, die die Briten von einem Flottenmanager zu einer Mobilitätsplattform umgebaut haben. Der geplante Börsengang des Unternehmens scheiterte jedoch.
Bei Serrala wurde das Geschäftsmodell bereits unter der Ägide von Waterland modernisiert und auf Cloud-Angebote ausgerichtet. Zu diesem Zweck tätigte Serrala auch mehrere Zukäufe. Was genau Waterland bei Serrala angestoßen hat und welche weiteren Expansionsschritte Hg für Serrala plant, hat die FINANCE-Schwesterpublikation „Der Treasurer“ zusammengetragen.