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Green-Finance-Markt entwickelt sich weiter

Ein Thema setzt sich auch im Pandemiejahr 2020 vehement durch: Green Finance. Ein Überblick über die aktuellen Entwicklungen am Green-Finance-Markt:
amenic181/iStock/Getty Images Plus

In Europa hat das Volumen von Green-Finance-Transaktionen stark angezogen. Damit trotzt der Markt weiter den Wirren der Coronavirus-Pandemie. Laut der Beratungsgesellschaft Capmarcon ist das Emissionsvolumen innerhalb der ersten drei Quartale dieses Jahres um 63 Prozent gegenüber der vergleichbaren Vorjahresperiode gestiegen. Das entspricht einem jetzigen Stand von 143 Milliarden Euro – und damit schon rund 20 Milliarden Euro mehr als im Gesamtjahr 2019 verbucht wurde.

Damit ist Europa im globalen Ranking nach wie vor der Spitzenreiter und für einen Anteil von 49 Prozent und ein Volumen von 56 Prozent der Green-Finance-Transaktionen verantwortlich.

Deutscher Green-Finance-Markt unter Top 3

Auch der deutsche Green-Finance-Markt geht mit dem Trend mit: Insgesamt landet Deutschland mit 21 Prozent im bisherigen Jahr auf Platz 2 der aktivsten europäischen Green-Finance-Emissionsländer. Die Spitze dagegen belegt Frankreich mit 23 Prozent, auf Platz 3 ist die Niederlande mit 8 Prozent.

Schaut man sich die Zahlen für den deutschen Markt genauer an, sieht man, dass – wie auch in ganz Europa – die Förder- und Entwicklungsbanken sowie Geschäftsbanken ganz vorne mitmischen. Deren Anteil am gesamten deutschen Neugeschäft mit nachhaltigen Finanzierungen liegt aktuell bei rund 44 Prozent. Insgesamt gab es in Deutschland in diesem Jahr nachhaltige Finanzierungen über 30 Milliarden Euro, ein Zuwachs von 83 Prozent. Damit hat der Markt bereits das Volumen des Gesamtjahres 2019 deutlich überschritten.

Green-Finance-Markt-lockt Großkonzerne

Laut Capmarcon liegt das Volumen bei Green-Finance-Transaktionen der deutschen Realwirtschaft im Schnitt bei 710 Millionen Euro. Die Zahl macht deutlich: Vor allem deutsche Großkonzerne lockt der Markt. In Europa liegt der Durchschnitt bei 290 Millionen Euro.

Ein Beispiel dafür ist unter anderem der Chemiekonzern BASF, der im Mai erstmals einen Green Bond platzierte. Das Volumen lag dabei sogar über dem Durchschnitt – der Konzern platzierte 1 Milliarde Euro. Auch 50Hertz platzierte im Mai einen im Markt lang erwarteten Green Bond über 750 Millionen Euro – ebenfalls ein Debüt für den Übertragungsnetzbetreiber. Häufiger zapfte bereits der Energiekonzern E.on den Markt an, auch mit Benchmark-Transaktionen.

Adidas, Daimler und VW mit grünem Debüt

Wie heute bekannt wurde, gehört nun auch Adidas zu den Nutzern des Green-Finance-Marktes: Wie aus einer Mitteilung der Ratingagentur Moody’s hervorgeht, hat der Sportartikelhersteller heute einen Sustainability Bond über 500 Millionen Euro begeben, dessen Erlös zur Finanzierung nachhaltiger Projekte eingesetzt werden soll.

Der Markt konnte in diesem Jahr zudem einige Unternehmen aus dem Automotive-Sektor locken. Jüngst haben die Automobilkonzerne Volkswagen und Daimler den Green-Bond-Markt für sich entdeckt. Daimler sammelte 1 Milliarde ein, VW emittierte Bonds über 2 Milliarden Euro. Die Autobranche gilt zwar nicht per se als besonders nachhaltig, steht derzeit aber vor einer massiven Transformation der gesamten Branche – dabei werden grüne Finanzierung wohl eine immer größer Rolle spielen.

Beliebtes Instrument: ESG-linked Loans

Andere Industrien tun sich dagegen schwer, genug abgrenzbare grüne Projekte zu definieren. Für sie kommen daher Green Bonds oder Green Schuldscheine als Finanzierungsinstrument nicht in Frage. Stattdessen eignen sich sogenannte ESG-linked Loans, deren Zinsmarge an die Nachhaltigkeitsperformance des Unternehmens gekoppelt ist.

Zuletzt hatte der Essener Energiedienstleister Ista eine solche syndizierte Kreditlinie mit ESG-Komponente in Höhe von 1,85 Milliarden Euro abgeschlossen. Auch Siemens Energy wickelte im August einen syndizierten revolvierenden Kredit mit ESG-Link über 3 Milliarden Euro ab. Der LKW-Hersteller Traton hat ebenfalls einen ersten Konsortialkredit mit integrierter Nachhaltigkeitskomponente abgeschlossen.

Dürr platzierte ESG-linked Swap

Während ESG-linked Loans gerade dabei sind, sich als neues Standardinstrument zu etablieren, entwickelt sich der Markt aber bereits weiter: Der Maschinen- und Anlagenbauer Dürr platzierte im September eine Wandelanleihe mit ESG-Komponente. Das Konstrukt funktioniert so: Das Unternehmen sicherte das Zinsänderungsrisiko einer 150 Millionen Euro schweren Wandelanleihe in einer separaten Transaktion mit der Unicredit mit einem Zinsswap ab. Dieser Zinsswap wiederum wurde an das Nachhaltigkeitsrating des Unternehmens gekoppelt. Es ist die erste Transaktion dieser Art, die es am deutschen Markt bislang gab.

Ebenso spannend: Auch außerhalb von Deutschland gehen die Entwicklungen weiter. Der Schweizer Pharmakonzern Novartis platzierte einen Sustainability linked Bond. Der Kupon der Anleihe ist an das Erreichen bestimmter Nachhaltigkeitsziele gekoppelt, Novartis wählte dafür auch soziale Ziele. Bislang gab es erst wenige Transaktionen am Anleihemarkt, bei denen die Verzinsung mit einer ESG-Komponente verknüpft wurde.

Gerade dieses Marktsegment sollten CFOs genau im Auge behalten, denn es könnte sich schnell stärker verbreiten. Den Grundstein dafür hat gerade die EZB gelegt: Sie kündigte an, dass sie Anleihen, deren Verzinsung an die Nachhaltigkeitsentwicklung gekoppelt ist, als Sicherheiten zulässt und künftig im Rahmen ihrer Kaufprogramme erwerben kann.

sarah.backhaus[at]finance-magazin.de

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Wie sich der Markt der nachhaltigen Finanzierung entwickelt und was die neuesten Trends sind, lesen Sie auf unserer Themenseite Green Finance