Das seit dem Frühjahr in einer Finanzierungskrise steckende Modehaus Tom Tailor sieht Licht am Ende des Tunnels: Wie die Hamburger gestern nach Börsenschluss bekanntgaben, konnten sich die Konsortialbanken und der chinesischen Mehrheitsaktionär Fosun nach monatelangem Ringen endlich über die weitere Refinanzierung einigen.
Wie der Vorstand um CFO Thomas Dressendörfer mitteilte, könne bereits „in Kürze“ ein so genanntes Term Sheet unterschrieben werden, das die wesentlichen Punkte einer neuen Konzernfinanzierung regelt, die eine Laufzeit bis September 2022 haben soll. Rückgrat des Konzepts dürfte ein neuer Konsortialkredit werden, vermutlich flankiert von einer weiteren Eigenkapitalspritze durch Fosun und weitere Aktionäre. Die Chinesen halten fast 80 Prozent der Anteile. Tom Tailor rechnet mit einer Unterzeichnung der finalen Verträge bis Ende Oktober.
Um diese Zeit zu überbrücken, haben die Banken sowie Fosun ihre jeweiligen Brückenfinanzierungen und Stillhalteabkommen bis Ende Oktober verlängert. Diese Vereinbarung mit einem Volumen von 48,5 Millionen Euro hält Tom Tailor schon seit Mitte Juni über Wasser, im August wurde sie bis Mitte September verlängert. Dank dieser Mittel konnte Tom Tailor im Sommer die neue Herbst/Winter-Kollektion ordern und sich so im Geschäft halten.
Beraterkosten drücken Tom Tailor in die Verlustzone
An den Gesprächen beteiligt ist mittlerweile eine große Gruppe an Finanzierungsgebern sowie -beratern. FINANCE-Informationen zufolge besteht das Steering Committee der Banken aus Unicredit, HSBC, LBBW und BNP Paribas, den zentralen Kreditgebern der Modekette. Sie lassen sich von der Kanzlei Latham & Watkins beraten.
Fosun hat sich die Finanzierungsspezialisten von Rothschild sowie die Kanzlei Noerr an seine Seite geholt, während das Unternehmen selbst mit der Finanzierungsberatung Herter & Co zusammenarbeitet. Deren Inhaber, der frühere Dresdner-Kleinwort-Banker Marcel Herter, hat Tom Tailor schon bei früheren Refinanzierungen begleitet. Das Geschäftsgutachten („Independent Business Review“), das die Grundlage des neuen Finanzierungskonzepts bilden soll, wird seit dem Frühjahr von der Boston Consulting Group angefertigt.
Ein nennenswerter Anteil der Beraterhonorare dürfte am Ende von Tom Tailor beglichen werden. Schon im ersten Halbjahr waren die Beraterhonorare eine große Ergebnisbelastung. Während der Umsatz um 6 Prozent und der Rohertrag um 10 Prozent zurückgingen, sackte das Ebitda dramatisch ab. Standen vor einem Jahr noch 26,8 Millionen Euro zu Buche, bilanzierte Tom Tailor im ersten Halbjahr 2019 einen operativen Fehlbetrag von 5,7 Millionen Euro. Neben der anhaltenden Krise bei der Tochter Bonita, deren Ebitda um über 17 Millionen Euro zurückging, begründet das Unternehmen den Rückgang vor allem mit Sonderkosten im Zusammenhang mit den Finanzierungsverhandlungen.
Tom Tailor will endlich Jahresabschluss vorlegen
In Kürze dürften auch die Investoren, die nicht an den Finanzierungsgesprächen beteiligt sind, wieder mehr Einblick in die Lage bei Tom Tailor erhalten. Mit dem absehbaren Ende der Finanzierungsgespräche will Tom Tailor auch endlich den Jahresabschluss 2018 und den Halbjahresbericht 2019 vorlegen.
Mittelfristig dürfte auch ein neuer Versuch gestartet werden, die immer schwerer kriselnde Tochter Bonita abzustoßen. Ein erster Verkaufsanlauf im Frühjahr war trotz unterschriebener Verträge gescheitert. FINANCE-Informationen zufolge gab es Zweifel an der Solidität des designierten Käufers, der niederländischen Modeholding Victory & Dreams.
Info
Näheres über den Tom-Tailor-CFO, der die aktuelle Gemengelage überblicken muss, finden Sie im FINANCE-Köpfe-Profil von Thomas Dressendörfer. Mehr über die wechselvolle Unternehmensgeschichte seines Arbeitgebers finden Sie auf unserer Themenseite zu Tom Tailor. Welche Unternehmen sonst noch daran arbeiten, aus dem Krisenmodus zu kommen, und wie sie dies bewerkstelligen, lesen Sie auf unserer Themenseite Restrukturierung.